Entscheidungsstichwort (Thema)
Inkongruenz der Sicherungsabtretung künftiger Forderungen bei Entstehung in den letzten 3 Monaten vor Insolvenzantrag
Normenkette
InsO § 131
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 13.10.2005; Aktenzeichen 22 O 4852/05) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des LG München I vom 13.10.2005 aufgehoben und die Klage abgewiesen, soweit die Klage nicht bereits in erster Instanz abgewiesen bzw. der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt wurde.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Rückzahlung von Forderungen, die der Beklagte als Insolvenzverwalter der Gemeinschuldnerin A. GmbH von Dritten auf einem bei der Klägerin geführten Konto eingezogen hat.
Die Klägerin hat der Gemeinschuldnerin Kredit ausgereicht, wobei der Kontokorrentkredit und der Avalkredit durch eine Globalzession vom 2.10.2001 (Anlage K 3) abgesichert wurden.
Mit Schreiben vom 19.4.2004 hat die Klägerin sämtliche Darlehen mit der Gemeinschuldnerin gekündigt und zum 3.5.2004 fällig gestellt. Die Darlehen waren valutiert mit 46.369,42 EUR, 8.445,17 EUR und 138.739,93 EUR.
Die Gemeinschuldnerin hat am 18.3.2004 Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim AG München - Insolvenzgericht - gestellt. Mit Beschluss vom 24.3.2004 wurde der Beklagte zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Anlage K 5 Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 26.5.2004 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.
Die Gemeinschuldnerin hatte gegen Dritte offene Forderungen. Die den Forderungen zugrunde liegenden Verträge der Schuldnerin mit ihren jeweiligen Auftraggebern sind in der Weise gestaltet, dass die Dienstleistung täglich erfolgt und am Ende des Monats abgerechnet und Rechnung gestellt wird. Dabei ist die für die Abrechnung erforderliche Zahl der tatsächlichen Essensteilnehmer (Gedeckzahl) über ein Kassenabrechnungssystem unter Berücksichtigung eigener Essen der Mitarbeiter der Schuldnerin zu ermitteln (vgl. Anlage B 16).
Der Beklagte zog deshalb am 22.4.2005 von einer Fa..F. GmbH 40.777,75 EUR ein. Unter Bezugnahme auf den Bericht des Beklagten vom 1.9.2004 hat die Klägerin vorgetragen, dass der Beklagte nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens weitere 27.118 EUR (A. 8.649,19 EUR und 15.820,27, F. 81,85 EUR, S. 2.566,69) eingezogen habe. Abzüglich eines Kostenbeitrags des Beklagten i.H.v. 2.440,62 EUR, also i.H.v. 65.455,13 EUR, habe der Beklagte die Forderungen aber zu Unrecht eingezogen, da diese Beträge der Klägerin aufgrund der Globalzession zugestanden hätten.
Gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird im Übrigen auf die tatsächlichen Feststellungen im Endurteil des LG München I vom 13.10.2005 Bezug genommen.
Das LG ist davon ausgegangen, dass die Ansprüche der Gemeinschuldnerin mit Erbringung der jeweiligen Leistungen entstanden sind und nicht erst mit Abrechnung. Die Klägerin hätte daher Anspruch auf Aussonderung der eingezogenen Forderungen, die bis einschließlich 23.3.2004 entstanden seien, da am 24.3.2004 vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet worden sei und die danach entstandenen Forderungen von der Globalzession nicht umfasst seien. Die klägerischen Ansprüche beliefen sich daher auf 51.929,48 EUR (vgl. LGU S. 8/9), abzuziehen seien gem. § 171 InsO ein Kostenbeitrag von 1.781,01 EUR, so dass ein Betrag von 50.148,46 EUR zugunsten der Klagepartei verbleibe. Insoweit (plus Zinsen) hat das Erstgericht den Beklagten zur Zahlung an die Klägerin verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Eine weitere Reduzierung zugunsten des Beklagten sei abzulehnen, denn von der Globalabtretung erfasst seien die Bruttobeträge, die Umsatzsteuer könne deshalb nicht abgezogen werden. Eine Anfechtung nach § 131 InsO scheide aus, da die Rechtshandlung, die die Sicherung gewähre (Kreditglobalzession) mit Abschluss der Kreditgewährung und damit außerhalb der in § 131 InsO beschriebenen Zeiträume vorgenommen worden seien.
Der Beklagte erhebt gegen das landgerichtliche Urteil Berufung mit der Begründung, die Anfechtung gem. § 131 InsO sei zu Unrecht abgelehnt worden. Auf Hinweis des Gerichts hat der Beklagte die gem. § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbaren Forderungen näher dargelegt, also die in den Abrechnungen für März 2004 enthaltenen Beträge, soweit sie nicht bereits rechtskräftig (d.h. ab 24.3.2004) vom LG verbeschieden wurden. Danach entfällt für die Zeit vom 1.3. bis 17.3.2004 (innerhalb des ersten Monats vor Antragstellung am 18.3.2004) beim A. 11.860,40 EUR und 4.820,36, bei S. 1.561,08 EUR, bei F. 81,85 EUR, 18.956,05 und 6.268,57, in der Zeit vom 18.3. bis 23.3.2004 (nach Antragstellung bis Anordnung der ...