Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufung im Prozess um einen Gesamtschuldnerausgleichsanspruch gegen den bauaufsichtsführenden Architekten: Mithaftung neben Vermesser und Bauunternehmer bei zu tiefer Erstellung der Baugrube
Leitsatz (amtlich)
1. Der bauaufsichtsführende Architekt ist neben Vermesser und Unternehmer maßgeblich dafür verantwortlich, dass das Bauvorhaben in der richtigen Höhenlage errichtet wird. (Rn. 59)
2. Der Architekt verletzt neben der Überwachungspflicht seine Koordinations- und Prüfungspflichten in einem für die mangelfreie Errichtung des Bauvorhabens entscheidenden Bauabschnitt, wenn er bei dem Vermesser lediglich die bislang unvollständige Absteckung des Schnurgerüsts abruft, ohne das Ergebnis der Kontrollmessung abzufragen. (Rn. 62)
3. Wird das Objekt insoweit zu tief errichtet, ist die tatrichterliche Annahme einer gesamtschuldnerischen Haftung des Architekten bezüglich der Kosten für Rückbau und Neuerrichtung neben Vermesser und Bauunternehmer mit 41,7% nicht zu beanstanden. (Rn. 48) (Rn. 67)
Normenkette
BGB §§ 426, 635 Abs. 2
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 27.02.2020; Aktenzeichen 8 O 6645/19) |
Nachgehend
Gründe
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 27.02.2020, Az. 8 O 6645/19, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
I. Urteil des Landgerichts
Die Parteien streiten über einen Gesamtschuldnerausgleichsanspruch.
Der Beklagte, die H. Bau GmbH und Herr Dipl. Ing. M. Hu. waren durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts München I vom 7.5.2018 im Verfahren Az.: 15 HKO 5307/09 gesamtschuldnerisch verurteilt worden, an die Z. GmbH 223.815,00 EUR zzgl. Zinsen zu zahlen.
Die H. Bau GmbH zahlte hiervon 33,3 %, der Versicherungsnehmer der Klägerin, Dipl. Ing. M. Hu. 25 % und der Beklagte 20 %. Nach erfolglosen Verhandlungen mit dem Beklagten über eine höhere Beteiligungsquote zahlte die Klägerin zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung die verbleibenden 21,7 %, welche sie im vorliegenden Verfahren gegenüber dem Beklagten geltend macht.
Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung von 71.132,46 EUR zzgl. Rechtshängigkeitszinsen verurteilt.
In dieser Höhe bestehe ein Gesamtschuldnerausgleichsanspruch der Klägerin. Den Beklagten treffe eine Haftungsquote von 41,7 %.
Der bauleitende Architekt sei entscheidend dafür verantwortlich, dass das Bauvorhaben in der richtigen Höhenlage errichtet werde, wobei der Einmessung des Schnurgerüsts entscheidende Bedeutung zukomme. Der objektüberwachende Architekt sei außerdem für die Durchführung der "Sockelkontrolle" verantwortlich.
Der Beklagte habe sich unstreitig darauf beschränkt, die Absteckung des Schnurgerüsts abzurufen, wobei ihm entgangen sei, dass zu diesem Zeitpunkt die Baugrube noch nicht vollständig ausgehoben gewesen und die ordnungsgemäße Einmessung des Gebäudes noch gar nicht möglich gewesen sei.
Die von der Klägerin ausgeführte Haftungsquote sei auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des OLG München im Vorprozess zutreffend. Hinzu komme, dass der Beklagte die Primärursache gesetzt habe. Wenn er sich über den Bautenstand informiert hätte, wäre ihm aufgefallen, dass der Abruf des Schnurgerüsts zeitlich nicht geboten gewesen sei. Danach habe der Beklagte im Hinblick auf die Einmessung bzw. deren Kontrolle keine Leistungen mehr erbracht. Das Landgericht bewertete die beklagtenseits geschuldeten Überwachungsleistungen als "Totalausfall".
Der Pflichtverstoß des Ingenieurbüros Hu., welches den Beklagten nicht von der Erfolglosigkeit des unternommenen Messversuchs unterrichtet habe, trete hinter der Pflichtverletzung des Beklagten weit zurück. Ein mit der Objektüberwachung Betrauter müsse die Arbeit nicht nur anschaffen, sondern deren Erledigung auch von sich aus überprüfen.
II. Berufung des Beklagten
Der Beklagte verfolgt seinen erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag im Wege der Berufung weiter.
I. Bei seiner Bewertung der Haftungsquote des Beklagten sei das Landgericht von einem falschen Sachverhalt ausgegangen, den es zudem falsch bewertet habe. Der zu berücksichtigende Sachverhalt werde durch das Grundurteil des OLG München im Ausgangsrechtsstreit definiert. Die zusätzlichen Umstände, welche das Landgericht darüber hinaus berücksichtigt habe, dürften für die Aufteilung unter den Gesamtschuldnern keine Rolle spielen.
Der Grund, warum alle drei Gesamtschuldner verurteilt worden seien und der daraus folgende Ausgleichsanspruch gem. § 426 Abs. 1 BGB seien ausschließlich dem Grundurteil des OLG München zu entnehmen. Andere Details und Pflichtverletz...