Leitsatz (amtlich)

Die Aktiengesellschaft kann die Darlehensvaluta, die sie auf Grund eines nach § 71a Abs. 1 Satz 1 AktG nichtigen Darlehensvertrages ausgezahlt hat, nach § 62 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 AktG und nicht nach den §§ 812 ff. BGB zurückverlangen.

 

Normenkette

AktG §§ 62, 71a

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 21.07.2005; Aktenzeichen 4 O 17542/03)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 13.11.2007; Aktenzeichen XI ZR 294/07)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG München I vom 21.7.2005 dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger EUR 353.813,98 nebst Zinsen hieraus seit dem 1.10.2003 i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen, und im Übrigen die Klage abgewiesen bleibt.

Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 450.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 353.813,98 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger ist mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der B. Bank AG am 31.8.2002 zum Insolvenzverwalter über deren Vermögen bestellt worden. Er verlangt von der Beklagten Rückzahlung eines Darlehens über 692.000 DM gleich 353.813,98 EUR zzgl. Laufzeitzinsen von 25.513,38 EUR sowie Verzugszinsen aus beiden Beträgen seit dem 1.1.2003.

Der Kläger trägt vor, die Schuldnerin habe der Beklagten am 13.10.2001 ein solches Darlehen "zum Erwerb einer Beteiligung" mit einer Laufzeit bis längstens 31.12.2002 bei einem festen Zinssatz von 7 % p. a. vom Tag der Auszahlung an angeboten (Anl. K 2) und die Beklagte habe dieses Angebot mit Fernkopie vom 21.12.2001 unter Abänderung des ursprünglichen spätesten Abrufdatums 15.11.2001 in 31.12.2001 angenommen (Anl. K 3). Weisungsgemäß habe die Schuldnerin noch am selben Tag die Darlehensvaluta an Frau Rechtsanwältin F., jetzt verehelichte I., überwiesen (Anl. K 5). Aber selbst dann, wenn der Darlehensvertrag wegen Verwendung der Darlehensvaluta zum Erwerb von Aktien der Schuldnerin nichtig sei, sei die Beklagte um die Darlehensvaluta bereichert und müsse diese auskehren.

Die Beklagte bestreitet dagegen nicht nur das Zustandekommen eines Darlehensvertrages mit der Schuldnerin, sondern auch eine Weisung zur Auszahlung der Darlehensvaluta an Rechtsanwältin I., beruft sich weiter auf die Nichtigkeit des Darlehensvertrages als Umgehungsgeschäft nach § 71a Abs. 1 Satz 1 AktG und hält einem etwaigen Bereicherungsanspruch § 814 BGB entgegen. So sei es die damalige Vorstandsvorsitzende der Schuldnerin, Frau Prof. Dr. K. gewesen, die im Herbst 2001 an den Hauptaktionär Ki. der Beklagten herangetreten sei und ihm angeboten habe, Aktien der Schuldnerin zu erwerben. Dies sei zugleich mit der Zusage verbunden gewesen, dass die von der Schuldnerin bzw. Frau Prof. Dr. K. beherrschte x.-Beteiligungsgesellschaft AG eine Option auf Rücknahme der zu erwerbenden Aktien zum Preis von 14 DM pro Aktie bei einer Haltefrist von mindestens einem Jahr abgibt, mithin 1,25 DM über dem seinerzeitigen Preis von 12,75 DM. Entsprechend habe nach Übersenden des abgeändert unterschriebenen Exemplars des Darlehensvertrages nur per Fax am 21.12.2001 die Schuldnerin 54.274 Stück Namensstammaktien an ihrem, der Schuldnerin, Grundkapital in das Depot der Treuhänderin der Beklagten, Frau Z., eingebucht (Anl. 3 zum Schriftsatz vom 12.11.2003). Frau Z., Ehefrau des damaligen Vorstandsmitglieds Z. der Beklagten, die auf ausdrücklichen Wunsch von Frau Prof. Dr. K. als Treuhänderin der Beklagten eingeschaltet worden sei, habe sodann am 7.1.2002 die in Aussicht genommene Rückkaufvereinbarung mit der x.-Beteiligungsgesellschaft AG über diese Aktien mit der Befristung bis 31.12.2002 gegengezeichnet (Anlage 1 zum Schriftsatz vom 12.11.2003). Nach der Insolvenz der Schuldnerin habe die x.-Beteiligungsgesellschaft AG diese Aktien jedoch mangels liquider Mittel nicht zurückgenommen (Anlage 6 zum Schriftsatz vom 12.11.2003), so dass die Aktien heute keinen Wert mehr hätten und sie, die Beklagte, auch nicht mehr bereichert sei.

Das LG München I hat zunächst Prof. Dr. K., W. H. und M. Kn. von der Schuldnerin und den damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden der Beklagten Ki. als Zeugen vernommen, sich sodann der Ansicht der Beklagten angeschlossen und am 21.7.2005 die Klage abgewiesen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Im Übrigen wird auf den Tatbestand des Ersturteils, die zwischen den Parteien im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift vom 20.12.2005 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers hat im Wesentlichen Erfolg. Der Kläger kann die Darlehensvaluta i.H.v. 692.000 DM gleich 353.813,98 EUR von der Beklagten nach § 62 Abs. 1 Sa...

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