Entscheidungsstichwort (Thema)
Inanspruchnahme des Kommanditisten durch den Insolvenzverwalter: Darlegungs- und Beweislast
Leitsatz (amtlich)
1. Der aus § 171 Abs. 2 HGB klagende Insolvenzverwalter nicht schlüssig darzulegen, dass eine Inanspruchnahme gerade des Kommanditisten erforderlich ist, damit die Befriedigung der Insolvenzgläubiger gewährleistet ist. Ihn trifft in diesem Zusammenhang nur eine sekundäre Darlegungslast zu den von ihm bereits vereinnahmten Beträgen. (Rn. 61)
2. Vielmehr trifft den Kommanditisten die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Durchsetzung des Anspruchs auf Einzahlung seiner - ihm zum Teil zurückgewährten - Einlage nicht zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich sei. (Rn. 62)
3. Der Insolvenzverwalter kommt der ihn treffenden sekundären Darlegungslast dadurch nach, dass er die Inanspruchnahme des Kommanditisten allein mit den - nicht zur Befriedigung der Gläubigerforderungen hinreichenden - Kontenständen der Insolvenzsonderkonten begründet (entgegen OLG Stuttgart, 31. Juli 2019, 20 U 30/18, NZI 2019, 903). (Rn. 66) (Rn. 69)
Normenkette
HGB § 171 Abs. 2, § 172 Abs. 4
Verfahrensgang
LG Augsburg (Urteil vom 25.09.2018; Aktenzeichen 81 O 498/18) |
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 25.09.2018, Az. 081 O 498/18, wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Augsburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht als Insolvenzverwalter über das Vermögen der FHH Fonds Nr. 16 MS "A." - MS "An." GmbH & Co. C. KG (im Folgenden: Schuldnerin) gegen den Beklagten die Rückzahlung von in den Jahren 2004 bis 2009 erfolgten Ausschüttungen an ihn in Höhe von insgesamt 12.450,00 EUR abzüglich einer beklagtenseits im Jahr 2010 im Rahmen eines Sanierungsverfahrens erfolgten Rückführung von 4.500,00 EUR sowie eines vom Beklagten an den Kläger geleisteten Betrages in Höhe von 1.400,00 EUR geltend. Der Beklagte hatte sich mit einer Einlage von 15.000,00 EUR als Kommanditist an der Schuldnerin beteiligt. Das Kapitalkonto des Beklagten lag ab seinem Beitritt zur Schuldnerin als Kommanditist (aufgrund entsprechender Verluste der Schuldnerin), auch zum Zeitpunkt der erfolgten Ausschüttungen, unter dem Betrag seiner Hafteinlage. Ausweislich der als Anlage K 2 in Kopie vorgelegten Tabellenstatistik vom 06.03.2018 hatten 44 Gläubiger Forderungen in einer Höhe von insgesamt 18.894.292,12 EUR zur Insolvenztabelle angemeldet, die zum 06.03.2018 folgenden Status aufwiesen:
Forderungen in Höhe von 575.170,14 EUR wurden festgestellt.
Forderungen in Höhe von 10.377.491,74 EUR wurden für den Ausfall festgestellt.
Forderungen in Höhe von 149.548,04 EUR wurden bestritten.
Forderungen in Höhe von 7.383.387,81 EUR wurden zurückgenommen.
Wegen des Sach- und Streitstands in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils (Bl. 83/84 d. A.) verwiesen.
Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß zur Bezahlung von 6.550,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 27.03.2018 verurteilt. Zur Begründung der Entscheidung hat es im Wesentlichen angeführt, der Beklagte hafte nach §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 4 S. 2 HGB in Höhe der durch ihn erfolgten Entnahme von Gewinnanteilen. Dass diese erfolgt seien, wodurch die Einlage herabgemindert worden sei, sei unstreitig.
Es bestünden Forderungen von Gesellschaftsgläubigern mindestens in Höhe der Klageforderung, was vom Kläger hinreichend substantiiert dargelegt worden sei. Der Verweis auf die als Anlage K 2 vorgelegte Tabelle sei zulässig. Es seien Forderungen in Höhe von 575.170,14 EUR und weitere Forderungen in Höhe von 10.377.491,74 EUR für den Ausfall zur Tabelle festgestellt worden. Wegen der Rechtskraftwirkung der widerspruchslos angemeldeten Forderungen sei es nicht erforderlich, dass die den einzelnen Forderungsanmeldungen zugrundeliegenden Forderungen mit substantiiertem Sachvortrag vorgetragen würden. Da der Beklagte die Forderungen nicht substantiiert bestritten habe, sei vom Vortrag des Klägers zu den widerspruchslos festgestellten Forderungen auszugehen. Deren Bestreiten sei entsprechend den Ausführungen des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 20.02.2018 unbeachtlich.
Der Beklagte habe nicht dargetan, dass Einwendungen gegen die festgestellten Forderungen nachträglich entstanden seien, oder ihm individuelle Einreden zustünden.
Wegen der Einzelheiten zur Begründung der vom Landgericht getroffenen Entscheidung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Endurteils (Bl. 84/86 d. A.) verwiesen.
Gegen dieses Endurteil hat der Beklag...