Leitsatz (amtlich)

An der herkömmlichen Auffassung, dass für die Kostenprivilegierung landwirtschaftlicher Betriebe eine Übergabe mit Hofstelle, d.h. mit dem bäuerlichen Wohnhaus, stattfinden muss, wird festgehalten.

 

Normenkette

GNotKG § 48 Abs. 1; KostO § 19 Abs. 4

 

Verfahrensgang

AG Deggendorf (Beschluss vom 21.11.2011; Aktenzeichen Langenisarhofen Bl. 605-60)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Beschluss des AG - Grundbuchamt - Deggendorf vom 21.11.2011 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 1 schloss am 22.12.2008 einen notariellen Übergabevertrag mit Eva-Maria Sch. (= Beteiligte zu 2) und Barbara Sch., seinen beiden Töchtern, sowie seiner Ehefrau Hildegard Sch.. Hiernach überließ er u.a. der Beteiligten zu 2 ein von ihm bewohntes landwirtschaftliches Anwesen mit Ausnahme des sich darauf befindlichen sog. Privathauses samt Umgriff/Garten. Für die Beteiligte zu 2 und Barbara Sch. wurde jeweils ein Wohnungsrecht bewilligt, das mit Vollendung des 40. Lebensjahres, spätestens aber mit Heirat erlöschen sollte. Nach dem Vertragsinhalt wird die Beteiligte zu 2 den Betrieb als Sonderbetriebsvermögen der aus den beiden Schwestern gebildeten Gesellschaft (Landwirtschafts-GbR) zur Nutzung überlassen.

Das Grundbuchamt hatte zunächst für die Eigentumsumschreibung (u.a.) den vierfachen Einheitswert angesetzt. Auf Beanstandung und schließlich gestellten Antrag des zuständigen Bezirksrevisors (Beteiligten zu 3) hat es mit Beschluss vom 21.11.2011 den Geschäftswert auf 5.147.604,25 EUR festgesetzt.

Die Geschäftswertfestsetzung nimmt Bezug auf die Stellungnahme des Bezirksrevisors, wonach der Begriff der Hofstelle (§ 19 Abs. 4 KostO) voraussetze, dass auch ein Wohngebäude übergeben werde. Die Einräumung eines bedingten und befristeten Wohnungsrechts reiche nicht aus. Ebenso spiele es keine Rolle, dass die Beteiligte zu 2 beabsichtige, ein Wohnhaus zu errichten, da es auf den Zeitpunkt der Gebührenfälligkeit ankomme. Der Fall sei auch nicht mit dem der Entscheidung des BayObLG vom 28.6.2000 zugrunde liegenden (MittBayNot 2000, 470) zu vergleichen. Denn dort sei der Erwerbsvorgang für Hofstelle und landwirtschaftlichen Betrieb mit dem Erwerb der dazu gehörenden landwirtschaftlichen Flächen endgültig abgeschlossen gewesen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2. Zur Begründung wird ausgeführt, dass beabsichtigt sei, später auch das Wohnhaus an die Beteiligte zu 2 zu übertragen, was für die Privilegierung genüge. Mit dem Zweck der maßgeblichen Kostenvorschrift sei es nicht vereinbar, wenn man die Übergabe eines vollständigen Betriebes verneinen wolle, nur weil das Wohnhaus später übertragen werde. Die Übertragung des Wohnhauses früher oder später habe auf die Beurteilung keinen Einfluss. Darüber hinaus beabsichtige die Beteiligte zu 2, in unmittelbarer Nähe zu den Wirtschaftsgebäuden ein Wohnhaus zu errichten.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Der Einzelrichter hat mit Beschluss vom 27.1.2014 das Verfahren dem Senat zur Entscheidung übertragen.

II. Maßgeblich sind noch die Vorschriften der bis 31.7.2013 geltenden Kostenordnung (vgl. § 136 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 GNotKG), denn Grundbuch- wie Rechtsmittelverfahren sind bereits vor diesem Datum eingeleitet worden. Anzuwenden ist die Kostenordnung in der Fassung des am 1.9.2009 in Kraft getretenen Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-RG vom 17.12.2008; BGBl. I, 2585). Denn für selbständige Verfahren, zu denen das erst auf Antrag des Bezirksrevisors nach diesem Stichtag eingeleitete Verfahren der Geschäftswertfestsetzung zählt, gilt nicht altes, sondern neues Recht (vgl. Art. 111 Abs. 1 und 2 FGG-RG).

Das als Beschwerde nach § 31 Abs. 1, Abs. 3 Sätze 1, 3 und 5 sowie § 14 KostO statthafte Rechtsmittel ist zulässig, insbesondere ist der Beschwerdewert von 200 EUR überschritten. Es hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, da der Geschäftswert zutreffend bemessen ist.

1. Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 KostO stellt den Wert einer Sache der gemeine Wert dar. Der Einheitswert ist nach § 19 Abs. 2 KostO nur maßgebend, wenn sich nicht aus dem Inhalt des Geschäfts, den Angaben der Beteiligten, Grundstücksbelastungen, amtlich bekannten oder aus den Grundakten ersichtlichen Tatsachen oder Vergleichswerten oder aus sonstigen ausreichenden Anhaltspunkten ein höherer Wert ergibt.

2. Bei einem Geschäft, das die Überlassung eines landwirtschaftlichen Betriebs "mit Hofstelle" zum Gegenstand hat, ist jedoch abweichend von der vorstehenden Regel das landwirtschaftliche Vermögen mit dem Vierfachen des letzten Einheitswerts zu bewerten (§ 19 Abs. 4 Satz 1 KostO).

3. Die Voraussetzungen dieser - eng auszulegenden - Privilegierung liegen jedoch nicht vor. Erforderlich ist nämlich, dass die Hofstelle mit übergeht. Die Hofstelle umfasst aber neben den Wirtschaftsgebäuden auch das bäuerliche Wohnhaus (h.M.; vgl. BayObLG MittBayNot 2002, 127; BGH NJW-RR 1998, ...

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