Entscheidungsstichwort (Thema)
Ortsumfahrung
Leitsatz (amtlich)
1. Ist eine Leistungsposition eines Bauauftrages objektiv auf eine finanzielle Leistung gerichtet (hier: Übernahme der Kosten von Autowäschen), so besteht für den Auftraggeber kein Anlass, an der Angabe eines Bieters, diese Leistung als Eigenleistung zu erbringen, zu zweifeln.
Auch wenn ein Positionstext im Leistungsverzeichnis aus Empfängersicht mehrdeutig ist und nach einer von mehreren Auslegungsmöglichkeiten in Betracht kommt, dass der Einsatz von anderen Unternehmen unumgänglich ist, ist das Angebot eines Bieters vollständig, der die Leistung - "zufällig zutreffend" - als Eigenleistung anbietet und daher keine Verpflichtungserklärungen anderer Unternehmen vorlegt.
2. Die Durchführung von Autowäschen ist keine Nachunternehmerleistung bei einem Auftrag über Straßenbauleistungen. Es kann offen bleiben, ob die Verdingungsunterlagen dahin auszulegen sind, dass Verfügbarkeitsnachweise nicht nur für Nachunternehmer, sondern auch für jegliche Hilfsleistungen anderer Unternehmen vorzulegen sind.
3. Erklärt ein Bieter, dass er alle Leistungen eines Titels von einem Nachunternehmer erbringen lassen werde, und bezieht sich die Verpflichtungserklärung des bezeichneten Nachunternehmers aber nur auf einige einzelne, ausdrücklich mit ihren Ordnungsziffern aufgeführte Leistungspositionen dieses Titels, so ist diese Abweichung als ein unvollständiger Verfügbarkeitsnachweis zu bewerten.
4. Fordert die Vergabestelle mit Angebotsabgabe Angaben zum beabsichtigten Bauablauf und im Falle der Auftragserteilung die Anfertigung eines mit dem Auftraggeber abgestimmten Bauzeitenplans, so ist der Bieter verpflichtet, innerhalb der Angebotsfrist seine Vorstellungen zur beabsichtigten Reihenfolge bei der Ausführung der Bauarbeiten darzustellen. Die Form der Darstellung steht ihm - mangels anderweitigen Verlangens der Vergabestelle - frei.
5. Zum Inhalt des Vergabevermerks bei Verwendung eines Punktesystems im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsbewertung der Angebote.
Verfahrensgang
1. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt LSA (Beschluss vom 06.06.2008; Aktenzeichen 1 VK LVwA 7/08) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beigeladenen und die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin jeweils gegen den Beschluss der 1. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt des Landes Sachsen-Anhalt vom 6.6.2008 werden zurückgewiesen.
Die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragstellerin und die Beigeladene je zur Hälfte zu tragen. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 170.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsgegner, ein Eigenbetrieb des Landes Sachsen-Anhalt u.a. zur Planung und Durchführung von Tiefbau, schrieb im Februar 2008 den oben genannten Bauauftrag EU-weit im Offenen Verfahren auf der Grundlage der Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) - Ausgabe 2006 - zur Vergabe aus. Der Auftrag ist Bestandteil eines Bauvorhabens im Umfang von ca. 12,6 Mio. EUR. Der Auftrag sollte ursprünglich im Zeitraum von Anfang Juni bis Anfang Dezember 2008 ausgeführt werden.
Gegenstand der Nachprüfung sind Bewertungen des Antragsgegners bzw. der Vergabekammer zur Erfüllung der Bewerbungsbedingungen im Hinblick auf den Einsatz von anderen Unternehmen sowie zur Vollständigkeit der Angebote im Hinblick auf Angaben zum beabsichtigten Bauablauf.
In der Bekanntmachung der Ausschreibung gibt es keine Festlegungen, die sich auf den Einsatz anderer Unternehmen beziehen. Die Verdingungsunterlagen enthalten in der Aufforderung zur Angebotsabgabe unter Ziff. 7 den Verweis auf die Geltung der beigefügten Bewerbungsbedingungen; in Ziff. 7 der Bewerbungsbedingungen heißt es sodann unter der Überschrift "Eignungsnachweis für andere Unternehmen":
"Beabsichtigt ein Bieter, sich bei der Erfüllung eines Auftrages der Fähigkeiten anderer Unternehmen zu bedienen, muss er dem Auftraggeber hinsichtlich der Eignung nachweisen, dass ihm die erforderlichen Mittel zur Verfügung stehen. Er hat entsprechende Verpflichtungserklärungen dieser Unternehmen mit dem Angebot vorzulegen."
Das Leistungsverzeichnis führt unter dem Titel 05.01. "Untergrundverbesserungen" eine Position 007 auf, die lautet:
"Autowäsche 150 Stk. Autowäsche einfach, wird selbst ausgeführt durch Autohäuser am Knoten 3 für verschmutzte Fahrzeuge durch Staubentwicklung bei der Baumaßnahme. Einschließlich der Aufwendungen für An- und Abfahrt."
Die Zuschlagskriterien werden bereits der Vergabebekanntmachung benannt, danach soll der Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot nach den Kriterien Preis mit einer Gewichtung von 85 % und Technischer Wert mit einer Gewichtung von 15 % erteilt werden (Ziff. IV 2.1)). Eine weitere Konkretisierung erfolgte in den Verdingungsunterlagen unter Ziff. 12 der Aufforderung zur Angebotsabgabe, wobei unter Ziff. 12.2 aufgeführt ist, dass eines der Unterkriterien des Wirtschaftlichkeitskriteriums "Technischer Wert" der zeitliche Bauablauf ist. Hierauf beziehen ...