Leitsatz (amtlich)

1. Auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann eine Stufenklage (Zugewinn) beim FamG anhängig gemacht werden.

2. Die Auskunftsstufe ist gegen den Gemeinschuldner zu richten, für den Zahlungsanspruch hingegen gegen den Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes.

 

Verfahrensgang

AG Aschersleben (Beschluss vom 23.11.2001; Aktenzeichen 14 F 332/01)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des AG – FamG – Aschersleben vom 23.11.2001 in Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 10.1.2002 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung – auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens – an das FamG zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht – stufenweise – einen Anspruch auf Auskunft und Zugewinnausgleich geltend.

Sie wurde von dem in Anspruch genommenen Beklagten durch Urteil vom 1.12.2000 geschieden. Am 9.2.2001 ist das Scheidungsurteil rechtskräftig geworden. Anschließend hat das AG – Insolvenzgericht – Magdeburg mit Beschluss vom 29.3.2001 das Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten eröffnet. Die vorliegende Stufenklage ist am 13.9.2001 beim FamG eingereicht worden.

Das FamG hat der Klägerin – mit dem angefochtenen Beschluss – Prozesskostenhilfe versagt, weil die geltend gemachte Forderung bis zum 5.6.2001 beim Insolvenzgericht hätte angemeldet werden müssen.

II. Die – zulässige – Beschwerde der Klägerin (§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F.) ist begründet.

1. Bei der Stufenklage handelt es sich um einen Sonderfall der objektiven Klagehäufung. Ein in erster Stufe erhobener – prozessual selbstständiger – Auskunftsanspruch wird nach der gesetzlichen Sonderregelung zu § 254 ZPO mit einem in zweiter Stufe erhobenen – prozessual selbstständigen – Leistungsanspruch zu einer Klage verbunden (Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 254 Rz. 1; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 254 Rz. 1 m.w.N.). Die allgemeinen Voraussetzungen für eine Verbindung mehrerer prozessualer Ansprüche zu einer Klage, die sich aus der Grundregel zu § 260 ZPO ergeben, brauchen nicht erfüllt zu sein. Dies folgt aus der Eigenart der Stufenklage, die darin besteht, dass der in erster Stufe erhobene Auskunftsanspruch lediglich der genauen Bestimmung des in der zweiten Stufe erhobenen, bei der Erhebung der Stufenklage – abweichend von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO – noch nicht konkret zu bestimmenden Leistungsanspruchs dient; dem Auskunftsanspruch ist bei der Stufenklage (§ 254 ZPO) mithin eine bloße Hilfsfunktion zur Bestimmung des gleichzeitig geltend gemachten, aber erst nach der Auskunftserteilung konkret zu bestimmenden Hauptanspruchs zugewiesen (Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 254 Rz. 4 m.w.N.).

2. Auf Grund der bloßen Hilfsfunktion des – in der ersten Stufe erhobenen – Auskunftsanspruchs und der auf dieser Tatsache beruhenden Sonderregelung zu § 254 ZPO muss die Stufenklage – abweichend von der Grundregel zu § 260 ZPO – bei dem Gericht erhoben werden, das für den – in zweiter Stufe – erhobenen, bei der Erhebung der Stufenklage jedoch noch nicht konkret bestimmten Hauptanspruch zuständig ist (OLG Hamburg, MDR 1958, 343; ferner Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 21. Aufl., § 254 Rz. 1, Fn. 2 [„Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs”]).

Der mit der Stufenklage der Klägerin in zweiter Stufe geltend gemachte, zur Zeit noch nicht bestimmte Hauptanspruch ist auf Zahlung von Zugewinnausgleich (§ 1378 BGB) gerichtet und daher nicht nur als familienrechtlicher Anspruch, sondern auch als Vermögensanspruch i.S.d. InsO anzusehen (§ 38 InsO; vgl. Kilger/Schmidt, Insolvenzgesetze, 17. Aufl., § 3 KO, Anm. 2a m.w.N.). Insofern kann für ihn nichts anderes als für Unterhaltsansprüche gelten, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden (§ 40 InsO; vgl. OLG Koblenz, OLGReport Koblenz 2001, S. 219).

Demnach durfte die Klägerin die Stufenklage nicht nur vor dem FamG, sondern auch vor dem Insolvenzgericht erheben. Ihr hat das Recht zugestanden, zwischen dem ausschließlichen Gerichtsstand für Zugewinnausgleichsansprüche (§ 621 Abs. 1 Nr. 8 ZPO) und dem ausschließlichen Gerichtsstand für die Feststellung von Forderungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen die Insolvenzmasse entstanden (§ 38, § 174, § 180 Abs. 1 Satz 1 InsO), zu wählen (§ 35 ZPO).

Die Klägerin hat sich – zulässigerweise – für die zuerst genannte Möglichkeit entschieden. Mit der Ausübung ihres Wahlrechts ist – im Ergebnis – der alleinige Gerichtsstand des FamG begründet worden (vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 35, Rz. 2, 3 m.w.N.).

3. Aus der bloßen Hilfsfunktion des – in der ersten Stufe erhobenen – Auskunftsanspruchs ergibt sich außerdem, dass die gesamte Stufenklage als unbegründet abgewiesen werden muss, falls für den – in der zweiten Stufe erhobenen – zur Zeit noch nicht bestimmten Hauptanspruch Anspruchsgrundlagen fehlen (Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 254 Rz. 9). Diesen Fall hat das FamG zu Unrecht angenommen.

Hinsichtlich des in zweiter Stufe erhobenen, noch nicht bestimmten Zugewinnausgleichsa...

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