Leitsatz (amtlich)
Die lastenfreie Abschreibung eines Grundstücksteils setzt ggü. dem Grundbuchamt auch den Nachweis in grundbuchmäßiger Form voraus, dass die abzuschreibende Fläche außerhalb des Ausübungsbereichs etwaiger Nebenrechte liegt.
Normenkette
BGB § 1026; GBO § 46 Abs. 2
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1 ist Eigentümer eines Grundstücks, von dem er mit notarieller Urkunde vom 20.5.2009 eine noch wegzumessende Teilfläche an die Beteiligten zu 2 und 3 zum Miteigentum zu gleichen Teilen verkaufte. Inzwischen ist die Vermessung anerkannt und die Auflassung erklärt. Das Grundbuch ist in der Zweiten Abteilung unter Nrn. 15 und 16 mit Kanalleitungsrechten als Grunddienstbarkeiten bzw. beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten belastet. Die maßgebliche Bewilligung vom 2.4.1993 lautet:
a) auf dem genannten dienenden Grundstück einen Abwasserkanal als Stichleitung einzulegen, an die bestehende Hauptleitung anzuschließen und ggf. einen Revisionsschacht einzubringen, je einschließlich sämtlicher Zugehörungen, sowie diese Anlage zu betreiben, zu belassen und mitzubenützen;
b) das dienende Grundstück zum Zwecke der Vornahme von Arbeiten an solchen Einrichtungen und Anlagen, insbesondere zur erstmaligen Einbringung und künftigen Unterhaltung, jederzeit zu betreten und durch Dritte betreten zu lassen, sowie
c) auf dem dienenden Grundstück zur Einbringung der Anlage und auch zur künftigen Unterhaltung derselben Aufgrabungen gegen Wiederherstellung des früheren Zustandes vorzunehmen oder durch Dritte vornehmen zu lassen.
Der Leitungsverlauf bzw. Kanalanschluss ist in einem der notariellen Urkunde beigefügten Lageplan eingezeichnet.
Der Notar hat gem. § 15 GBO für die Beteiligten am 7.9.2009 insoweit lastenfreie Abschreibung beantragt. Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom 28.9.2009 eine Frist bis 26.10.2009 zur Vorlage von Freigabeerklärungen der Berechtigten gesetzt. Die Erinnerung hiergegen hat das Grundbuchamt als Beschwerde angesehen, dieser nicht abgeholfen und die Akten dem Senat als Beschwerdegericht vorgelegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass das ganze Flurstück belastet sei. Demnach könne § 1026 BGB nicht angewandt werden. Auch die Tatsache, dass das Betretungs- und Aufgrabungsrecht tatsächlich nur die jeweiligen Einrichtungen und Anlagen betreffe, könne nicht maßgeblich sein, da diese Nebenrechte auf dem ganzen Grundstück bewilligt seien. Die Pflicht zur schonenden Ausübung einer Dienstbarkeit nach § 1020 BGB sei Sache der Beteiligten, könne vom Grundbuchamt nicht überprüft und daher auch nicht als Maßstab für die Bejahung einer lastenfreien Abschreibung verwendet werden.
II. Die vom Notar für die Beteiligten eingelegte Erinnerung ist als Beschwerde gegen die Entscheidung der Rechtspflegerin anzusehen. Auszugehen ist davon, dass er den zulässigen Rechtsbehelf einlegen wollte. Gemäß § 11 Abs. 1 RPflG ist gegen die Entscheidungen des Rechtspflegers das Rechtsmittel gegeben, das nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften zulässig ist. Die Erinnerung findet gem. § 11 Abs. 2 Satz 1 RPflG nur statt, wenn nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften ein Rechtsmittel nicht gegeben ist. § 71 Abs. 1 GBO stellt aber die unbefristete (einfache) Beschwerde zur Verfügung. Der Notar hat auch der ihm bekannt gegebenen Auslegung durch die Rechtspflegerin nicht widersprochen.
Das OLG München ist gem. § 72 GBO n.F. für die Entscheidung zuständig, weil der maßgebliche Eintragungsantrag (Löschungsantrag) nach Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes (vgl. Art. 111, 112 FGG-RG vom 22.12.2008, BGBl. I, 2586) gestellte wurde.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
a) Die lastenfreie Abschreibung eines Grundstücksteils gilt als Löschung der Belastung (§ 46 Abs. 2 GBO; vgl. Meikel/Böhringer GBO 10. Aufl., § 46 Rz. 105; Demharter, GBO, 26. Aufl., § 46 Rz. 16). Sie setzt daher entweder die Bewilligung des Berechtigten voraus oder den Nachweis, dass das Grundbuch bei der Mitübertragung unrichtig würde. In diesem Fall liegt in der lastenfreien Abschreibung eine Grundbuchberichtigung (vgl. BayObLG Rpfleger 1987, 451; BayObLG Rpfleger 1983, 143; Demharter § 22 Rz. 28; Staudinger/Mayer BGB Neubearb. 2009 § 1026 Rz. 12 m. N.). Dann muss aber die Unrichtigkeit in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden, wobei strenge Anforderungen zu stellen sind (vgl. BayObLG Rpfleger 1987, 451; Staudinger/Mayer, a.a.O.). Daran fehlt es hier, wie das AG, auf dessen Ausführungen Bezug genommen wird, zu Recht festgestellt hat.
b) Ergänzend ist Folgendes anzuführen:
Wird das dienende Grundstück geteilt, werden, wenn die Ausübung der Grunddienstbarkeit auf einen bestimmten Teil beschränkt ist, die Teile, welche außerhalb des Bereichs der Ausübung liegen, von der Dienstbarkeit frei (§ 1026 BGB). Die Ausübung der Grunddienstbarkeit muss aus Rechtsgründen, also nicht nur aus tatsächlichen Gründen, auf einen bestimmten Teil des dienenden Grundstücks dauernd beschränkt sein. Diese rechtliche Beschränkung kann sich aus der Natu...