Leitsatz (amtlich)
In dem Fall, dass ein sofortiges Anerkenntnis nur unter Verwahrung gegen die Kostenlast abgegeben wird, ist kein Raum für eine Gebührenermäßigung im Sinne von Nr. 1211 Ziff. 2 KV-GKG.
Normenkette
KV-GKG Nrn. 1210, 1211 Ziff. 2; ZPO § 93
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 33 O 2446/21) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Klagepartei nahm die Beklagte vor dem Landgericht München I auf Unterlassung in Anspruch. Nach teilweiser Neufassung der Klageanträge erkannte die Beklagte die Klageansprüche an. Hierbei vertrat sie die Auffassung, dass es sich hinsichtlich des neugefassten Antrags um ein sofortiges Anerkenntnis gemäß § 93 ZPO handle. Die Klagepartei trat dem entgegen.
Unter dem 25.11.2021 erging ein Anerkenntnisurteil, in welchem der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt wurden.
In der Schlusskostenrechnung des Landgerichts München I vom 07.12.2021 wurde eine 3,0 Verfahrensgebühr nach Nr. 1210 KV GKG aus dem durch das Landgericht festgesetzten Streitwert von 30.000,00 EUR, insgesamt 1.347,00 EUR, angesetzt.
Auf den Kostenfestsetzungsantrag der Klagepartei vom 29.11.2021 setzte das Landgericht München I mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11.01.2022 die von der Beklagtenpartei an die Klagepartei zu erstattenden Kosten antragsgemäß auf 4.211,93 EUR nebst Zinsen fest. Hierbei berücksichtigte es Gerichtskosten in Höhe von 1.347,00 EUR.
Die Beklagte legte gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss mit Schriftsatz vom 24.01.2022 sofortige Beschwerde ein, mit der sie sich gegen die Festsetzung von drei Gerichtsgebühren wandte. Aufgrund des Anerkenntnisses und des daraufhin erlassenen Anerkenntnisurteils sei nur eine Gerichtsgebühr in Höhe von 449,00 EUR festzusetzen. Zwei Gerichtsgebühren (898,00 EUR) seien von der Staatskasse an den Kläger zurückzuerstatten. Der Einwand eines fehlerhaften Kostenansatzes sei auch im Kostenfestsetzungsverfahren beachtlich. Der obsiegenden Partei sei es zuzumuten, einen überhöhten Gerichtskostenansatz im Wege der Erinnerung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG korrigieren zu lassen. Der Ermäßigungstatbestand der Nr. 1211 KV GKG sei erfüllt. Hierfür sei unerheblich, ob das Anerkenntnis unter Verwahrung gegen die Kostenlast abgegeben werde.
Der Kläger legte daraufhin mit Schriftsatz vom 28.01.2022 Erinnerung gegen den Kostenansatz gemäß Kostennachricht vom 04.03.2021 ein. Der Ansatz sei zunächst berechtigt gewesen, jedoch habe sich aufgrund des Anerkenntnisses der Gebührensatz gemäß Nr. 1211 KV GKG ermäßigt. Dem Kläger seien daher zwei Gerichtsgebühren zurückzuerstatten. Mit weiterem Schriftsatz vom selben Tag beantragte der Kläger, das Beschwerdeverfahren auszusetzen.
Der Prüfungsbeamte beim Landgericht München I vertrat die Auffassung, dass auch die sofortige Beschwerde als Erinnerung zu behandeln sei. In der Sache ist er Ansicht, dass ein Anerkenntnis unter Verwahrung gegen die Kostenlast nicht zu einer Gebührenermäßigung nach Nr. 1211 KV GKG führe.
Die Kostenbeamtin legte die Akten daraufhin dem Gericht vor.
Die Beklagte hielt auf Anfrage an der sofortigen Beschwerde fest. Hierbei handle es sich um den statthaften Rechtsbehelf. In der Sache führte sie ergänzend aus, der Wortlaut von Nr. 1211 KV GKG gebe eine Versagung der Ermäßigung bei einem Anerkenntnis unter Verwahrung gegen die Kostenlast nicht her. Es wäre Aufgabe des Gesetzgebers gewesen, im Rahmen der erfolgten Novelle in Kenntnis der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung den Wortlaut anzupassen, wenn eine Ermäßigung bei einem Anerkenntnis unter Verwahrung gegen die Kostenlast nicht gewollt gewesen wäre. Eine Systemwidrigkeit liege nicht vor. Insbesondere lasse sich Nr. 1211 KV GKG nicht entnehmen, dass insoweit nur eine bestimmte Quantifizierung an Arbeitserleichterung zur Gebührenermäßigung führen solle. Im Falle eines Anerkenntnisses sei nicht mehr zu prüfen, ob die Klage schlüssig und begründet war; zu prüfen sei nur noch die Veranlassung zur Klageerhebung. Das Verständnis, ein Anerkenntnis unter Verwahrung gegen die Kostenlast schließe die Instanz nicht insgesamt ab, entspreche nicht der Gesetzesbegründung; diese meine etwas anderes. Wegen der von Amts wegen vorzunehmenden Prüfung sei die Verwahrung gegen die Kostenlast als Hinweis auf § 93 ZPO zu verstehen.
Das Landgericht München I übertrug das Verfahren über die Erinnerung gegen den Kostenansatz gemäß § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG der Kammer. Diese wies mit Beschluss vom 04.04.2022 die Erinnerung vom 28.01.2022 gegen den Kostenansatz gemäß Kostennachricht vom 04.03.2021 zurück. Die Voraussetzungen für die Gebührenermäßigung von 3,0 auf 1,0 nach Nr. 1211 Nr. 2 KV GKG lägen wegen der erklärten Verwahrung gegen die Kostenlast nicht vor. Die Ausnahmevorschrift diene insbesondere der Prozesswirtschaftlichkeit und sei demgemäß nur dann anwendbar, wenn das Verfahren infolge des Anerkenntnisses insgesamt ende, ohne dass es auf eine Unterscheidung danach ankäme, ob der gerichtlich noch anfallende Arbeitsaufwand die Hauptsache selbst oder die Kostenent...