Leitsatz (amtlich)
Für den zur Grundbuchberichtigung erforderlichen Nachweis der Erbfolge bei vorbehaltenem Rücktritt im Erbvertrag ist neben der Vorlage der notariellen Urkunde und der Eröffnungsniederschrift jedenfalls nach Einführung des Zentralen Testamentsregisters keine eidesstattliche Versicherung mehr dazu erforderlich, dass das Rücktrittsrecht nicht ausgeübt wurde (Abweichung von Senat vom 3.11.2011, 34 Wx 272/11; Anschluss an OLG Düsseldorf vom 25.4.2013, I-3 Wx 219/12).
Normenkette
BeurkG § 34a; BGB §§ 2274, 2276, 2293; GBO § 22 Abs. 1, § 35 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Passau (Aktenzeichen Bl. 971-16) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten wird die Zwischenverfügung des AG Passau - Grundbuchamt - vom 17.2.2014 aufgehoben.
Gründe
I. Der Beteiligte und seine am 9.11.2013 verstorbene Ehefrau sind als Miteigentümer von Grundbesitz im Grundbuch eingetragen.
Die Ehegatten hatten am 22.6.2004 vor einem inländischen Notar einen Erbvertrag errichtet, in dem sie sich für den Fall der Auflösung der Ehe durch Tod gegenseitig zum alleinigen und ausschließlichen Erben einsetzten.
Ziff. 2.3. des Erbvertrags enthält folgende Rücktrittsklausel:
Jeder von uns behält sich den Rücktritt von diesem Erbvertrag vor. Der Rücktritt ist jederzeit möglich und von keinen besonderen Voraussetzungen abhängig. Mit dem Wirksamwerden des Rücktritts eines Vertragsteils werden auch die vertragsgemäßen Verfügungen des anderen Vertragsteils unwirksam, sodass die gesetzliche Erbfolge eintreten würde, wenn keine weitere Verfügung von Todes wegen errichtet wird.
Unter Bezugnahme auf den Erbvertrag und die Nachlassakten hat der Beteiligte die Berichtigung des Grundbuchs durch Eintragung der Erbfolge beantragt. Nachdem das Grundbuchamt wegen des vereinbarten Rücktrittsrechts eine notariell beglaubigte eidesstattliche Versicherung dazu gefordert hatte, dass dieses nicht ausgeübt worden ist, hat der Beteiligte erneut am 10.2.2014 - notariell beurkundet - Antrag auf Grundbuchberichtigung gestellt. Unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25.4.2013 (I-3 Wx 219/12 = FGPrax 2013, 195) ist er der Ansicht, dass eine eidesstattliche Versicherung nicht erforderlich sei. Ein Rücktritt, der der notariellen Beurkundung bedürfe, müsse den Standesämtern bzw. seit 2012 dem Zentralen Testamentsregister gemeldet werden; die Behörde habe im Todesfall das Nachlassgericht zu verständigen. Dieses habe Zweifel an der Wirksamkeit des Erbvertrags wegen ausgeübter Rücktrittsrechte in der Eröffnungsniederschrift zu vermerken.
Mit fristsetzender Zwischenverfügung hat das Grundbuchamt am 17.2.2014 unter Berufung auf eine Entscheidung des Senats vom 3.11.2011 (34 Wx 272/11 = MittBayNot 2012, 293) wiederum die Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung aufgegeben. Dagegen wendet sich die Beschwerde, der das Grundbuchamt nicht abgeholfen hat.
II. Das Rechtsmittel ist als Beschwerde gegen die Zwischenverfügung (§ 18 Abs. 1 GBO) statthaft (§ 11 Abs. 1 RpflG mit § 71 Abs. 1 GBO) und wurde vom Notar namens des Antragstellers in zulässiger Weise eingelegt (§ 73 GBO, § 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 FamFG).
1. In der Sache hat das Rechtsmittel auch Erfolg.
a) Der Nachweis der Erbfolge zur Berichtigung des Grundbuchs nach § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO wird im Grundbuchverfahren durch einen vom Nachlassgericht zu erteilenden Erbschein (§ 35 Abs. 1 Satz 1 GBO) erbracht. Beruht die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, so genügt es regelmäßig, wenn stattdessen die Verfügung und die Niederschrift über ihre Eröffnung vorgelegt werden (§ 35 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 GBO). Der Nachweis in dieser Form reicht aber nicht aus, wenn sich bei Prüfung der Verfügung hinsichtlich des behaupteten Erbrechts Zweifel ergeben, die nur durch weitere Ermittlungen über den Willen des Erblassers oder über tatsächliche Verhältnisse geklärt werden können (Demharter GBO 29. Aufl. § 35 Rn. 39; aus der Rechtspr.: BayObLG Rpfleger 2000, 266; 1983, 104). Solche Ermittlungen anzustellen ist das Grundbuchamt nämlich weder verpflichtet noch berechtigt (BayObLG a.a.O.). Freilich rechtfertigen ganz entfernte, auf tatsachenlose (abstrakte) Vermutungen gestützte Möglichkeiten, welche das aus der letztwilligen Verfügung hervorgehende Erbrecht nur unter besonderen Umständen in Frage stellen könnten, ebenso wenig wie rechtliche Bedenken das Verlangen nach Vorlage eines Erbscheins (OLG Frankfurt FGPrax 1998, 207; BayObLG Rpfleger 1983, 104; Schaub in Bauer/von Oefele GBO 3. Aufl. § 35 Rn. 130).
b) Bildet ein notwendigerweise notariell geschlossener Erbvertrag die letztwillige Verfügung (§§ 1941, 2274 ff., § 2276 BGB) und hat sich der Erblasser in diesem ein (unbeschränktes) Rücktrittsrecht (§ 2293 BGB) vorbehalten, so ist umstritten, ob dies schon das Verlangen des Grundbuchamts nach der Vorlage eines Erbscheins rechtfertigt. Zum Teil wird vertreten, hinsichtlich des Umstands, dass dieses Recht nicht ausgeübt wurde - einer so genannten Negativtatsache -, ...