Entscheidungsstichwort (Thema)

Patent: Bindung des Berufungsgerichts (Auslegung eines Anspruchsmerkmals)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Auslegung eines Anspruchsmerkmals eines Patentanspruchs durch das Revisionsgericht kann zu einer Bindung des Berufungsgerichts i.S.d. § 563 Abs. 2 ZPO auch für ein Anspruchsmerkmal führen, welches vom Revisionsgericht noch nicht einer eigenen Auslegung unterworfen wurde.

2. Die Ermittlung des Verständnisses des Durchschnittsfachmanns im Rahmen der Auslegung eines Patents kann im Einzelfall auch ohne Sachvortrag der Parteien zu den Grundlagen erfolgen, die als Beurteilungsgrundlage für dessen Verständnis dienen.

 

Normenkette

PatG §§ 14, 139; EPÜ Art. 64; BGB § 242; ZPO § 563 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 11.06.2003; Aktenzeichen 21 O 21210/00)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 22.12.2009; Aktenzeichen X ZR 56/08)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des LG München I vom 11.6.2003 in der Fassung des Beschlusses vom 4.7.2003 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Revision.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

IV. Die Revision zum BGH wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Patentverletzung in Anspruch.

Die Klägerin ist allein verfügungsberechtigte Inhaberin des Europäischen Patents EP O 313 345 B1, dessen deutscher Teil das Aktenzeichen DE 38 87 076 T2 trägt. Das Klagepatent wurde am 20.10.1988 unter Inanspruchnahme einer japanischen Priorität vom 4.6.1988 angemeldet und die Erteilung am 12.1.1994 veröffentlicht (Anlage K 1).

Die Erfindung betrifft eine mehrstufige Kettenradanordnung für ein Fahrrad und insb. eine mehrstufige Kettenradanordnung für ein Fahrrad, die mindestens ein Kettenrad mit einem größeren Durchmesser und mindestens ein Kettenrad mit einem kleineren Durchmesser umfasst und an einer Kurbel oder einer Hinternabe des Fahrrads befestigt ist, um zum Gangwechsel am Fahrrad eine Antriebskette zu versetzen.

Anspruch 1 des Klagepatents lautet in der als Anlage K 2 vorgelegten deutschen Übersetzung wie folgt:

Mehrstufige Kettenradanordnung für ein Fahrrad, enthaltend mindestens ein Kettenrad (1) mit einem größeren Durchmesser, mindestens ein Kettenrad (2) mit einem kleineren Durchmesser und eine Antriebskette (3), wobei das Kettenrad (1) oder jedes der Kettenräder (1) mit einem größeren Durchmesser an seinem Außenumfang eine gegebene Anzahl an Zähnen aufweist, die in Abständen voneinander angeordnet sind, die dem Lochabstand der Kette (3) entsprechen, sowie das Kettenrad (2) oder jedes der Kettenräder (2) mit einem kleineren Durchmesser an seinem Außenumfang Zähne aufweist, deren Anzahl kleiner als die Anzahl der Zähne des Kettenrads (1) mit einem größeren Durchmesser ist und die in Abständen voneinander angeordnet sind, die dem Lochabstand der Kette (3) entsprechen, und wobei die Kettenräder (1) und (2) derart angeordnet sind, dass die Mitte (02) zwischen einem Paar benachbarter Zähne des Kettenrads (1) mit einem größeren Durchmesser sich auf einer Tangente befindet, die sich von der Mitte (01) zwischen einem Paar benachbarter Zähne des Kettenrads mit einem kleineren Durchmesser aus entlang des Laufwegs der Antriebskette (3) im Eingriff mit dem Kettenrad (2) mit einem kleineren Durchmesser erstreckt, wenn die Kette (3) von dort in Eingriff mit dem Kettenrad (1) mit einem größeren Durchmesser versetzt wird, wobei die Entfernung zwischen den genannten Mitten (01, 02) mindestens im Wesentlichen ein ganzzahliges Vielfaches des Lochabstandes der Kette ist, dadurch gekennzeichnet dass das genannte Kettenrad (1) mit einem größeren Durchmesser an seiner Innenoberfläche mit einer Kettenführungsoberfläche (4) versehen ist, die dem Kettenrad (2) mit einem kleineren Durchmesser zugewandt ist, und auf dem Kettenrad (1) mit einen größeren Durchmesser an einer Position, die im Laufweg zwischen den genannten Mitten (01, 02) zwischen benachbarten Zähnen der Kettenräder, wo die Kette mit dem Kettenrad (1) mit einem größeren Durchmesser in Kontakt kommt, wobei die Kettenführungsoberfläche (4) eine derartige Gestalt und Größe aufweist, dass sie eine ganze Gliedplatte eines Gliedes der Kette aufnimmt und bewirkt, dass das Glied in Richtung auf das Kettenrad (1) mit einem größeren Durchmesser vorgespannt wird, wenn die Kette das Kettenrad mit einem kleineren Durchmesser verlässt und beginnt, mit einem Zahn des Kettenrads (1) mit einem größeren Durchmesser in Eingriff zu kommen, wobei dieser Zahn der Zahn hinter der Mitte (02) zwischen benachbarten Zähnen des Kettenrads mit einem größeren Durchmesser in der Antriebsdrehrichtung ist.

Der Unteranspruch 5 lautet:

Mehrstufige Kettenradanordnung für ein Fahrrad nach Anspruch 1, worin ...

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