Leitsatz (amtlich)
Enthält ein Patentanspruch Merkmale, die weder durch den in der Patentschrift bzw. durch den Sachverständigen festgestellten Stand der Technik noch durch das sich aus der Patentschrift ergebende technische Problem zwingend geboten sind, geht dies aus Gründen der Rechtsicherheit zu Lasten des Patentinhabers, wenn nicht besondere Anhaltspunkte für den Anspruchsadressaten, hier den Durchschnittsfachmann, gegeben sind, die erkennen lassen, dass ein Teil der Anspruchsmerkmale für die Lösung des technischen Problems unwesentlich sind.
Eine äquivalente Verletzung im Hinblick auf solche Merkmale kommt daher nicht in Betracht.
Normenkette
PatG § 139 Abs. 1 und 2, §§ 9, 140a, 140b; BGB § 242
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 25.04.2001; Aktenzeichen 21 O 9969/99) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des LG München I vom 25.4.2001 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 50.000 Euro abwenden, sofern nicht die Klägerin in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, inwieweit ein von der Klägerin hergestellter und vertriebener Wasserkocher vom Typ „3000 Superspeed cordless” ein Patent der Beklagten verletzt.
Die Beklagte ist Inhaberin des europäischen Patents EP 0380416 B1 (Klagepatent) betreffend einen elektrischen Wasserkocher, das unter Inanspruchnahme der Priorität der französischen Patentanmeldungen 8901016 und 8903036 am 24.1.1990 angemeldet wurde. Die Veröffentlichung der Erteilung erfolgte am 6.10.1993. Gegen das erteilte Patent (Anlage K 7) wurde Einspruch eingelegt. Das Patent wurde in eingeschränktem Umfang durch die Entscheidung der technischen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts vom 27.4.1998 aufrechterhalten (Anlage K 2, deutsche Übersetzung Anlage K 15). Wegen der weiteren Einzelheiten zum Einspruchsverfahren sowie bezüglich der genannten Entscheidung wird auf den Tatbestand der landgerichtlichen Entscheidung S. 3 sowie auf die genannten Anlagen verwiesen.
Anspruch 1 des Klagepatents in der aufrechterhaltenen Fassung (Anlage K 3, deutsche Übersetzung Anlage K 4) lautet wie folgt:
Elektrischer Wasserkocher, mit einem durch einen Deckel verschlossenen Wasserbehälter, der einen an seinem Boden befestigten elektrischen Heizwiderstand umfasst, wobei dieser Boden abnehmbar auf einem Sockel aufruht, der elektrische Verbindungsmittel umfasst, die mit komplementären Verbindungsmitteln zusammenwirken, die einen Teil eines Verbindungsblocks bilden, der am Boden des Behälters befestigt ist, wobei der Behälter andererseits einen Temperaturbegrenzer aufweist, der auf die Temperatur des Dampfes anspricht, und so ausgebildet ist, dass er die elektrische Versorgung bei einer vorgegebenen Temperatur des Dampfes unterbricht, sowie einen Schalter, der zur Steuerung der elektrischen Versorgung des Widerstandes vorgesehen ist, wenn der Behälter auf dem Sockel angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Behälter eine Dampfdurchlassleitung enthält, die sich im Wesentlichen über die ganze Höhe des Behälters erstreckt und in das Innere des Behälters hineinragt, und dass diese Leitung an ihrem unteren Teil ggü. dem temperaturempfindlichen Element des Temperaturbegrenzers mündet, dass fast die gesamte Außenfläche der Leitung dem Innenraum des Behälters ausgesetzt ist, und dass der Temperaturbegrenzer einen Teil des Verbindungsblocks bildet, wobei sich der Begrenzer horizontal im geringen Abstand vom Boden des Behälters erstreckt und der Schalter zum Steuern der elektrischen Versorgung des Widerstandes einen Steuerhebel aufweist, der sich in einem unterhalb des Bodens des Behälters befindlichen Raum erstreckt und aus der Seitenwand des Behälters ragt.
Demnach ergibt sich folgende, zwischen den Parteien unstreitige Merkmalsanalyse:
Elektrischer Wasserkocher
1. mit einem Wasserbehälter,
a) der durch einen Deckel verschlossen ist;
2. mit einem elektrischen Heizwiderstand,
a) der am Boden des Wasserbehälters befestigt ist;
3. der Boden ruht abnehmbar auf einem Sockel auf;
4. der Sockel umfasst elektrische Verbindungsmittel,
a) die mit komplementären Verbindungsmitteln zusammenwirken
aa) die einen Teil des Verbindungsblocks bilden,
aaa) wobei der Verbindungsblock am Boden des Wasserbehälters befestigt ist;
5. der Temperaturbegrenzer des Wasserbehälters,
a) spricht auf die Temperatur des Dampfes an und
b) ist so ausgebildet, dass er die elektrische Versorgung bei einer vorgegebenen Temperatur des Dampfes unterbricht;
6. der Wasserbehälter weist einen Schalter auf,
a) der zur Steuerung der elektrischen Versorgung des Widerstandes vorgesehen ist,
aa) wenn der Behälter auf dem Sockel angeordnet ist;
7. der Wasserkocher enthält eine Dampfdurchlassleitung,
a) die sich im Wesentlichen über die ganze Höhe des Behälters erstreckt,
b) in das Innere des B...