Leitsatz (amtlich)
Die ständige Rechtsprechung der OLG zur fehlenden Eintragungsfähigkeit der Amtsniederlegung eines geschäftsführenden Alleingesellschafters einer GmbH gilt auch für den Geschäftsführer einer GmbH, deren Geschäftsführer Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer Unternehmensgesellschaft ist, die sämtliche Gesellschaftsanteile an der GmbH hält.
Normenkette
GmbHG §§ 5a, 38, 39 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Kempten (Beschluss vom 23.03.2012; Aktenzeichen HRB 10644) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des AG Kempten/Allgäu vom 23.3.2012 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 2 ist seit dem 20.1.2012 als alleiniger Geschäftsführer der Beteiligten zu 1 im Handelsregister eingetragen. Ausweislich der am 20.1.2012 eingestellten Gesellschafterliste ist eine UG Alleingesellschafterin der Beteiligten zu 1, deren Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Beteiligte zu 2 ist. Unter dem 21.3.2012 ließ er beantragen, seine Abberufung als Geschäftsführer der Beteiligten zu 1 in das Handelsregister einzutragen, er habe mit Wirkung ab Eintragung in das Handelsregister sein Amt als Geschäftsführer niedergelegt. Das AG hat den Antrag durch Beschluss vom 23.3.2012 zurückgewiesen, weil der Beteiligte zu 2 als Alleingesellschafter der Alleingesellschafterin der Beteiligten zu 1 sein Amt nicht habe niederlegen können. Demgegenüber hat der Beteiligte zu 2 mit seiner rechtzeitig eingelegten Beschwerde geltend gemacht, dass er den erst vor kurzer Zeit getätigten Kauf der Gesellschaftsanteile wegen arglistiger Täuschung angefochten habe. Außerdem sei infolge der mittlerweile angeordneten vorläufigen Insolvenzverwaltung die Vertretung der Gesellschaft hinreichend sichergestellt. Ausweislich Registereintrag vom 4.4.2012 ist das Insolvenzverfahren durch Beschluss vom 1.4.2012 eröffnet worden und die Gesellschaft dadurch aufgelöst. Das AG hat der Beschwerde unter Bezugnahme auf seinen Ausgangsbeschluss vom 23.3.2012 nicht abgeholfen und die Akten zur Entscheidung über die Beschwerde vorgelegt.
II. Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil die obergerichtliche Rechtsprechung, auf die sich das AG berufen hat, auch nicht durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23.10.2008 (BGBl. I, 2026) überholt ist.
Der Verweis des Beschwerdeführers auf das mittlerweile eröffnete Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beteiligten zu 1 verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg. Denn auch in der Insolvenz bleiben die Organe der betroffenen Gesellschaft bestehen, nehmen aber nur solche Kompetenzen wahr, die nicht die Insolvenzmasse betreffen (BGH, Urt. v. 26.1.2006 - IX ZR 282/03, Rz. 6; vgl. dazu auch Hall, jurisPR-BGHZivilR 28/2006 Anm. 5 sub B.1). Im Übrigen lässt die eingetragene Auflösung die vorher werbende Gesellschaft als Abwicklungsgesellschaft fortbestehen und handlungsfähig bleiben. Sie bleibt Formkaufmann nach § 6 HGB und behält beispielsweise im Zivilprozess ihre Parteifähigkeit (Baumbach/Hueck-Haas, 19. Aufl. 2010, Rz. 15 zu § 65GmbHG).
Grundsätzlich ist nach ständiger Rechtsprechung des BGH die Amtsniederlegung eines Geschäftsführers auch dann als sofort wirksam zu behandeln, wenn über die objektive Berechtigung der geltend gemachten Gründe Streit besteht. Die Vermeidung einer möglicherweise jahrelangen Unsicherheit über die Wirksamkeit der Amtsniederlegung habe ein stärkeres Gewicht als das möglicherweise vorliegende Interesse der Gesellschaft an der Fortführung des Amtes. Bei Zweifeln über die Beendigung organschaftlicher Vertretungsmacht aus wichtigem Grund komme dem Schutz der Gesellschaft, ihrer Organe und des Rechtsverkehrs vor unklaren Vertretungsverhältnissen der Vorrang zu, wie dies auch in § 84 Abs. 3 S. 4 AktG ausdrücklichen Niederschlag gefunden habe (BGH NJW 1980, 2415 [2417]). Ob insofern entsprechend der Rechtsprechung der OLG eine Ausnahme gilt, wenn die Amtsniederlegung des Alleingesellschafters einer GmbH im Einzelfall wegen Unzeitigkeit oder Rechtsmissbräuchlichkeit unwirksam ist, hat der BGH bisher nicht entschieden (vgl. zuletzt Beschl. v. 8.10.2009 - IX ZR 235/06, Rz. 2).
Die Rechtsprechung der OLG zur Unwirksamkeit und fehlenden Eintragungsfähigkeit der Amtsniederlegung des geschäftsführenden Alleingesellschafters beruht darauf, dass die Gesellschaft durch dessen Abberufung aktiv und passiv handlungsunfähig wird, solange kein neuer Geschäftsführer bestellt ist. Da der alleinige Gesellschafter zudem diese Rechtsposition leugnet und auch keinen anderen Geschäftsführer bestellt, ergebe sich daraus für den Rechtsverkehr die völlige Handlungsunfähigkeit der GmbH und eine unabsehbare Unklarheit hinsichtlich ihrer Vertretung, wenn man die Abberufung als wirksam erachten werde (OLG Zweibrücken, FGPrax 2006, 132; so auch OLG Köln, FGPrax 2008, 79). Dies war auch der tragende Grund der Vorgängerentscheidungen OLG Hamm DNotZ 1989, 396 (398) und BayObLGZ 1981, 266 [269].
Die Rechtslage, die die zitierten OLGentscheidungen zum Au...