Normenkette
BGB §§ 241, 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 03.03.2006; Aktenzeichen 35 O 17556/05) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des LG München I vom 3.3.2006 aufgehoben.
II. Der Beklagte ist dem Grunde nach verpflichtet, der Klägerin zu 2) alle Schäden zu ersetzen, die dieser dadurch entstanden sind, dass sie vom Beklagten nach Abrücken vom ursprünglichen Mindestgebot von 8,9 Mio. bezüglich des Grundstücks H.-strasse 4 (Grundbuch des AG M. für S. Blatt ....) an den weiteren Verkaufsverhandlungen nicht mehr beteiligt wurde.
III. Zur Durchführung des Betragsverfahrens wird der Rechtsstreit an das LG München I zurückverwiesen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerinnen (im Berufungsverfahren nurmehr die Klägerin zu 2)) verlangen vom Beklagten Schadensersatz (entgangenen Gewinn) wegen Pflichtverletzung in einem Bieterverfahren.
Der Beklagte war Alleineigentümer des im Grundbuch des AG M. für S. Bl. .... vorgetragenen Grundstücks an der H.-Strasse/L.-strasse, das vormals zum Betrieb der H. Klinik genutzt wurde.
Anfang April 2003 beauftragte der Beklagte die P. AG damit, für dieses Grundstück Kaufinteressenten nachzuweisen und einen Kaufvertragsabschluss zu vermitteln. Im April/Mai 2003 bot die P. AG das Grundstück insgesamt 34 Unternehmen zum Kauf an, der Klägerin zu 2) gegenüber geschah dies mit Schreiben vom 22.4.2003 (Anlage B 2). Den Angebotsschreiben war jeweils ein Exposé beigefügt (Anlage B 3), in dem der Kaufpreis mit 8,9 Mio. EUR angegeben, die Abbruchkosten auf ca. 250.000 EUR geschätzt und der voraussichtliche Räumungstermin mit ca. Juni 2003 bekannt gegeben wurde. Hinsichtlich der Bebaubarkeit wurde auf einen Vorbescheid Bezug genommen, nach dem bei einer Geschossflächenzahl von ca. 1,87 etwa 43 % Gewerbenutzung und ca. 57 % Wohnnutzung zulässig sein sollten. In der Folgezeit bekundeten acht Unternehmen, darunter auch die Klägerin zu 2), ihr Interesse an einem Erwerb des Grundstücks.
Mit Schreiben vom 14.5.2003 (Anlage B 4) bat die P. AG die Klägerin zu 2), bis spätestens zum 28.5.2003 ein schriftliches Kaufpreisangebot abzugeben und informierte dabei u.a. darüber, dass die Räumung des Baubestands entgegen der ursprünglichen Annahme erst zum 1.10.2003 möglich sei und dass nach einer mündlichen Rückfrage bei der Lokalbaukommission der Landeshauptstadt M. auch eine 100 %-ige Wohnbebauung des Grundstücks möglich sei. Entsprechende Schreiben wurden auch den anderen Interessenten übermittelt.
Mit Schreiben vom 28.5.2003 teilte die Klägerin zu 2) der P. AG mit, dass sie den Wert des baureifen Grundstücks "ohne Beeinträchtigung für Wohnen" bei 9,0 Mio. EUR sehe (Anlage B 5).
Da die Kaufpreisgebote der Mehrzahl der Interessenten noch unter dem Vorbehalt fehlender Zustimmung unternehmensinterner Gremien abgegeben worden waren, bestimmte die P. AG eine zweite Bieterrunde zur Abgabe vorbehaltloser Kaufpreisgebote. Mit Schreiben vom 10.6.2003 (Anlage B 6) bat die P. AG die Klägerin zu 2) (und dementsprechend auch die übrigen verbliebenen Interessenten) Kaufpreisangebote ohne Gremienvorbehalt bis spätestens 18.7.2003, 12.00 Uhr abzugeben. In diesem Schreiben wurde weiter darauf hingewiesen, dass bei gleichlautenden Geboten in Abstimmung mit dem Beklagten entschieden werde, wer den Zuschlag erhalten solle.
Mit Beschluss vom 25.6.2003 (Anlage B 7) stimmte der Bezirksausschuss des Beklagten der Veräußerung des Grundstücks zu. Im Beschluss heißt es u.a.:
"Der Bezirksausschuss stimmt der Veräußerung des Grundbesitzes an die meistbietende Firma über dem geforderten Mindestkaufpreis von 8.900.000 EUR zu ....
Sollte der Vertragsschluss mit der höchstbietenden Firma nicht zustande kommen können, ist der Zuschlag der Firma mit dem nächsthöheren Gebot zu erteilen.
Firmen, deren Gebot unter dem geforderten Mindestkaufpreis von 8,9 Mio. EUR liegt, können nicht berücksichtigt werden."
Mit Schreiben vom 17.7.2003 gab die Ba. Projekt GmbH ein Gebot über 8,9 Mio. EUR ab, die Klägerin zu 2) erklärte mit Email vom 18.7.2003, 11.40 Uhr, dass sie, nachdem in einer "Feinkalkulation den verschiedenen Problemen Rechnung" getragen worden sei, im Ergebnis auf einen Kaufpreis von 8.221.083 EUR komme. Das Gebot der Klägerin zu 2) enthielt den Zusatz:
"Trotz unseres jetzt niedrigeren Gebotes bitten wir darum, in jedem Falle mit uns zu sprechen."
Am 21.7.2003 erhielt die Klägerin die Nachricht, dass sie wegen ihres zu niedrigen Gebots nicht berücksichtigt werden könne.
In der Folge stellte sich heraus, dass das Grundstück des Beklagten erhebliche Altlasten im Boden aufwies. Gutachten der T. GmbH ergaben, dass großflächig und tiefgehend belastetes Bodenmaterial zu entfernen war, was einerseits zu erheblichen Entsorgungskosten i.H.v. etwa 1 Mio. EUR und andererseits zu wesentlichen zeitlichen Verzögerungen führte.
Mit der Begründung der zeitlichen Verzögerung aufgrund der umfa...