Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Zumutbarkeit einer Vollzeittätigkeit neben Betreuung von Kindern im Grundschulalter
Leitsatz (redaktionell)
1. Berücksichtigung der besonderen Anforderungen und Bedürfnisse der Kinder in bestimmten Altersphasen bei Gewährung von Betreuungsunterhalt nach neuem Recht.
2. Kinder im Kindergartenalter und zumindest in den ersten Grundschuljahren bedürfen einer intensiven Betreuung, der durch Gewährung von Betreuungsunterhalt Rechnung zu tragen ist, da dem betreuenden Elternteil im Interesse und zum Wohl des Kindes nur eine Teilbeschäftigung zumutbar ist.
3. Eine zeitliche Begrenzung des Betreuungsunterhalts kommt wegen der unsicheren Prognose in Bezug auf die Entwicklung des Kindes nicht in Betracht.
Normenkette
BGB §§ 1570, 1578b
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen 533 F 1396/05) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Antragstellers wird das Endurteil des AG München in Ziff. 3 wie folgt abgeändert:
Der Antragsteller wird verurteilt, an die Antragsgegnerin ab Rechtskraft der Scheidung bis 31.12.2007 einen monatlichen nachehelichen Elementarunterhalt i.H.v. 665 EUR und einen monatlichen Altersvorsorgeunterhalt i.H.v. 168 EUR zu bezahlen, sowie ab 1.1.2008 bis einschließlich März 2008 einen Elementarunterhalt von 501 EUR und einen Altersvorsorgeunterhalt von 127 EUR und ab April 2008 einen Elementarunterhalt von 478 EUR und einen Altersvorsorgeunterhalt von 121 EUR. Im Übrigen wird die Berufung des Antragstellers zurückgewiesen.
2. Die Anschlussberufung der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller kann die Vollstreckung durch die Antragsgegnerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
5. Die Revision zum BGH wird zugelassen.
Gründe
I. Die am 21.9.2001 geschlossene Ehe der Parteien wurde durch Teilanerkenntnis- und Endurteil des AG München vom 30.3.2007 geschieden. Der Scheidungsausspruch ist seit 4.9.2007 rechtskräftig.
Aus der Ehe der Parteien ist die Tochter M., geb. 31.3.2002, hervorgegangen. Diese lebt bei der Antragsgegnerin und wird von dieser betreut und versorgt. Sie besucht den Kindergarten bis 14 Uhr täglich.
Die Antragsgegnerin ist gelernte Buchhändlerin und seit 1.10.2007 bei der Firma T. als Verkäuferin beschäftigt. Ihr durchschnittliches monatliches Bruttogehalt beträgt 900 EUR, hinzu kommt eine Weihnachtsgratifikation von 60 % des Bruttogehalts. Zusätzlich zu den 80 monatlichen Tarifstunden hat sie entsprechend ihrem Arbeitsvertrag 30 sog. "Flexistunden" pro Monat zu leisten, die gesondert vergütet werden, und die sich teilweise auf die Abendstunden und den Samstag erstrecken. In der berufsbedingten Abwesenheit der Antragsgegnerin wird die Tochter Marianna von den Großeltern betreut.
Der Antragsteller, der wie in der Ehezeit in Mannheim wohnt, ist an einer Schule in S. als Lehrer beschäftigt.
Im Termin vom 2.6.2006 hat der Antragsteller das gemäß Schriftsatz vom 13.1.2006 angekündigte Anerkenntnis für eine Unterhaltsforderung i.H.v. 531,12 EUR abgegeben. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 8.2.2007 hat er dann nur noch einen Betrag i.H.v. 350 EUR anerkannt und im Übrigen Klageabweisung beantragt.
Im Jahr 2007 verfügte der Antragsteller über ein Bruttoeinkommen von 48.578,37 EUR. Für die Tochter bezahlt er monatlich 192 EUR an die Antragsgegnerin.
Das AG FamG München hat den Antragsteller mit Verbundurteil vom 30.3.2007 im Wege des Teilanerkenntnis- und Endurteils zur Zahlung eines monatlichen nachehelichen Elementarunterhalts von 739 EUR sowie eines Altersvorsorgeunterhalts von 179 EUR verurteilt. Im Übrigen wurde die Unterhaltsklage der Antragsgegnerin abgewiesen. Auf das angefochtene Endurteil vom 30.3.2007 wird vollumfänglich Bezug genommen.
Der Antragsteller wendet sich mit seiner Berufung vom 25.7.2007 gegen die Unterhaltshöhe. Darüber hinaus möchte er mit seinem weiteren Berufungsantrag vom 30.11.2007 eine Befristung des zugestandenen nachehelichen Unterhalts bis 31.12.2007 erreichen.
Er trägt vor, die Tätigkeit der Antragsgegnerin sei weder überobligatorisch noch unzumutbar, weil die Tochter während der berufsbedingten Abwesenheit der Antragsgegnerin bei den Großeltern untergebracht sei, bei denen sie auch verköstigt werde. Das bei der Firma T. erzielte Einkommen sei ihr deshalb einschließlich der Überstunden unterhaltsrechtlich in voller Höhe zuzurechnen, da im Hinblick auf die familiären Verhältnisse eine klassische und sonst typische Doppelbelastung der Mutter und Antragsgegnerin nicht vorliege.
Darüber hinaus sei die Antragsgegnerin während der Ehezeit als Buchhändlerin tätig gewesen; sie könne diesen Beruf nunmehr in Vollzeit ausüben. Außerdem könne sie auf Grund ihrer Ausbildung sicherlich als Bürogehilfin oder in einer ähnlichen Position arbeiten. Die jetzige T...