Leitsatz (amtlich)

Die Regelung des § 1 Abs. 2 Nr. 2 ProdHaftG stellt eine Beweiserleichterung dar. Der Hersteller muss zu seiner Entlastung einen Geschehnisablauf beweisen, der nach allgemeiner Lebenserfahrung die Schlussfolgerung auf den Zeitpunkt des Fehlereintritts plausibel erscheinen lässt. Ein hohes Maß der Wahrscheinlichkeit für einen Fehlereintritt nach dem In-Verkehr-Bringen reicht dabei aus (hier Brandschaden im Zusammenhang mit einem 7 Jahre zuvor gekauften Wäschetrockner; Nachweis erbracht, dass der Fehler erst nach dem In-Verkehr-Bringen entstanden ist).

 

Normenkette

ProdHaftG § 1 Abs. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 25 O 6673/01)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 06.06.2002; Aktenzeichen I ZR 243/01)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des LG München I, 25. Zivilkammer, vom 8.82001 wird zurückgewiesen..

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 9.700 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistent

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von der Beklagten aus nach § 67 VVG übergegangenem Recht Schadensersatz nach dem Produkthaftungsgesetz.

Der Versicherungsnehmer der Klägerin, Herr W.V., erwarb am 25.9.1992 einen von der Beklagten hergestellten Wäschetrockner Typ WLT 4510 bei der Firma H. in D.

Am 13.10.1999 entstand in einem Kellerraum seines Anwesens, in dem der Wäschetrockner aufgestellt war, ein Brand. Dies führte zu einem erheblichen Schaden am Gebäude.

Die Klägerin als Gebäudeversicherung beauftragte das Sachverständigenbüro N., die Brandursache zu ermitteln. Der Sachverständige führte in seinem Gutachten vom 9.11.1999 zusammenfassend aus, das Feuer sei innerhalb der Steuerung des Wäschetrockners oder im Anschlussbereich entstanden. Der Grund dafür sei entweder ein Isolationsschaden an einem elektrischen Anschlusskabel mit Kriechstrombildung oder eine Strombahneinengung beim Lösen einer Kabelverbindung („Wackelkontakt”).

Die Klägerin behauptet, es sei ein Schaden von mindestens 191.799,10 DM entstanden, den sie reguliert habe.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, der Brand sei durch einen Produktfehler des Wäschetrockners verursacht worden. Andere Brandursachen kämen nicht in Betracht.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 191.799,10 DM nebst 6 % Zinsen seit dem 29.6.2000 zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, ein Produktionsfehler liege nicht vor. Durch das Gutachten des Sachverständigen N. sei nicht bewiesen, dass ein Isolationsfehler oder ein Wackelkontakt den Brand verursacht habe und der Wäschetrockner schon bei seiner Lieferung mit Fehlern behaftet gewesen sei.

Die Höhe des geltend gemachten Schadens hat die Beklagte ebenfalls bestritten.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Es könne als wahr unterstellt werden, dass ein Fehler des Trockners den Brand ausgelöst und den Schaden verursacht habe. Nach den Umständen, insb. der langen Zeitspanne bis zum Schadenseintritt, sei davon auszugehen, dass der Trockner den Fehler noch nicht aufgewiesen habe, als er von der Beklagten in Verkehr gebracht wurde, und erst aufgrund der Alterung sowie der Benutzung im Laufe der Zeit ein Fehler entstanden sei.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie ist der Ansicht, die Beklagte habe den Entlastungsbeweis entgegen der Ansicht des Erstgerichts nicht erbracht. Sollte der Alterungsprozess von Teilen des Trockners die Brandursache gewesen sein, hätte die Beklagte im Rahmen ihrer Instruktionspflicht vor solchen Gefahren warnen müssen.

Die Klägerin beantragt: unter Aufhebung des am 8.8.2001 verkündeten Urteils des LG München I, Az. 25 O 6673/01, wird die Beklagte verurteilt, 191.799,10 DM nebst 6 % Zinsen seit dem 29.6.2000 an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Meinung, das LG sei zu Recht davon ausgegangen, dass der Entlastungsbeweis geführt wurde. Sie sei ihrer Pflicht zur Statussicherung und zur Produktbeobachtung nachgekommen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Th.A.

Bezug genommen wird auf den gesamten Akteninhalt, insb. auf das angefochtene Urteil, das Protokoll vom 24.4.2002 über die Vernehmung des Zeugen A. (Bl. 98/103 d.A.) sowie auf die Schriftsätze der Parteivertreter und die vorgelegten Urkunden.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Klägerin (§§ 511 ff. ZPO) erweist sich i.E. als unbegründet. Nach den Umständen ist davon auszugehen, dass der streitgegenständliche Wäschetrockner keinen Fehler aufwies, als er von der Beklagten in den Verkehr gebracht wurde.

I. Es kann dahingestellt bleiben, ob tatsächlich ein Defekt am Steuerungsteil des Wäschetrockners die Brandursache war. Eine Beweiserhebung über die behauptete Fehlerursache wäre möglich, ohne dass dabei die Grenzen zum Ausforschungsbeweis überschrit...

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