Leitsatz (amtlich)

Das Kostenfestsetzungsverfahren ist nur für Prozesskosten vorgesehen, nicht für Rechtsanwaltskosten aufgrund außergerichtlicher Tätigkeit. Eine Ausnahme wird aus prozessökonomischen Gründen bei entsprechender Regelung in einem Vergleich zugelassen, der dann aber die vorprozessual entstandene Gebühr auch der Höhe nach eindeutig beziffern muss. Ist letzteres nicht der Fall, reicht es nicht aus, wenn die Kostenregelung die Einbeziehung der außergerichtlich entstandenen Kosten als gewollt erkennen lässt. Dies gilt auch für eine gerichtliche Kostengrundentscheidung, wenn diese von den Vergleichsparteien gewollt und vom Gericht getroffen worden ist.

 

Verfahrensgang

LG Dessau-Roßlau (Beschluss vom 09.08.2011; Aktenzeichen 2 O 821/10)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Dessau-Roßlau vom 9.8.2011 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 778,02 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger wendet sich im Wege der sofortigen Beschwerde gegen eine teilweise Zurückweisung seines Kostenfestsetzungsantrags für das erstinstanzliche Verfahren.

In dem zugrunde liegenden Rechtsstreit hat der Kläger den Beklagten auf Zahlung von 13.388,75 EUR nebst Zinsen sowie auf Freistellung von vorgerichtlichen Verfahrenskosten i.H.v. 1.707,65 EUR in Anspruch genommen. Dem Rechtsstreit war zudem ein selbständiges Beweisverfahren vor dem LG Dessau-Roßlau vorausgegangen, in welchem der Kläger durch denselben Prozessbevollmächtigten vertreten worden war.

Der zugrunde liegende Rechtsstreit endete durch Vergleich vom 29.4.2011. Dort hat sich der Beklagte verpflichtet, an den Kläger 11.000 EUR zu zahlen. Der Vergleich enthält keine ausdrückliche Regelung zu dem zusätzlich geltend gemachten Freistellungsanspruch. Stattdessen lautet Ziff. 6) des Vergleichs: "Über die Kosten des Verfahrens und die vorgerichtlichen Kosten entscheidet das Gericht nach eigenem Ermessen". Durch Beschluss vom selben Tag hat der zuständige Einzelrichter folgende Kostengrundentscheidung getroffen: "Die Kosten des Verfahrens und des Vergleichs tragen der Kläger zu 18 % und der Beklagte zu 82 %". In den Gründen dieses Beschlusses hat das LG ausdrücklich darauf abgestellt, dass die Kostenentscheidung sich auch auf die vorgerichtlichen Kosten erstrecken sollte.

Mit Kostenausgleichungsantrag vom 23.5.2011 hat der Kläger u.a. auch 1.707,65 EUR Rechtsanwaltshonorar für die vorgerichtliche Tätigkeit seiner Prozessbevollmächtigten geltend gemacht. Dabei hat er eine 2,5 fache Geschäftsgebühr (§§ 13, 14 Nr. 2300 RVG) aus einem Gegenstandswert von 13.388,75 EUR i.H.v. 1.415 EUR zugrunde gelegt.

Der Beklagte hat eingewandt, die Geschäftsgebühr für die vorgerichtliche Tätigkeit sei der Höhe nach nicht gerechtfertigt, da nur die übliche Korrespondenz gewechselt worden sei, besondere Tätigkeiten nicht entfaltet worden seien und die besondere Kenntnisse nicht erforderlich gewesen seien.

Das LG hat die Höhe der durch den Beklagten zu erstattenden Kosten durch Kostenfestsetzungsbeschluss vom 9.8.2011 auf 4.213,47 EUR nebst Zinsen festgesetzt. Hierbei hat es außergerichtliche Kosten des Klägers nur in einer Höhe von insgesamt 1.510,35 EUR für erstattungsfähig gehalten. Die Kosten für die anwaltliche Vertretung in dem vorangegangenen selbständigen Beweisverfahren seien mit 1.143 EUR erstattungsfähig. Für die Erstattung weiterer Kosten (für die vorgerichtliche Vertretung) biete die Entscheidung keine Grundlage. Insoweit komme es nur auf den Tenor, nicht auf die Gründe der Kostenentscheidung an. Es sei nicht auszuschließen, dass die vorgerichtlichen Kosten bereits bei der Kostenquote eine Rolle gespielt hätten.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers, zu deren Begründung dieser darauf abstellt, die mit Beschluss vom 29.4.2011 getroffene Kostenentscheidung sei hinsichtlich des Tenors ausweislich der Gründe dahin auszulegen, dass die Kosten der vorgerichtlichen Tätigkeit mit umfasst sein sollten.

Auf Hinweis des Senats, dass die Beschwerdeschrift im Original nicht unterzeichnet sei, hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers vorgetragen, eine Rückfrage bei dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten habe ergeben, dass die ihm vorliegende beglaubigte Kopie der Beschwerdeschrift von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers unterschrieben worden sei. Dies hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten unter Vorlage einer Kopie der beglaubigten Abschrift der Beschwerdeschrift bestätigt.

II.1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig.

Insbesondere sind die in § 569 ZPO bestimmte Frist und die dort genannte Form trotz der fehlenden Unterschrift des Prozesssbevollmächtigen des Klägers auf dem Original der Beschwerdeschrift gewahrt. Das Fehlen einer Unterschrift kann nämlich unschädlich sein, wenn auch ohne die Unterschrift des Prozessbevollmächtigten aus anderen, eine Beweisaufnahme nicht erfordernden Umständen zweifelsfrei feststeht, dass der Prozessbe...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge