Entscheidungsstichwort (Thema)

Nutzungsbeschränkungen eines auslegungsfähigen Geh- und Fahrtrechts

 

Normenkette

BGB §§ 1018, 1020; ZPO § 256

 

Verfahrensgang

LG München II (Urteil vom 14.10.2015; Aktenzeichen 10 O 1825/15)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG München II vom 14.10.2015, Az. 10 O 1825/15, im Kostenausspruch und in Ziffer II abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Ausübung des im Grundbuch von M. des AG E. auf den Blättern ... 72,... 73 und ... 74 jeweils unter laufender Nummer 3 eingetragenen Geh- und Fahrtrechts für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks Flurnummer ... 17/2 der Gemarkung M. nicht davon abhängig ist, dass vor der Ausübung mitgeteilt wird, welche Mitarbeiter der Klägerin mit welchen Fahrzeugen wann die Fahrt nutzen wollen, insbesondere nicht davon abhängig ist, welche Amtsbezeichnung und Funktion die Mitarbeiter der Klägerin haben und welcher Fahrzeugtyp mit welchem Kennzeichen eingesetzt werden soll.

2. Die Anschlussberufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

3. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das Urteil des LG München II vom 14.10.2015, Az. 10 O 1825/15, ist in Ziffer I. ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Modalitäten der Ausübung eines Geh- und Fahrtrechts.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Flurnummer ... 17/2, Grundbuch des AG E. von M. Blatt 752 (K 1). Auf diesem Grundstück befindet sich das gemeindliche Wasserhaus, in dem eine Kolbenpumpe den erforderlichen Druck für die kommunale Trinkwasserversorgung sicherstellt. Die Erschließung dieses Grundstücks erfolgt über ein zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Grundstücks Flurnummer ... 17/2 und zulasten des Grundstücks Flurnummer ... 17 aufgrund Vertrags vom 27.2.1964 (K 6) unter der laufenden Nummer 3 im Grundbuch auf Bl ... 72,... 73 und ... 74 eingetragenen Geh- und Fahrtrechts.

Die Beklagten sind jeweils Miteigentümer zu 1/2 eines Miteigentumsanteils von 2/6 verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung Nr. 1, eines Miteigentumsanteils von 1/6 verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung Nr. 2, sowie eines Miteigentumsanteils von 3/6 verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung Nr. 3 des dienenden Grundstücks Flurnummer ... 17 der Gemarkung M., Grundbuchblätter ... 72,... 74 und ... 74.

Unter dem Aktenzeichen 2 C 1061/12 haben die Parteien bereits vor dem AG Ebersberg bzw. vor dem LG München II als Berufungsinstanz, Az. 2 S 3863/13, ein Verfahren über den Bestand des auch hier streitgegenständlichen Geh- und Fahrtrechts geführt. Mit rechtskräftigem Urteil vom 9.9.2014 wurden die hiesigen Beklagten verurteilt, der Klägerin die Ausübung des Geh- und Fahrtrechts zu ermöglichen. Der Verlauf des Fahrtrechts ist aus der pink gestrichelten Linie in der Anlage B 2 ersichtlich.

Die Klägerin hat vor dem LG die Auffassung vertreten, dass das ins Grundbuch eingetragene Geh- und Fahrtrecht sie berechtige, mit Fahrzeugen aller Art und Gewicht ohne weitere Vorankündigung über das dienende Grundstück zu fahren. Da die Beklagten diesen Umfang des Geh- und Fahrtrechts bestritten und die Ausübung von Mitteilungen zu Person des Fahrzeugführers und Fahrzeugart abhängig gemacht hätten (Schreiben K 7, K 8, K 9), habe sie ein Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 ZPO an der begehrten Feststellung, dass die Ausübung nicht auf Fahrzeuge bis zu 1,5 t beschränkt sei und nicht von den gewünschten weiteren Mitteilungen abhänge.

Die Beklagten haben vorgetragen, dass die Inanspruchnahme des Geh- und Fahrtrechts schon nicht erforderlich sei, weil die Klägerin das herrschende Grundstück bewirtschaften könne, ohne über das dienende Grundstück zu fahren. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass die Fahrt ausschließlich zum Zweck der Sicherung der Trinkwasserversorgung erfolgen dürfe; eine Überfahrt etwa zum Bachaushub oder zu Mäharbeiten sei nicht zulässig. Dies ergebe sich daraus, dass in der Vereinbarung von 1964 sowohl ein Rohrleitungsrecht als auch ein Fahrtrecht eingeräumt worden sei. Da es bei Eintragung des Rechts noch keine so schweren Maschinen wie heute gegeben habe, sei mit schwerem Gerät keine Überfahrt erlaubt. Der Einsatz solchen Geräts sei auch nicht erforderlich. Die Beklagten hätten den Zufahrtsbereich aufwändig instandgesetzt, der Unterbau sei für schwere Fahrzeuge nicht geeignet, in der Fahrt liegende Rohre würden bei Ausübung des Fahrtrechts unweigerlich beschädigt. Aufgrund der mehrfachen früheren Beschädigungen und anschließend verweigerten Schadensregulierung sei es erforderlich, dass die Klägerin ihre Besuche ankündige und die Maßnahmen zeitlich und inhaltlich mit den Beklagten abstimme. Ein Feststellungsinteresse der Klägerin bestehe nicht. Die Klage sei abzuweisen.

Auf die tatsächlichen Feststellungen des e...

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