Leitsatz (amtlich)
Eine Nachbaugebühr i.H.v. jeweils 80 % der realen Z-Lizenzgebühr für die jeweils geschützte Sorte/Nachbaumenge in dt ist als angemessenes Entgelt bzw. angemessene Entschädigung gem. § 10a Abs. 3, Abs. 4 SortG i.V.m. dem Kooperationsabkommen vom 3.6.1996 bzw. Art. 14 Abs. 1, Abs. 3–4. Spiegelstrich der VO (EG) Nr. 2100/94 i.V.m. Art. 5 Abs. 2, 3 der NachbauVO (EG) 95 i.V.m. Art. 5 Abs. 4 der NachbauVO (EG) 98 i.V.m. dem Kooperationsabkommen vom 3.6.1996 anzusehen. Die Inanspruchnahme der Vorteile und Privilegien einer vom Landwirt nicht gewählten vertraglichen Vereinbarung unter – dementsprechender – Ausklammerung der mit einer solchen vertraglichen Vereinbarung (Nachbauvereinbarung) verbundenen Lasten und Pflichten führt demgegenüber nicht zu angemessenen Ergebnissen.
Normenkette
SortG § 10a Abs. 2, §§ 3-4; EGV 2100/94 Art. 14 Abs. 1, 2
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 29.11.2002; Aktenzeichen 21 O 1554/02) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des LG München I vom 29.11.2002 (21 O 1554/02) wie folgt abgeändert:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 642,82 Euro zzgl. 4 % Zinsen hieraus seit dem 14.2.2002 zu bezahlen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen zu tragen.
II. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 1.300 Euro abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
III. Die Revision zum BGH wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Angemessenheit und dementsprechend um die Höhe des Entgelts (Nachbaugebühr), das der Beklagte für den von ihm im Wirtschaftsjahr 1999/2000 betriebenen Nachbau sortengeschützter Pflanzen gem. § 10a Abs. 2, 3, 4 SortG bzw. Art. 14 Abs. 1, 3 – 4. Spiegelstrich der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates über den gemeinschaftlichen Sortenschutz vom 27.7.1994 (im Folgenden: GrundVO) i.V.m. der hierzu ergangenen Durchführungsverordnung (EG) Nr. 1768/95 der Kommission über die Ausnahmeregelung gem. Art. 14 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 vom 24.7.1995 (im Folgenden: NachbauVO 95) i.V.m. der Verordnung (EG) Nr. 2605/98 der Kommission zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1768/95 vom 3.12.1998 (im Folgenden: NachbauVO 98) schuldet.
Die Klägerin ist eine in Form einer GmbH organisierte Vereinigung, die von den ihr angeschlossenen Sortenschutzberechtigten mit der Wahrnehmung der diesen zustehenden Rechte, insb. mit der Geltendmachung von Auskunfts- und Zahlungsansprüchen, im eigenen Namen beauftragt wurde, wobei die Sortenschutzberechtigten entweder Gesellschafter der Klägerin sind oder Mitglieder des Bundesverbandes Deutscher Pflanzenzüchter e.V., der seinerseits Gesellschafter der Klägerin ist.
Die Klägerin bemisst die von ihr eingeforderten Nachbaugebühren auf der Grundlage eines sog. Kooperationsabkommens Landwirtschaft und Pflanzenzüchtung, welches zwischen dem Deutschen Bauernverband e.V. und dem Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter e.V. am 3.6.1996 vereinbart wurde und welches entspr. Art. 5 Abs. 4 der NachbauVO 98 am 17.3.1999 der Europäischen Kommission mitgeteilt und am 16.8.1999 im Amtsblatt des Gemeinschaftlichen Sortenamts veröffentlicht wurde.
In den Rahmenbedingungen des Kooperationsabkommens (Teil A) ist u.a. festgelegt, dass das kombinierte System Saatgut (Teil B) zum Ziel hat, dass in der Landwirtschaft überwiegend Z-Saat-/Pflanzgut eingesetzt wird.
Ziff. 1 des kombinierten Systems Saatgut (Teil B des Kooperationsabkommens) lautet: „Die Z-Lizenzgebühr und die Nachbaugebühr werden in einer kombinierten Staffelung eingeführt (s. Anlagen). Ziel des kombinierten Systems ist es, einen erheblichen Beitrag zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit von Z-Saat-/Pflanzgut zu leisten. Das kombinierte System ist ein Signal für die anderen Beteiligten am Saatgutmarkt, ebenfalls einen zusätzlichen Beitrag zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit zu leisten.” Gemäß Ziff. 2. (a.a.O.) gelten für das kombinierte System Saatgut folgende Kriterien mit dem Ziel der Vereinfachung und Praktikabilität, nämlich die zentrale Durchführung des Systems mit weitgehender Berücksichtigung regionaler Gegebenheiten, die Selbsteinschätzung der Landwirte, pauschale Aussaatstärken nach Fruchtart bzw. Verwendungszweck zur Feststellung des Saatgutwechsels und eine Staffelung der Rabatte nach Saatgutwechsel je Fruchtart bzw. Verwendungszweck. Gemäß Ziff. 2.2. (a.a.O.) sind die Nachbaurabatte auf der Grundlage einheitlicher Lizenzgebühren je Fruchtart bzw. Verwendungszweck flächenbezogen als Pauschalbeträge festgesetzt. Gemäß Ziff. 3. (a.a.O.) ist anstelle des Pauschalverfahrens das Einzelverfahren zu Veranlagung und Nachweis eröffnet. Wegen der weiteren Einzelheiten des Kooperationsabkommens wird auf die Anlage K 4 Bezug genommen. Die in dem Kooperationsabkommen zitierte Anlage betrifft eine Nachbaugebührentabelle, in welcher je nach Saatgutwechsel in Prozent bestimmte Z-Lizenzgebühr...