Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufklärungspflichten des Treuhandkommanditisten
Leitsatz (amtlich)
1. Von einem Treuhandkommanditisten kann erwartet werden, dass er den bei den Beitrittsverhandlungen verwendeten Prospekt im Rahmen einer Plausibilitätskontrolle dahin überprüft, ob dieser ein in sich schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt gibt und ob die darin enthaltenen Informationen, soweit er dies mit zumutbaren Aufwand zu überprüfen in der Lage ist, sachlich richtig und vollständig sind.
2. Eine Haftungsfreizeichnung mittels "Verwahrungserklärung" widerspricht diametral der Aufgabe des Treuhänders, die künftigen Treugeber über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die für die zu übernehmende Beteiligung von Bedeutung sind, und benachteiligt die Anleger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen.
Normenkette
BGB § 241 Abs. 2, §§ 280, 307 Abs. 1, 2 Nr. 1, § 309 Nr. 7 lit. b, § 310 Abs. 4, § 311 Abs. 2, §§ 249, 675; ZPO § 240
Verfahrensgang
LG München (Urteil vom 31.03.2016; Aktenzeichen 32 O 14556/15) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts München I vom 31.03.2016, Az. 32 O 14556/15, aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 12.169,54 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz nach folgender Staffel zu zahlen: auf 10.000 EUR seit dem 10.07.2014, auf 2.169,54 EUR seit 15.09.2015.
3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von der Pflicht zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.171,67 EUR aus der Kostennote der Sozietät E. & Collegen vom 26.06.2014 freizustellen.
4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von sämtlichen Verpflichtungen und steuerlichen Nachteilen freizustellen, die diesem durch die Zeichnung seiner Kommanditbeteiligung an der E. P. Medienfonds GmbH & Co. KG IV vom 30.09./07.10.2005 entstanden sind und noch entstehen werden.
5. Die Verurteilung zu den Ziffern 2. bis 4. erfolgt Zug-um-Zug gegen Abtretung des Anspruchs des Klägers auf Auszahlung seines Auseinandersetzungsguthabens im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an der E. P. Medienfonds GmbH & Co. KG IV vom 30.09./07.10.2005.
6. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der in Ziffer 5. bezeichneten Abtretung der Rechte seit dem 10.07.2014 in Annahmeverzug befindet.
7. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
8. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
9. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger verlangt die Rückabwicklung seiner Beteiligung an der E. P. Medienfonds GmbH & Co. KG IV. Mit Beitrittserklärung vom 30.09.2005, die von der E. P. Medienfonds GmbH am 07.10.2005 im Namen der T. angenommen worden ist, Anlage K 1, beteiligte sich der Kläger über die damals als T. Treuberatungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft GmbH firmierende Beklagte als Treuhänderin mittelbar als Kommanditist mit einer Einlage von 20.000 EUR zuzüglich 3% Agio an der vorgenannten Fondsgesellschaft.
Der Beteiligung lag der Emissionsprospekt vom 10.08.2005, Anlage K 5, zugrunde. Der Kläger zahlte konzeptionsgemäß 50% der Kommanditeinlage, 10.000 EUR, auf das Konto der Fondsgesellschaft. Die restlichen 50% der Kommanditeinlage zuzüglich Agio sollten von der E. P. A. GmbH über die Aufnahme von Krediten fremdfinanziert und durch Inhaberschuldverschreibungen der Treugeber gesichert werden. Dazu wurde zwischen dem Anleger, der Fondsgesellschaft und der P. E. A. GmbH der auf den Seiten 119 ff. des Emissionsprospektes, Anlage K 5, abgedruckte Begebungs- und Rahmenvertrag geschlossen. Danach verpflichtete sich der Kläger, zum Zweck der teilweisen Fremdfinanzierung seines Zeichnungsbetrages bezgl. der Beteiligung an der Gesellschaft an die E. P. A. GmbH eine Inhaberschuldverschreibung im Nennbetrag, hier von 10.600,00 EUR, vgl. Anlage K 2, zu verkaufen und zu begeben. Der Kläger hat die Inhaberschuldverschreibung gegen Zahlung von 2.169,54 EUR abgelöst und die Beteiligung an der Fondsgesellschaft zum 31.12.2014 beendet.
Die Beklagte, vormals als T. firmierend, wurde am 02.11.2005 als Kommanditistin der Fondsgesellschaft in das Handelsregister eingetragen, Anlage K 3. Sie hat mit dem Fonds einen Mittelverwendungskontrollvertrag, abgedruckt im Prospekt auf S. 117 ff., sowie als Treuhänderin mit der Fondsgesellschaft einerseits und den mittelbar beigetretenen Anlegern als Treugebern andererseits einen Treuhandvertrag, abgedruckt im Prospekt auf S. 112 ff., geschlossen. Am 01.08.2011 ist die Beklagte als Treuhandkommanditistin aus der Fondsgesellschaft ausgeschieden und seitdem auch nicht mehr Mittelverwendungskontrolleurin.
Die Klagepartei hat erstinstanzlich zahlreiche Prospektfehler geltend gemacht, für die die Beklagte einzustehen habe. Die Beklagte hat ihre Haftung in Abrede gestellt und Prospektfehler verneint.
Hinsichtlich der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts München I vom 31.03.2016 Bezug gen...