Verfahrensgang
Vergabekammer Südbayern (Beschluss vom 27.10.2015; Aktenzeichen Z3-3-3194-1-46-08/15) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der Vergabekammer Südbayern vom 27.10.2015 Az: Z3-3-3194-1-46-08/15 aufgehoben.
II. Es wird festgestellt, dass der zwischen der Antragsgegnerin und dem Beigeladenen geschlossene Schülerbeförderungsvertrag vom 22.7./7.8.2015 nichtig ist.
III. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, beim Fortbestehen ihrer Beschaffungsabsicht ein europaweites Vergabeverfahren durchzuführen.
IV. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Antragstellerin. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts für das Verfahren vor der Vergabekammer wird für die Antragstellerin für notwendig erklärt.
V. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR 10.900.- festgesetzt.
Gründe
A. Mit Schreiben vom 23.04.2015 forderte die Antragsgegnerin acht Busunternehmen, darunter auch den Antragsteller auf, ein Angebot für die Leistung "Schülerbeförderung in der Stadt Laufen" für das Schuljahr 2015/2016 bis zum 18.06.2015 abzugeben.
Es wurde darauf hingewiesen, dass die Angebotseröffnung unter Ausschluss der Bieter erfolgt und die Verdingungsordnung für Leistungen (VOL) keine Anwendung findet. Der Vertrag sollte für zwei Schuljahre gelten (Ziffer 22 der Allgemeinen Vertragsbedingungen). In Ziffer 23 heißt es, dass weitere Fahrten, die schulbedingt stattfinden, z.B. Schwimmunterricht, Sportfeste etc. zum Angebotspreis abgerechnet werden.
Neben dem Antragsteller reichte nur die Beigeladene ein Angebot fristgerecht bei der Antragsgegnerin ein. Nach Prüfung und Wertung der Angebote wurde der Antragsteller telefonisch darüber informiert, dass er den Zuschlag nicht erhalten könne, da ein Mitbewerber ein günstigeres Angebot abgegeben habe. Auf Nachfrage des Antragstellers teilte ein Mitarbeiter der Antragsgegnerin mit, dass nur das niedrigste Angebot beim Zuschlag Berücksichtigung finden werde.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 30.06.2015 bat der Antragsteller die Antragsgegnerin, ihm schriftlich und unverzüglich mitzuteilen, welche Gründe für die Ablehnung seines Angebots ausschlaggebend gewesen seien und welche Merkmale und Vorteile das erfolgreichere Angebot des Mitbewerbers beinhaltet habe.
Daraufhin verfasste die Antragsgegnerin ein Schreiben vom 10.07.2015 mit dem Inhalt, dass das Angebot des Antragstellers aus preislichen Gründen keine Berücksichtigung gefunden habe.
Mit Schreiben vom 29.07.2015 rügte der Antragsteller, dass trotz Überschreitens des EU-Schwellenwerts von 207.000,- EUR (für Liefer- und Dienstleistungen) die streitgegenständliche Ausschreibung nicht europaweit durchgeführt worden sei und dass keine den Vorschriften des GWB entsprechende Benachrichtigung erfolgt sei.
In ihrem Antwortschreiben vom 30.07.2015 verwies die Antragstellerin darauf, dass der 4. Teil des GWB nicht zur Anwendung komme, da der Gesamtauftragswert netto nicht über 200.000,00 EUR und damit unter dem Schwellenwert von 207.000,00 EUR liege. Im Übrigen sei der behauptete Vergabeverstoß aus den Vergabeunterlagen erkennbar gewesen und hätte spätestens bis zum Ablauf der Angebotsfrist gerügt werden müssen.
Mit Vertrag vom 22.7./7.8.2015 erteilte die Antragsgegnerin dem Beigeladenen den Auftrag.
Weil die Rügen die Antragsgegnerin nicht zur Änderung ihrer Rechtsauffassung veranlassten, beantragte der Antragsteller am 11.08.2015 die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens mit dem Ziel, den erteilten Zuschlag für unwirksam zu erklären und das Vergabeverfahren neu durchzuführen.
Der Antragsteller trug vor:
Der Auftrag sei nicht europaweit ausgeschrieben worden, obwohl der maßgebliche Schwellenwert überschritten worden sei. Eine Benachrichtigung gemäß § 101a Abs. 2 GWB sei unterblieben. Dem Antragsteller sei auch ein Schaden entstanden, wobei es ausreiche, dass sich durch den Verstoß eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation ergeben könne. Ein Verstoß gegen die Rügepflicht liege nicht vor, da die Verstöße für den Antragsteller nicht erkennbar gewesen seien.
Die Antragsgegnerin trat dem Nachprüfungsantrag entgegen und trug vor:
Der Nachprüfungsantrag sei unzulässig, da der maßgebliche Schwellenwert nicht erreicht werde. Der Auftragswert sei korrekt festgesetzt worden. Mögliche Sonderfahrten seien bei der Berechnung des Auftragswertes nicht zu berücksichtigen gewesen, da der Umfang in der Vergangenheit stark geschwankt habe und in der Vergangenheit auch Dritte mit diesen Fahrten beauftragt worden seien.
Selbst wenn eine europaweite Ausschreibung erfolgen hätte müssen, sei der Antragsteller nicht in seinen eigenen Rechten verletzt, da er an dem Verfahren beteiligt worden sei und nur das zweitgünstigste Angebot abgegeben habe. Ihm drohe daher auch kein Schaden.
Außerdem sei der Antragsteller mit seinen Rügen präkludiert, da aus der Bekanntmachung ersichtlich gewesen sei, dass ein nationales Verfahren durchgeführt werde. Der Antragsteller, dem die Kosten aus den vorangegange...