Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Anspruch auf Neulieferung eines Neuwagens nach Modellwechsel
Leitsatz (amtlich)
1. Ist in einem verkauften Euro-5 Fahrzeug werksseitig eine Software installiert, die bewirkt, dass das Fahrzeug bei Messung der Abgaswerte im NEFZ-Testbetrieb (Neuer Europäischer Fahrzyklus) die Voraussetzungen einer Einstufung in die Euro-5-Norm erreicht, während dies unter den Fahrbedingungen im normalen Straßenverkehr praktisch ausgeschlossen ist, so weist das Fahrzeug nicht die Beschaffenheit auf, die bei einem Fahrzeug gleicher Art üblich ist und die der Käufer auch erwarten darf.
2. Beim Neuwagenkauf, der eine Gattungsschuld begründet, ist die Ersatzlieferung so lange möglich, wie es Sachen mit den der Gattung beigelegten Merkmalen und in sonst vertragsgemäßer Beschaffenheit gibt. Unmöglichkeit ist damit erst dann gegeben, wenn die gesamte Gattung untergegangen oder mangelhaft ist. Unmöglichkeit ist zu bejahen, wenn ein fabrikneues Fahrzeug entsprechend dem zwischen den Parteien vereinbarten Modell nicht mehr produziert wird, da ein Modellwechsel stattgefunden hat und das nunmehr hergestellte Nachfolgemodel deutlich verändert ist.
Normenkette
BGB § 241 Abs. 2, §§ 275, 311, 433-434, 437 Nr. 1, §§ 439, 823 Abs. 2; EGRL 46/2007 Art. 12, 18
Verfahrensgang
LG Augsburg (Beschluss vom 07.07.2017; Aktenzeichen 095 O 3800/16) |
Tenor
I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Augsburg vom 07.07.2017, Az.: 095 O 3800/16, durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert.
Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.
II. Der Kläger hat Gelegenheit, zu diesem Hinweis des Senats bis 22. März 2018 Stellung zu nehmen.
Gründe
Das Urteil des Landgerichts Augsburg entspricht der Sach- und Rechtslage.
Entscheidungserhebliche Rechtsfehler im Sinne von § 520 Abs. 3 ZPO sind nicht ersichtlich und werden auch von der Berufung nicht aufgezeigt.
Im Einzelnen ist zu den Berufungsangriffen des Klägers wie folgt Stellung zu nehmen:
A. Die allgemeinen Ausführungen des Klägers auf Seite 4-10 der Berufungsbegründung zum Abgasskandal sind nicht geeignet, einen entscheidungserheblichen Rechtsfehler des Erstgerichts in Bezug auf den streitgegenständlichen Fall zu begründen. Insbesondere die Auflistung einer Vielzahl von landgerichtlichen Entscheidungen, die nach Vortrag des Klägers die Möglichkeit einer Nachlieferung bestätigt haben, lassen keinerlei Schlüsse darauf zu, wie dies im streitgegenständlichen Fall zu werten ist.
Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang von der Beklagten zu 2) spricht, ist dies nicht nachvollziehbar, da beklagt im streitgegenständlichen Fall lediglich das Autohaus S. GmbH & Co. KG ist.
Auch der Hinweis des Klägers auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 20.02.2017 (Az.: 14 U 199/16 in BeckRS 2017, 102366) verfängt nicht.
Zum einen betrifft der dem Urteil des OLG Nürnberg zugrunde liegende Sachverhalt nicht die streitgegenständliche Diesel-Problematik, sondern bezieht sich auf wiederholt auf dem Display eines Fahrzeugs erscheinende Warnungen wegen angeblicher Kupplungsüberhitzung. Darüber hinaus kann das Oberlandesgericht Nürnberg, im Gegensatz zum streitgegenständlichen Fall, seine Entscheidung darauf stützen, dass die vom dortigen Kläger verlangte Nacherfüllung nicht unmöglich ist.
B. Der Senat teilt die Rechtsauffassung des Landgerichts, dass dem Kläger kein Anspruch auf Neulieferung des Pkw VW Tiguan Sport und Style, Modell 5N223X, TDI mit 2,0 L/Motor zusteht.
I. Der Kläger kann seinen Anspruch auf Nachlieferung nicht auf die §§ 433, 434, 437 Nr. 1, 439 BGB stützen.
1. Auch der Senat geht davon aus, dass das streitgegenständliche Fahrzeug mit einem Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 BGB behaftet ist.
Hierbei kann dahingestellt bleiben, ob der Pkw VW Tiguan bereits deshalb mangelhaft ist, weil er bei Gefahrübergang nicht die vereinbarte Beschaffenheit besaß (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB).
In jedem Fall ergibt sich die Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs daraus, dass es sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet und nicht eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten konnte (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB).
Das streitgegenständliche Fahrzeug eignet sich zwar grundsätzlich für den Fahrbetrieb und ist damit auch für die gewöhnliche Verwendung geeignet.
Es weist jedoch nicht die Beschaffenheit auf, die bei einem Fahrzeug gleicher Art üblich ist und die der Kläger auch erwarten durfte.
Das Fahrzeug sollte laut Vertrag über das Abgaskonzept EU 5 verfügen. Es war aufgrund der Typenzulassung in die zum Zeitpunkt der Erstzulassung einzuhalte...