Entscheidungsstichwort (Thema)
Eintragung, Berufung, Frist, Gemarkung, Auslegung, AGB, Kaufpreis, Gemeinde, Grundbuch, Revision, Angemessenheit, Wirksamkeit, Berufungsverfahren, Vertrag, Fortbildung des Rechts, Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, Die Fortbildung des Rechts
Verfahrensgang
LG Landshut (Urteil vom 01.07.2020; Aktenzeichen 91 O 2179/19) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 01.07.2020, Az. 91 O 2179/19, aufgehoben.
2. Die Klage wird abgewiesen.
3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 30.407,55 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger macht einen Rückübertragungsanspruch aus einem notariellen Kaufvertrag über ein Grundstück geltend.
Der Kläger - eine Marktgemeinde in Niederbayern - verkaufte mit notariellem Vertrag vom 21.01.1994 dem Beklagten das Grundstück Flst. Nr. ...86/74 der Gemarkung F. zum Preis von 59.472,00 DM (30.407,55 EUR). Das Grundstück hat eine Größe von 944 qm. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es sich um einen marktgerechten Preis handelte.
In den Ziffern XI. und XII. des notariellen Vertrages (Anlage K1) vereinbarten die Parteien eine Rückübertragungsverpflichtung u.a. für den Fall, dass der Beklagte nicht innerhalb einer Frist von acht Jahren auf dem Grundstück ein Wohngebäude errichtet. Auf Verlangen des Verkäufers ist der Käufer danach verpflichtet, das Eigentum an dem Vertragsgrundstück an den Käufer kosten- und lastenfrei rückzuübertragen. Im Gegenzug soll der Käufer den damaligen Kaufpreis sowie aufgewendete Kosten für Erschließungsmaßnahmen erhalten. Eine ausdrückliche Regelung für die Frist zur Ausübung des Wiederkaufsrechts findet sich in der Vertragsurkunde nicht.
In der Folgezeit errichtete der Beklagte kein Gebäude.
Mit Schreiben vom 14.11.2014 teilte die Klagepartei durch ihren 1. Bürgermeister mit, dass sie von ihrem Rückübertragungsrecht Gebrauch mache (Anlage K2).
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag vom 21.01.1994 (Anlage K1) sowie den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Erstinstanzlich beantragte der Kläger:
1. Der Beklagte wird verurteilt, das Grundstück FlNr.: ...86/74 der Gemarkung F., H.-Weg 3, ... F., an den Kläger aufzulassen und die Eintragung im Grundbuch zu bewilligen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.474,89 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Der Beklagte beantragte
Klageabweisung.
Er ist der Auffassung, dass der geltend gemachte Anspruch wegen Verstoßes gegen das Gebot angemessener Vertragsgestaltung nicht bestehe. Außerdem sei der Rückübertragungsanspruch verjährt.
Mit Endurteil vom 01.07.2020 verurteilte das Landgericht den Beklagten antragsgemäß. Der Kläger habe ein berechtigtes Interesse daran, dass der Käufer der Bauverpflichtung nachkomme. Damit solle Wohnraum geschaffen und Bodenspekulation verhindert werden. Die vertragliche Ausgestaltung der Bauverpflichtung sei nicht zu beanstanden. Aus dem Gebot angemessener Vertragsgestaltung ergebe sich keine Pflicht zur Prämierung rechtswidrigen Verhaltens. Der Anspruch sei auch nicht verwirkt, da zum erforderlichen Umstandsmoment nichts vorgetragen worden sei.
Mit seiner Berufung verfolgt der Beklagte wie schon erstinstanzlich die Abweisung der Klage. Seine Berufung begründet er im Wesentlichen wie folgt:
"Die Voraussetzungen für den geltend gemachten Rückübertragungsanspruch lägen nicht vor. Die diesbezüglichen vertraglichen Vereinbarungen verstießen gegen das Verbot der angemessenen Vertragsgestaltung im Sinne von § 11 Abs. 2 BauGB. Das Landgericht habe die Klauseln Ziffer XI. und XII. unzulässig vermischt. Es bestehe schon keine Bebauungsverpflichtung gemäß Ziffer XI. des notariellen Vertrags. Zu berücksichtigen sei, dass der vom Beklagten bezahlte Kaufpreis nicht subventioniert gewesen sei, sondern dem Marktniveau entsprochen habe. Deshalb müsse er als Eigentümer auch die uneingeschränkte Entscheidungsfreiheit über sein Grundstück behalten. Im Übrigen habe der Kläger innerhalb der achtjährigen Frist nicht auf die Pflicht zur Bebauung hingewiesen. Das Urteil verletze den Beklagten mithin in seinem Recht aus Art. 14 Abs. 1 GG. Zudem müsse bei der Prüfung der angemessenen Vertragsgestaltung eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung vorgenommen werden. Vorliegend stehe die Rückübertragungsverpflichtung nicht in einem angemessenen Verhältnis zur unterlassenen Bebauung. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Beklagte 'prämiert' worden wäre, wenn die nach dem...