Entscheidungsstichwort (Thema)

Anhörung von Ersatznacherben vor einer Löschung des Nacherbenvermerks

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der im Grundbuch eingetragene Nacherbenvermerk schützt den Nacherben vor einem Rechtsverlust aufgrund gutgläubigen Dritterwerbs durch Verfügungen des Vorerben selbst, aber auch durch Weiterveräußerung des Erwerbers (Anschluss an OLG Braunschweig FamRZ 1995, 443).

2. Haben alle Nacherben, nicht aber die Ersatznacherben, ihr Anwartschaftsrecht auf den Vorerben übertragen, so scheidet das Grundstück aus dem nacherbschaftsbefangenen Nachlass aus, wenn es vom Erwerber mit Zustimmung des Vorerben als dem Inhaber aller Nacherbenanwartschaftsrechte weiterveräußert wird. Zur Löschung des Nacherbenvermerks Zug um Zug mit dem Vollzug der Auflassung bedarf es in diesem Fall nicht der Bewilligung der Ersatznacherben.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157, 182, 1913, 2136, 2139; GBO §§ 19, 22 Abs. 1 S. 1, §§ 29, 51; GrEStG § 22; GBV § 15

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss des Amtsgerichts Augsburg - Grundbuchamt - vom 24. März 2017 aufgehoben.

II. Das Amtsgericht Augsburg - Grundbuchamt - wird angewiesen, den im Verbund gestellten Eintragungsantrag der Beteiligten vom 20. März 2017 nicht aus den Gründen des Beschlusses vom 24. März 2017 zurückzuweisen.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 2, Mutter der Beteiligten zu 1, ist gemäß Erbschein vom 27.1.2011 Alleinerbin nach J. F. L. Ihre Rechtsstellung als Vollerbin ist auflösend bedingt durch ihre Wiederverheiratung. Aufschiebend bedingt auf den Zeitpunkt einer Wiederverheiratung ist sie zur befreiten Vorerbin eingesetzt. Gleichzeitig mit ihrer Eintragung als Eigentümerin von Grundbesitz am 8.11.2011 wurde in Abteilung II des Grundbuchs (Spalte 3 lfd. Nr. 1) auf der Grundlage des Erbscheins ein Nacherbenvermerk folgenden Inhalts eingetragen:

Bedingte Nacherbfolge ist angeordnet. Nacherben des J. F. L. sind: A. H. (= die Beteiligte zu 1), J. L., ..., M. L., und G. L.,... . Der Nacherbfall tritt ein bei der Wiederverheiratung der Vorerbin. Die Vorerbin ist befreit. Ersatznacherbfolge ist angeordnet, ... . Ersatznacherben sind derzeit: ...

Aufgrund schenkweiser Überlassung vom 16.3.2012 ist seit dem 23.3.2012 die Beteiligte zu 1 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen.

Die neben der Beteiligten zu 1 aufschiebend bedingt eingesetzten Nacherben übertrugen ihr jeweiliges Anwartschaftsrecht gemäß notarieller Urkunde vom 11.7.2013 nebst Genehmigungen vom 22.7.2013 und 25.7.2013 sowie gemäß Urkunde vom 2.6.2016 auf die Beteiligte zu 2 als (bedingt eingesetzte) Vorerbin; zugleich bewilligten sie die Löschung des Nacherbenvermerks. Die Beteiligte zu 1 ihrerseits übertrug ihr Anwartschaftsrecht zu Urkunde vom 13.11.2013 auf die Beteiligte zu 2. Aufgrund der jeweils erklärten Bewilligungen wurde zu dem Nacherbenvermerk am 20.9.2013, 21.11.2013 und 16.6.2016 unter gleichzeitiger Rötung des Namens des jeweils betroffenen Nacherben der Übergang des Anwartschaftsrechts auf die Vorerbin in der Veränderungsspalte (Spalte 5) vermerkt. Unverändert eingetragen blieb die Anordnung der bedingten Nacherbfolge selbst sowie die Anordnung von Ersatznacherbfolge unter namentlicher Bezeichnung der derzeitigen (neun) Ersatznacherben.

Zu Urkunde vom 21.9.2016 verkaufte die Beteiligte zu 1 den Grundbesitz an die Beteiligte zu 3, eine Bauträgergesellschaft. Die Auflassung wurde erklärt. Die Beteiligte zu 2 erklärte als Inhaberin sämtlicher Nacherbenanwartschaften ihre ausdrückliche Zustimmung zur Veräußerung des Grundstücks und zu sämtlichen urkundlichen Erklärungen, insbesondere zur Löschung des Nacherbenvermerks im Grundbuch (Ziff. I. 3. der Urkunde). Zugleich bewilligten die Beteiligten zu 1 und 2 die Löschung des Nacherbenvermerks.

Den notariell am 20.3.2017 gestellten Antrag, die Auflassung Zug um Zug mit der Löschung des Nacherbenvermerks zu vollziehen, hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 24.3.2017 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Eine Löschung des Vermerks aufgrund Bewilligung sei nicht möglich, weil hierfür Bewilligungen auch der Ersatznacherben und eines für die noch unbekannten Ersatzerben zu bestellenden Pflegers nebst diesbezüglicher gerichtlicher Genehmigung erforderlich wären. Eine Löschung aufgrund Unrichtigkeitsnachweises scheide aus, weil das Grundstück nach schenkweiser Überlassung weiterhin der Nacherbenbindung unterliege und die entgeltliche Veräußerung der Beteiligten zu 1 - anders als eine entgeltliche Veräußerung durch die Beteiligte zu 2, die hier aber nicht vorliege - nicht zum Ausscheiden des Grundstücks aus der Nacherbmasse führe. Die von der Beteiligten zu 2 erklärte Zustimmung zur Veräußerung habe nicht zur Folge, dass sich das Nacherbenrecht an dem der Beteiligten zu 1 zustehenden und nach dem Vertrag an sie zu zahlenden Veräußerungserlös fortsetze. Weil mit einer zeitnahen Behebung des Vollzugshindernisses durch Beibringen der erforderlichen Bewilligungen nicht zu rechnen sei, seien die im Verbund gestellten Anträge zurückzuweisen.

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