Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, Klagepartei, Anschlußberufung, Prozeßbevollmächtigter, Nutzungsentschädigung, Geschäftsgebühr, Schluss der mündlichen Verhandlung, Güteverfahren, Außergerichtliche Tätigkeit des Anwalts, Zug-um-Zug, Gesamtlaufleistung, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Basiszinssatz, Rechtshängigkeit, Annahmeverzug, Vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren, Berufungsbeklagter, Gegenstandswert, Landgerichte, Nutzungsvorteil

 

Verfahrensgang

LG Ingolstadt (Urteil vom 11.04.2022; Aktenzeichen 78 O 1970/21 Die)

 

Tenor

1. Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts Ingolstadt vom 11.04.2022, Az. 78 O 1970/21 Die, in Ziffer 1 seines Tenors insoweit abgeändert, als die Beklagte verurteilt wird, an die Klagepartei 36.650,49 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 08.09.2021 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Pkw Porsche Macan S Diesel (FIN: ...) und die Klage insoweit im Übrigen abgewiesen wird.

2. Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts Ingolstadt vom 11.04.2022, Az. 78 O 1970/21 Die, des Weiteren in Ziffer 2 seines Tenors aufgehoben und die Klage insoweit abgewiesen.

3. Im Übrigen wird die Anschlussberufung der Beklagten zurückgewiesen.

4. Die Berufung der Klagepartei wird zurückgewiesen.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klagepartei 46%, die Beklagte 54%.

6. Dieses Urteil sowie das in Ziffer 1 bezeichnete Endurteil des Landgerichts Ingolstadt sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

7. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird bis 26.06.2024 auf 20.446,77 EUR und seither auf 26.931,38 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus dem Kauf eines Pkws im Rahmen des sogenannten Dieselskandals.

A. Die vorsteuerabzugsberechtigte Klagepartei bestellte am 16.04.2014 beim P. Zentrum G. den Neuwagen Porsche Macan S 3.0 V6 TDI, EU 6, 190 kw (258 PS), FIN: ..., Erstzulassung 13.01.2015, mit einem Kilometerstand von 0 zum Preis von 84.547,99 EUR brutto bzw. 71.048,73 EUR netto. In der Motorsteuerungssoftware kommt ein Thermofenster zur Anwendung. Die Abgasrückführung ist nur bei einer Temperatur zwischen + 17 C und + 30 C uneingeschränkt aktiv.

Das Fahrzeug ist von einem verpflichtenden Rückruf des KBA wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung betroffen, der sich nicht auf das Thermofenster bezieht.

Die Beklagte ist die Herstellerin des in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten Motors.

Das Fahrzeug wurde im Januar 2015 an die Klagepartei ausgeliefert.

Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 18.12.2020 laut Anl. BK 3 leitete die Klagepartei gegen die Beklagte ein Güteverfahren bei einer staatlich anerkannten Gütestelle ein.

Die Klagepartei behauptete, dass in dem streitgegenständlichen Fahrzeug neben dem (unstreitig implementierten) Thermofenster noch eine prüfstandserkennende Aufheizstrategie zur Anwendung komme. Darüber hinaus sei das Getriebe dahingehend manipuliert, dass die Schaltpunkte des Getriebes bei kaltem Motor ohne Lenkwinkeleinschlag höher seien als nach einem Lenkradeinschlag.

Wenn die Klagepartei vom Vorhandensein unzulässiger Abschalteinrichtungen im Fahrzeug gewusst hätte, hätte sie das Fahrzeug nicht gekauft.

Die Klagepartei beantragte,

1. Die Beklagtenpartei wird verurteilt, an die Klagepartei EUR 63.347,58 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Übereignung und Herausgabe des PKW Porsche Macan S Diesel (Fahrzeugidentifikationsnummer: ...).

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagtenpartei verpflichtet ist, der Klagepartei Schadensersatz zu bezahlen für weitere Schäden, die daraus resultieren, dass die Beklagtenpartei das Fahrzeug Porsche Macan S Diesel (Fahrzeugidentifikationsnummer: ...) dahingehend beeinflusst hat, dass dieses hinsichtlich der Abgasstoffmenge im Prüfstandbetrieb einen geringeren Ausstoß aufweist als im regulären Betrieb im Straßenverkehr.

Hilfsweise: Es wird festgestellt, dass die Beklagtenpartei verpflichtet ist, der Klagepartei Schadensersatz zu bezahlen für weitere Schäden, die daraus resultieren, dass die Beklagtenpartei in den Motor, Typ 3.0 l V6 Dieselmotor, des Fahrzeugs Porsche Macan S Diesel (Fahrzeugidentifikationsnummer: ...) eine unzulässige Abschalteinrichtung in der Form einer Software eingebaut hat, welche bei Erkennung standardisierter Prüfstandsituationen (NEFZ) die Abgasaufbereitung so optimiert, dass möglichst wenige Stickoxide (NOx) entstehen und Stickoxidemissionsmesswerte reduziert werde, und die im Normalbetrieb Teile der Abgaskontrollanlage außer Betrieb setzt, so dass es zu einem höheren NOx-Ausstoß führt.

3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagtenpartei mit der Rücknahme des im Klageantrag Ziffer 1. genannten PKW im Annahmeverzug befindet.

4. Die Klageparte...

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