Leitsatz (amtlich)
1. Ist eine notarielle Tätigkeit vor dem 1.9.2009 beendet und die Notarrechnung vor diesem Zeitpunkt fällig, ist die Notarrechnung nach § 156 Abs. 2 KostO in der vor dem 1.9.2009 geltenden Fassung durch Beschwerde und nicht durch Antrag auf Entscheidung des LG angefochten. Das Rechtsmittel gegen die landgerichtliche Entscheidung ist in diesem Falle die auf Rechtsfehler beschränkte sofortige weitere Beschwerde zum OLG und nicht die Erstbeschwerde; sie ist nur zulässig, wenn das LG sie zulässt.
2. Einer einem Beschluss beigefügten (falschen) Rechtsmittelbelehrung kann grundsätzlich nicht die Zulassung einer zulassungsbedürftigen weiteren Beschwerde entnommen werden.
Normenkette
FGG-RG Art. 111 S. 1; KostO §§ 156, 161
Verfahrensgang
LG München II (Beschluss vom 29.01.2010; Aktenzeichen 8 T 5207/09) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG München II vom 29.1.2010 wird verworfen.
II. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 4.153,88 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller wendet sich gegen die Kostenrechnung des Antragsgegners vom 14.7.2008 i.H.v. 4.332,38 EUR, die dieser u.a. für die Beurkundung eines vor dem 14.7.2008 abgeschlossenen Vertrages stellte und die später am 19.1.2010 auf 4.153,88 EUR berichtigt wurde. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die oben genannte Kostenrechnung und den angefochtenen Beschluss des LG Bezug genommen.
Das LG wies mit Beschluss vom 29.1.2010 den Antrag zurück.
Gegen diesen am 26.2.2010 zugestellten Beschluss legten die Kostenschuldner am 17.3.2010 formgerecht Beschwerde ein. Wegen der Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf den Beschwerdeschriftsatz vom 15.3.2010 verwiesen.
II.1. Das Rechtsmittel ist als sofortige weitere Beschwerde i.S.d. § 156 Abs. 2 KostO in der vor dem 1.9.2009 geltenden Fassung und nicht als eine Erstbeschwerde i.S.d. § 156 Abs. 3 KostO in der nach dem 31.8.2009 geltenden Fassung zu behandeln. Nach § 161 Satz 1 und 3 KostO findet die vor dem 1.9.2009 geltenden Fassung des § 156 KostO dann Anwendung, wenn die Kosten vor diesem Zeitpunkt fällig geworden sind. Da die abgerechnete notarielle Tätigkeit vor dem 1.9.2009 beendet war, wurden die Kosten an diesem Tage, also vor dem 1.9.2009 fällig (§§ 141, 7 KostO). § 161 KostO ist eine Sondervorschrift für Verfahren nach der KostO und geht der allgemeinen Vorschrift des Art. 111 Satz 1 FGG-RG vor, zumal § 161 Satz 3 KostO ausdrücklich den Fall regelt, dass Vorschriften, auf die die KostO verweist, geändert werden; durch das FGG-RG wurde insoweit keine Änderung der Vorschrift vorgenommen.
Eine Vorlage an den BGH wegen einer Abweichung vom OLG Köln (FGPrax 2009, 286) nach § 28 Abs. 2 FGG ist nicht angezeigt, da das OLG Köln nicht entscheidungserheblich die Ansicht vertreten hat, dass bei einem ab dem 1.9.2010 eingeleiteten Verfahren unabhängig von der Fälligkeit der Notargebühr das nach dem 31.8.2009 geltende Recht anzuwenden ist, da in dem dortigen Fall der Antrag vor dem 1.9.2009 eingereicht worden war und damit auch nach Art. 111 Satz 1 FGG-RG das vor dem 1.9.2009 geltende Recht maßgebend war.
2. Die weitere Beschwerde ist jedoch mangels Zulassung durch das LG unzulässig (§ 156 Abs. 2 Satz 2 KostO); eine Nichtzulassungsbeschwerde ist gesetzlich nicht vorgesehen.
a) Der dem Beschluss beigefügten Rechtsmittelbelehrung kann eine Zulassungsentscheidung nicht entnommen werden. Die Rechtsmittelbelehrung bedeutet lediglich eine Auskunft über Erfordernisse, die kraft Gesetzes gegeben sind, auf die der Betroffene aber dennoch hingewiesen werden soll. Sie dient nicht der Eröffnung einer weiteren Instanz, stellt keine Entscheidung dar und deutet für sich genommen nicht auf die Absicht des Gerichts hin, ein ansonsten nicht statthaftes Rechtsmittel ausdrücklich zuzulassen (vgl. BayObLGZ 2000, 318 ff. m.w.N.; OLGReport Köln 2004, 203). Besondere Umstände, aus denen vorliegend ausnahmsweise aus der der Beschwerdeentscheidung beigefügten Rechtsmittelbelehrung auf einen Zulassungswillen des LG geschlossen werden könnte, sind nicht ersichtlich, zumal sie nicht von den Unterschriften der erkennenden Richter gedeckt ist. Darüber hinaus ging das LG versehentlich davon aus, dass die sofortige Beschwerde und nicht die sofortige weitere Beschwerde gegeben sei; daher ist ausgeschlossen, dass mit Erteilung der Rechtmittelbelehrung eine Zulassung der sofortigen weiteren Beschwerde gewollt war.
b) Auch der Meistbegünstigungsgrundsatz führt zu keinem anderen Ergebnis, da dieser keinen weiteren Rechtsmittelzug eröffnet, wenn gegen die korrekte Entscheidung desselben Inhalts ein (weiteres) Rechtsmittel nicht zulässig wäre (vgl. Zöller/Gummer/Heßler ZPO, 28. Aufl. vor § 511 Rz. 32 m.w.N.).
3. Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst, da die Rechtsmittelführer Gebührenschuldner nach § 2 Nr. 1 KostO sind und dem Rechtsmittelgegner in diesem Verfahren keine eigenen Kosten entstanden sind.
4. Die Entscheidung über den Geschäftswert beruht auf § 156 Abs. 5 Satz 2, § 13...