Entscheidungsstichwort (Thema)
Neulieferung Pkw - Dieselskandal
Normenkette
BGB §§ 134, 241-242, 280, 311 Abs. 2, § 437 Nr. 1, § 439 Abs. 1; EG-FGV § 27 Abs. 1 S. 1; ZPO § 128 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Landshut (Urteil vom 08.11.2018; Aktenzeichen 24 O 2002/17) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 8. November 2018, Az. 24 O 2002/17, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Landshut ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 31.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin macht Gewährleistungsansprüche aus dem Kauf eines vom "Dieselskandal" betroffenen Fahrzeugs geltend. Sie begehrt von der beklagten Verkäuferin vorrangig die Neulieferung eines Pkw an ihren vormaligen Gesellschafter Dr. W. Zug um Zug gegen Rückübereignung des gekauften Autos.
Die Klägerin erwarb von der Beklagten, einer Autohändlerin, mit verbindlicher Bestellung vom 25. März 2014 (K 1) den fabrikneuen Pkw VW Touran 2,0 l TDI, FIN: WV...55 zum Preis von EUR 31.000,00 für ihre betriebliche Tätigkeit. Der Pkw ist mit einem 2,0-Liter Dieselmotor des Typs EA189, Schadstoffnorm Euro 5 ausgestattet. Für den Fahrzeugtyp wurde die Typgenehmigung nach der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 mit der Schadstoffklasse Euro 5 erteilt.
Das Fahrzeug wurde ausschließlich vom damaligen Gesellschafter der Klägerin Dr. H. W. benutzt. Dieser veräußerte zum 1. Januar 2018 seine Geschäftsanteile an der Klägerin; im Zuge der Auseinandersetzung wurde ihm der fragliche Pkw übereignet, alle Ansprüche der Gesellschaft aus dem mit der Beklagten abgeschlossenen Kaufvertrag wurden an ihn abgetreten.
Die im Zusammenhang mit dem o.g. Motor verwendete Software erkennt, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) unterzogen wird und schaltet in diesem Fall in den Abgasrückführungsmodus 1, einen Stickoxid (NOx)-optimierten Modus. In diesem Modus findet eine Abgasrückführung mit niedrigem Stickoxidausstoß statt. Im normalen Fahrbetrieb außerhalb des Prüfstands schaltet der Motor dagegen in den Abgasrückführungsmodus 0, bei dem die Abgasrückführungsrate geringer und der Stickoxidausstoß höher ist. Für die Erteilung der Typgenehmigung der Emissionsklasse 5 maßgeblich war der Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand. Die Stickoxidgrenzwerte der Euro 5-Norm wurden nur im Abgasrückführungsmodus 1 eingehalten.
Im September 2015 räumte die Herstellerin des o.g. Pkw öffentlich die Verwendung einer entsprechenden Software ein. Unter dem 15. Oktober 2015 erging gegen sie ein bestandskräftiger Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) mit nachträglichen Nebenbestimmungen zur Typgenehmigung, der auch das o.g. Fahrzeug betrifft. Das KBA ging vom Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung aus und gab der Herstellerin auf, diese zu beseitigen und die Einhaltung der maßgeblichen Grenzwerte anderweitig zu gewährleisten. Die Herstellerin gab mit Pressemitteilung vom 25. November 2015 bekannt, Software-Updates durchzuführen, mit denen diese Software aus allen Fahrzeugen mit Motoren des Typs EA189 mit 2,0-Liter-Hubraum entfernt werden sollte.
Mit Anwaltsschreiben vom 30. November 2015 (K 2) forderte Dr. W. die Beklagte unter Fristsetzung zum 11. Januar 2016 erfolglos zur Nachlieferung eines Neuwagens gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs auf.
Im Dezember 2015 informierte die Herstellerin ihre Kunden mit einer Presseerklärung darüber, dass "zur Lösung der NOx-Abgasthematik" ein Software-Update bei den einzelnen Pkw durchgeführt werde (B 3). Unter dem 20. Juni 2016 bestätigte das KBA u.a. hinsichtlich der Modellreihe des klägerischen Pkw (Motorkennbuchstaben CFHC), dass das geplante Software-Update geeignet sei, die Vorschriftsmäßigkeit der Fahrzeuge herzustellen, insbesondere würden die Grenzwerte eingehalten und die ursprünglich vom Hersteller angegebenen Kraftstoffverbrauchswerte, CO2-Emissionen und Geräuschemissionswerte sowie die bisherige Motorleistung und das maximale Drehmoment unverändert bleiben (B 1).
Am 26. Oktober 2016 ließ Dr. W. das Software-Update aufspielen (K 3a); Klageerhebung erfolgte mit Schriftsatz vom 31. Juli 2017.
Die Klägerin hat vor dem Landgericht die Auffassung vertreten, dass das gekaufte Fahrzeug wegen der unzulässigen Abschalteinrichtung einen Sachmangel aufweise, weshalb sie einen Anspruch auf Neulieferung eines mangelfreien fabrikneuen und typengleichen Ersatzfahrzeugs aus der aktuellen Serienproduktion des Herstellers ...