Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 18.09.2013; Aktenzeichen 29 O 18909/12)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 30.04.2015; Aktenzeichen I ZR 127/14)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des LG München I vom 18.9.2013 - 29 O 18909/12, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziff. 1 genannte Urteil des LG München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus diesen Urteilen jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird hinsichtlich der Entscheidung über den Hauptantrag zugelassen. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin zu Zahlungen nach § 1 AMRabG verpflichtet ist.

Die Klägerin stellt Arzneimittel her, die Beklagte ist ein Unternehmen der privaten Krankenversicherung. Das Arzneimittelrabattgesetz (AMRabG) ist zum 1.1.2011 in Kraft getreten. Gemäß § 1 AMRabG haben die pharmazeutischen Unternehmen den Unternehmen der privaten Krankenversicherung und den Trägern der beamtenrechtlichen Beihilfe für verschreibungspflichtige Arzneimittel, deren Kosten diese ganz oder teilweise erstattet haben, nach dem Anteil der Kostentragung Abschläge entsprechend § 130a Abs. 1, 1a, 2, 3a und 3b SGB V zu gewähren. Nach § 1 Satz 3 AMRabG, der mit Gesetz vom 7.8.2013 mit Wirkung vom 1.1.2011 eingefügt wurde, sind zur Ermittlung der Abschläge nach Satz 1 Selbst- oder Eigenbehalte, die Unternehmen der privaten Krankenversicherung mit den Versicherungsnehmern vereinbart haben oder die auf beamtenrechtlichen Vorschriften beruhen, nicht zu berücksichtigen. Gemäß § 1 Satz 4 AMRabG dürfen die Abschläge von den Unternehmen der privaten Krankenversicherung ausschließlich zur Vermeidung oder Begrenzung von Prämienerhöhungen oder zur Prämienermäßigung bei den Versichertenbeständen verwendet werden.

Die Höhe der Abschläge betrug nach § 130a Abs. 1a SGB V vom 1.8.2010 bis 31.12.2013 16 %, seit 1.4.2014 beträgt der Rabatt gem. § 130a Abs. 1 SGB V 7 %. Für den Einzug der Abschläge nach § 2 AMRabG wurde die zentrale Stelle zur Abrechnung von Arzneimittelrabatten GmbH (ZESAR) gegründet. Weitere Details der Abrechnung wurden zwischen den Spitzenorganisationen der Privaten Krankenversicherungen, den Beihilfeträgern sowie den Pharmazeutischen Unternehmen in einem Rahmenvertrag vereinbart. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Anlage K 1.

Die Klägerin leistete im Jahre 2011 ingesamt 399.566,52 EUR an Abschlägen.

Die Klägerin ist der Ansicht, § 1 AMRabG sei verfassungswidrig. Die Regelung sei mit Art. 12 Abs. 1 GG nicht vereinbar. Der Eingriff in den Schutzbereich sei so intensiv, dass allein vernünftige Gründe des Gemeinwohls den Eingriff nicht zu rechtfertigen vermöchten. Zu berücksichtigen sei, dass mit dem Zwangsrabatt ein privates Unternehmen verpflichtet werde, die Ertragslage eines anderen privaten Unternehmens zu verbessern. Die Ausführungen des BVerfG zur Bedeutung der gesetzlichen Krankenversicherung seien nicht übertragbar. Dem Ziel, der gesamten Bevölkerung einen bezahlbaren Krankenversicherungsschutz zu bieten, sei der Gesetzgeber bereits durch die Einführung des Basistarifs in der privaten Krankenversicherung nachgekommen. Zudem seien in der privaten Krankenversicherung nur die ohnehin finanziell Privilegierten versichert, die durch § 1 AMRabG weiter begünstigt würden.

Die Regelung sei auch nicht zur Sicherung der Beitragsstabilität in der privaten Krankenversicherung geeignet, da die Verwendung zu diesem Zweck zwar in § 1 Satz 4 AMRabG angeordnet, aber die Verwendung für diesen Zweck nicht sichergestellt sei. Auch sei die Höhe der Prämien in der privaten Krankenversicherung nicht nur von den Arzneimittelkosten, sondern von einer Vielzahl anderer Faktoren abhängig.

Der Zwangsrabatt sei nicht erforderlich. Der Schutzbedürftigkeit der Versicherten mit kleinem Einkommen sei durch die Einführung des Basistarifs Rechnung getragen. Außerdem handle es sich bei den Zwangsrabatten um ein fehleranfälliges System. Darüber hinaus fehle die Erforderlichkeit, da Abschläge auch dann zu zahlen seien, wenn den privaten Krankenversicherungen infolge von Selbstbehalten der Versicherten keine Kosten entstanden seien.

Die Regelung sei nicht verhältnismäßig im engeren Sinne. Der Eingriff sei nicht hinreichend spezifisch in Bezug auf das angestrebte Ziel. Zu berücksichtigen sei auch die Höhe der Abschläge und die Fehleranfälligkeit der Berechnung der Abschläge. Eine besondere Belastung liege zudem darin, dass die Zwangsabschläge gerade nicht als Entgeltminderung im Rahmen der Umsatzsteuerbemessung berücksichtigt werden könnten.

Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liege einerseits in der unzulässigen Gleichbehandlung der privaten mit der gesetzlichen K...

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