Entscheidungsstichwort (Thema)
Fahreignung eines Kraftfahrers
Leitsatz (amtlich)
1. Die Führerscheinrichtlinie 91/439/EWG vom 29.7.1991 in der Fassung der Richtlinie 97/267EG vom 2.6.1997 lässt in der Auslegung, die sie durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 29.4.2004 (Kapper) gefunden hat, keinen Raum für die Prüfung der Fahreignung eines Kraftfahrers, der nach Entzug der Fahrerlaubnis in Deutschland und nach Ablauf einer Sperrfrist in einem Mitgliedsstaat eine Fahrerlaubnis erworben hat, durch die deutschen Behörden und die Aberkennung der in dem Mitgliedsstaat erworbenen Fahrerlaubnis in Deutschland.
2. Isolierte entgangene Gebrauchsvorteile aus einer Fahrerlaubnis sind nicht schadensersatzfähig.
Verfahrensgang
LG Passau (Urteil vom 19.01.2007; Aktenzeichen 4 O 926/06) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers hin wird das Urteil des LG Passau vom 19.1.2007 dahingehend abgeändert, dass der Beklagte verurteilt wird, an den Kläger 871,511 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 21.11.2006 zu bezahlen.
II. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 95 % und der Beklagte 5 %.
IV. Die Revision zum BGH wird zugelassen.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern der Vollstreckende nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger verlangt vom Beklagten Schadensersatz wegen behaupteter amtspflichtwidriger Untersagung des Gebrauchmachens von einer tschechischen Fahrerlaubnis in Deutschland.
Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger. Mit Strafbefehl des AG Freyung wurde ihm am 4.8.1995 die Fahrerlaubnis wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr entzogen. Am 23.5.1996 wurde dem Kläger die Fahrerlaubnis der Klasse 2 wieder erteilt. Mit seit 15.5.2001 rechtskräftigem Urteil vom selben Tag entzog das AG Passau dem Kläger die Fahrerlaubnis wegen unerlaubtem Entfernens vom Unfallort und fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr und verhängte eine Sperrfrist von zehn Monaten.
Am 25.1.2002 beantragte der Kläger beim Landratsamt P. die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis. Das Landratsamt forderte den Kläger am 27.3.2002 auf, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen. Dem kam der Kläger nicht nach. Mit Erklärung vom 5.11.2002 nahm er den Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis zurück. Am 23.9.2004 erwarb der Kläger in Tschechien einen Führerschein der Klasse B. Nachdem das Landratsamt P. am 3.5.2005 davon Kenntnis erhalten hatte, forderte es den Kläger mit Schreiben vom 11.5.2005 auf, bis 25.6.2005 ein medizinisch-psychologisches Fahreignungsgutachten vorzulegen. Da der Kläger dem nicht nachkam, erkannte das Landratsamt ihm mit Bescheid vom 4.7.2005 das Recht ab, von der tschechischen Fahrerlaubnis auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen. Hiergegen beantragte der Kläger vorläufigen Rechtsschutz gem. § 80 Abs. 5 VwGO. Der Antrag blieb sowohl vor dem Verwaltungsgericht Regensburg als auch beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof erfolglos. Dem Kläger entstanden in diesem Verfahren Kosten i.H.v. 871,51 EUR.
Im Hauptsacheverfahren vor dem Verwaltungsgericht Regensburg wurde der Bescheid vom 4.7.2005 vom Landratsamt auf den Beschluss des EuGH vom 6.4.2006 (Halbritter gegen Freistaat Bayern) hin zurückgenommen. Die Kosten des Hauptsacheverfahrens wurden daraufhin dem Beklagten auferlegt.
Der Kläger hat im ersten Rechtszug den Standpunkt vertreten, dass das Vorgehen das Landratsamts P. ersichtlich nicht mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 29.104.2004 (Kapper) zu vereinbaren gewesen sei und der Beklagte ihm folglich aus Amtspflichtverletzung schadensersatzpflichtig sei. Ihm stehe neben dem Ersatz der im Verfahren gem. § 80 Abs. 5 VwGO entstandenen Kosten für jeden Tag, an dem er von seinem Führerschein keinen Gebrauch habe machen können, als weiterer Schadensersatz ein Betrag von 40 EUR zu.
Der Kläger hat im ersten Rechtszug beantragt:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger
a) 871,51 EUR sowie
b) 14.840 EUR
insgesamt also 15.711,51 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Er hat die Auffassung vertreten, dass seinen Behörden keine Amtspflichtverletzung unterlaufen sei.
Mit Urteil vom 19.1.2007, dem Klägervertreter zugestellt am 23.1.2007, auf das wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das LG Passau die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die am 19.2.2007 eingegangene Berufung des Klägers, die am 28.2.2007 begründet wurde.
Der Kläger bringt vor, dass aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 29.4.2004 (Kapper) offensichtlich gewesen sei, dass den Behörden des Beklagten die von diesen in Anspruch genommene Prüfungs- und Ve...