Leitsatz (amtlich)

1. Zur Unzulässigkeit einer Vollstreckungsabwehrklage, wenn der Titelschuldner seinen Erfüllungseinwand auch im Zwangsmittelverfahren (Zwangsgeld zur Vollstreckung nicht vertretbarer Handlungen) geltend gemacht hat.

2. Erklären die Titelgläubiger im Zwangsmittelverfahren rechtsverbindlich, den Vollstreckungstitel herauszugeben, falls das Vollstreckungsgericht im Zwangsmittelverfahren den Erfüllungseinwand des Titelschuldners als begründet ansieht, kann einer gleichzeitig vom Vollstreckungsschuldner erhobenen Vollstreckungsabwehrklage das Rechtsschutzbedürfnis fehlen.

 

Normenkette

BGB § 362; ZPO §§ 764, 767, 888

 

Verfahrensgang

LG München II (Aktenzeichen 11 O 3503/19)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 29.09.2022; Aktenzeichen I ZR 180/21)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 20.05.2020, Az. 11 O 3503/19, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München II ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von den Beklagten, seinen Geschwistern, dass die Zwangsvollstreckung aus dem rechtskräftigen Teilurteil des Landgerichts München II vom 24.02.2017, Az.: 13 O 5937/15, wegen Erfüllung für unzulässig erklärt wird.

Der Kläger ist Alleinerbe des am 29.10.2012 verstorbenen Vaters der Parteien, Herrn F. N. Im vorgenannten Verfahren erwirkten die Beklagten im Rahmen einer Pflichtteilsstufenklage durch Teilurteil vom 24.02.2017, rechtskräftig nach Berufungsrücknahme seitens des hiesigen Klägers vom 22.12.2017, in der 1. Stufe einen Titel auf Auskunftserteilung durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses über den streitgegenständlichen Nachlass nebst lebzeitigen Zuwendungen des Erblassers (Anlage K 1). Am 05.03.2018 stellten die hiesigen Beklagten im vorgenannten Verfahren gegen den Kläger einen Antrag auf Festsetzung von Zwangsmitteln nach § 888 ZPO, da die bis dahin allein erfolgte Beauftragung eines Notars mit der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses für eine Erfüllung nicht ausreiche. Am 13.05.2019 wurde das notarielle Nachlassverzeichnis (Anlage K 2) erstellt und den hiesigen Beklagten am 14.05.2019 übermittelt. Der Antrag nach § 888 ZPO wurde aufrechterhalten mit der Begründung das notarielle Nachlassverzeichnis sei lückenhaft. Über diesen Antrag wurde bislang nicht entschieden.

Die Beklagten haben im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits mit Schriftsatz vom 04.02.2020 (Bl. 86/90) folgende Erklärung abgegeben:

"Für den Fall, dass im Ausgangsverfahren umgekehrten Rubrums, Az. 13 O 5937/15 des Landgerichts München II, der Antrag der dortigen Kläger auf Festsetzung von Zwangsmitteln nach § 888 ZPO insgesamt rechtskräftig - ggf. nach Ausschöpfung zur Verfügung stehender Rechtsmittel - mit der Begründung zurückgewiesen werden sollte, dass die mit Urteil des Landgerichts München II vom 24.02.2017 titulierte Auskunftsverpflichtung vollständig erfüllt sei, verpflichten sich die hiesigen Beklagten und dortigen Kläger, diese Entscheidung anzuerkennen. Sie werden in diesem Fall insbesondere keine Zwangsvollstreckungsversuche aus besagtem Urteil mehr unternehmen und die entwertete Urteilsausfertigung an den hiesigen Kläger und dortigen Beklagten herausgeben."

Im Übrigen nimmt der Senat hinsichtlich des Sach- und Streitstands auf die Feststellungen im Endurteil des Landgerichts München II vom 20.05.2020 Bezug, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Ergänzungen haben sich insoweit ergeben, als der Kläger mit Nachtragsurkunde des für die Erstellung des Nachlassverzeichnisses zuständigen Notars vom 24.08.2020 (Anlage K 6), das Nachlassverzeichnis vom 13.05.2019 ergänzt hat, da die Mutter der Parteien - nach anfänglicher Weigerung (Anlage K 7) - nunmehr doch dem Notar Zutritt zu ihren beiden Häusern und den Ferienwohnungen gewährt hatte, so dass der dort befindliche Hausrat des Erblassers aufgenommen werden konnte (Berufungsbegründung, S. 11 ff., Bl. 157 ff.).

Das Erstgericht hat die Vollstreckungsgegenklage als unzulässig mangels Rechtsschutzbedürfnis abgewiesen, da dem Kläger derzeit ein einfacherer und billigerer Weg zur Geltendmachung seiner Einwendungen im Zusammenhang mit der Erfüllung seiner Pflichten im parallel anhängigen, von den Beklagten angestrengten Vollstreckungsverfahren zur Verfügung stehe. Im Übrigen stehe der Kläger im Lichte der Erklärung der Beklagten vom 04.02.2020, so sich sein Erfüllungseinwand im Vollstreckungsverfahren als begründet erweise, nicht anders als bei einem Erfolg seiner Vollstreckungsgegenklage. Weiterer Vollstreckungsversuche sei er dann nicht mehr ausgesetzt. Unter d...

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