Entscheidungsstichwort (Thema)
Erfolglose Verjährungseinrede gegen Anspruch auf Buchauszug
Normenkette
BGB § 242; HGB § 87c; HGB § 87c Abs. 2; ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Ingolstadt (Urteil vom 28.07.2015; Aktenzeichen 1 HK O 901/14) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Ingolstadt vom 28.07.2015, 1 HK O 901/14, dahingehend abgeändert,
1. dass der Buchauszug bei Dynamisierung des Vertrages nur soweit der Vertrag ab dem 01.07.2012 vermittelt wurde, Angaben zu
- Erhöhung der Jahresprämie
- Wertungssumme des Erhöhungsgeschäfts
- Anpassungszeitraum
- Steigerungssatz
- ggf. Aussetzungszeiträume
zu enthalten hat.
2. dass Ziffer I 13 aufgehoben wird
3. und die Klage insoweit abgewiesen wird.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin war für die Beklagte bis zum 13.12.2013 als Handelsvertreterin tätig und begehrt einen Buchauszug.
Das LG, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat der Klage stattgegeben.
Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die die Einrede der Verjährung erhebt und insbesondere rügt, der Anspruch sei jedenfalls nach § 242 BGB verwirkt. Das LG habe verkannt, dass der Anspruch erfüllt sei. Der ausgeurteilte Umfang des Buchauszugsanspruchs sei sehr viel weiter, als es für tatsächliche Berechnung bzw. Überprüfung der Provision erforderlich sei.
Die Beklagte beantragt:
Unter Abänderung des Urteils des LG Ingolstadt vom 28.07.2015, Az. 1 HK O 901/14, wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil.
Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten hat nur zum Teil Erfolg.
Die Klägerin hat nach § 87c Abs. 2 HGB Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs, allerdings in geringerem Umfang als vom LG ausgeurteilt.
1. Die Klägerin war unstreitig Handelsvertreterin der Beklagten. Sie kann daher gemäß § 87c HGB Buchauszug für die Geschäfte verlangen, für die ihr nach § 87 HGB Provision gebührt.
Der einem Handelsvertreter zustehende Buchauszug muss nur die Angaben enthalten, die nach der zwischen dem Unternehmer und dem Handelsvertreter geschlossenen Vereinbarung für die Berechnung, die Höhe und die Fälligkeit der Provision von Bedeutung sind.
1.1. Soweit die Beklagte rügt, es seien keine Bestandspflegeprovisionen vereinbart, tut sie dies unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs (s.u. Ziffer 2). Sie bezieht sich dabei nicht auf eine bestimmte Ziffer des angegriffenen Urteils. Auf den Hinweis gemäß § 139 ZPO in der Verfügung vom 14.04.2016 (Bl. 117f d.A.), der Rüge der Berufungsführerin, das LG differenziere nicht zwischen den Informationen, die die Klägerin angeblich in Bezug auf Dynamikprovisionen, Bestandsprovisionen und Abschlussprovisionen benötige, lasse sich nicht entnehmen, auf welche Ziffer des angegriffenen Urteils sie sich beziehe, hat die Beklagte bezüglich Bestandsprovisionen nichts vorgetragen. Verurteilt wurde die Beklagte auch nur zur Erteilung eines Buchauszugs über die von der Klägerin vermittelten Geschäfte.
1.2. Hinsichtlich Ziffer I 12 des angegriffenen Urteils hat die Berufung nur zum Teil Erfolg.
Unstreitig wurden Dynamikprovisionen für ab dem 01.07.2012 vermittelte Versicherungsverträge vereinbart (Seite 5 der Berufungsbegründung, Bl. 83 d.A.). Für ab diesem Zeitpunkt vermittelte Verträge mit Dynamisierung hat die Berufung keinen Erfolg.
Soweit die Klägerin für den Zeitraum davor im Rahmen des Buchauszuges Angaben zur Erhöhung der Jahresprämie, zur Wertungssumme des Erhöhungsgeschäfts, zum Anpassungszeitraum und zum Steigerungssatz verlangt, müsste sie - worauf sie mit Verfügung 14.04.2016 (Bl. 117 d.A.) hingewiesen wurde - darlegen, woraus sich der Anspruch auf Dynamikprovisionen ergeben soll. Sie hat dazu lediglich ausgeführt, die "Wertungssumme" erhöhe sich aufgrund der vereinbarten Dynamik im Jahr der Anpassung; der Anspruch der Klägerin auf Vergütung einer entsprechenden Dynamikprovision sei nichts anderes als ein auflösend bedingter Anspruch auf Bezahlung der Abschlussprovision (Seite 2 des Schriftsatzes vom 10.05.2016, Bl. 124 d.A.). Ohne Erfolg beruft sie sich in diesem Zusammenhang auf das Urteil des OLG Köln vom 01.08.2003 (Anlage BB7). In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall hatten die Parteien einen Provisionsanspruch für dynamische Erhöhungen von Lebensversicherungsverträgen explizit vereinbart (OLG Köln, Urteil vom 01.08.2003, 19 U 39/032, juris Tz. 16 f.). Eine entsprechende Regelung wird von der Klägerin nicht darlegt und ist auch sonst nicht ersichtlich. Eine "Dynamikprovision" oder "Dynamisierung" wird in dem streitgegenständlichen Handelsvertretervertrag nicht ausdrücklich erwähnt. Gemäß § 9 Nr. 4 des Vertrages i.V.m. dessen Anlage I bestimmt sich die Höhe der Eigenprovisionen des Handel...