Leitsatz (amtlich)
1. Die Verjährung nach § 37a WpHG erfasst auch konkurrierende deliktische Ansprüche wegen fahrlässiger Falschberatung oder unvollständiger Information.
2. Macht der Bankkunde geltend, die Anlageempfehlung der Bank habe nicht seiner konservativen Anlagestrategie entsprochen, so läuft die Verjährungsfrist des § 37a WpHG bereits ab der Anschaffung risikoträchtiger Wertpapiere ohne Rücksicht darauf, ob Kursverluste bereits eingetreten sind.
Gemeinschaftsrecht, insb. die Richtlinie 93/22/EWG über Wertpapierdienstleistungen v. 10.5.1993 steht dem nicht entgegen.
3. Die Grundsätze der sog. Sekundärhaftung, wie sie der BGH für die Haftung von Angehörigen der rechts- und steuerberatenden Berufe entwickelt hat, sind auf die Haftung der Bank wegen fehlerhafter Anlageberatung nicht anwendbar.
4. Da sich die beim Wertpapierkauf beratende Bank nicht in einer dem unabhängigen Makler oder Vermögensverwalter vergleichbaren Stellung befindet, ist sie nicht verpflichtet, den Kunden über Rückflüsse aus den Ausgabeaufschlägen ihrer Fondsgesellschaft zu informieren.
5. Den Verjährungslauf hemmende "Verhandlungen" i.S.d. § 203 BGB n.F. bzw. § 852 Abs. 2 BGB a.F. setzen voraus, dass der Anspruchsberechtigte dem Verpflichteten zumindest im Kern mitgeteilt hat, welchen Anspruch er geltend zu machen gedenkt.
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 19.04.2004; Aktenzeichen 11 HKO 15075/03) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des LG München I v. 19.4.2004 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger verlangt aus abgetretenem Recht Schadensersatz im Zusammenhang mit bei der Beklagten getätigten Wertpapiergeschäften.
Mit Abtretungsvereinbarung v. 8.8./9.8.2003 (Anlage K 1) trat die H. Mobilfunk Vertriebs GmbH (im Folgenden: Firma H.), vertreten durch ihren Geschäftsführer D.I., sämtliche Ansprüche aus den streitgegenständlichen Wertpapiergeschäften an den Kläger R.I., Bruder des Geschäftsführers der Zedentin, ab.
Nachdem auf dem seit Sommer 1998 bei der Beklagten geführten Konto der Firma H. bis Ende 1999 ein Guthaben von ca. 0,8 Mio. DM aufgelaufen war, fand am 15.2.2000 (soweit im Ersturteil insoweit vom Jahre 2002 die Rede ist, handelt es sich um ein offensichtliches Schreibversehen) ein Beratungsgespräch in der Filiale der Beklagten in München, L.-straße, statt. An diesem Gespräch nahmen Herr D.I. sowie für die Beklagte deren Mitarbeiter G.T. und C.K. teil. Der Inhalt dieses Gesprächs ist streitig, schriftliche Aufzeichnungen wurden hinsichtlich der Beratung nicht gefertigt. Nicht angesprochen wurde hierbei, dass die Beklagte bei Anlagen in Fonds Rückvergütungen aus den Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsgebühren erhält.
Im Zeitraum v. 16.2.2000 bis 14.6.2000 erwarb die Firma H. über die Beklagte zum Preis von insgesamt 247.873,93 Euro Aktien und Anteile an Aktienfonds. Insoweit wird wegen der Einzelheiten auf die Aufstellung auf S. 8 und 9 der Klageschrift v. 11.8.2003 Bezug genommen.
In den Abrechnungen der Beklagten über den Kauf von Fondsanteilen (vorgelegt als Anlage K 12) wurden vom Kurswert "Bonifikationen" i.H.v. 1 % oder 2,5 % zugunsten der Firma H. in Abzug gebracht.
Nachdem sich im Depot der Firma H. bereits Kursverluste eingestellt hatten und sich der Geschäftsführer D.I. falsch beraten fühlte, kam es am 8.8.2000 zu einem weiteren Gespräch zwischen D.I. in Begleitung von Rechtsanwalt K. und dem Anlageberater der Beklagten K. Auch der Inhalt dieser Besprechung ist streitig.
Der Kläger behauptet, der Geschäftsführer D.I. habe bei dem Gespräch am 15.2.2000 wahrheitsgemäß darauf hingewiesen, dass er (D.I.) keine Erfahrung im Wertpapiergeschäft habe. Aufgrund negativer Erfahrungen seines Bruders (des Klägers) mit Wertpapieren lege er Wert auf eine konservative Anlage. Der Anlageberater K. habe daraufhin einen Anlagevorschlag unterbreitet, der ohne weiteres sodann umgesetzt worden sei. Prospekte der Fonds seien von der Beklagten nicht zur Verfügung gestellt worden. Bei Kenntnis der dort gegebenen Risikohinweise wäre der Zedent den Anlageempfehlungen des Beraters K. nicht gefolgt. Auch bei Kenntnis von den von der Beklagten verschwiegenen Rückvergütungen hätte der Zedent Abstand vom Anlagevorschlag der Beklagten genommen.
Unter Abzug bereits realisierter Verkaufserlöse i.H.v. 125.751,22 Euro und weiterer Erträge i.H.v. 511,58 Euro hat der Kläger beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 121.611,13 Euro Zug um Zug gegen Übertragung der auf S. 9 des Ersturteils aufgeführten Wertpapiere zu verurteilen.
Die Beklagte hat zur Begründung ihres Antrags auf Klageabweisung vorgetragen, im Termin v. 15.2.2000 habe sich Herr D.I. nach ...