Leitsatz (amtlich)
1. Die Ermächtigung des Gläubigers zur (Ersatz-) Vornahme einer vertretbaren Handlung und die Verurteilung des Schuldners zur Vorauszahlung nach § 887 Abs. 1 und 2 ZPO setzen, wenn der zu vollstreckende Titel den Schuldner nur Zug um Zug gegen Zahlung einer Gegenleistung verpflichtet sieht, den Nachweis des Annahmeverzuges durch zugestellte Urkunden gem. § 765 Nr. 1 HS 1 ZPO nicht voraus, wenn sich der Verzug des Schuldners mit der Annahme für das zuständige Prozessgericht ohne weiteres aus dem Akteninhalt ergibt.
2. Der Schuldner kann im Ermächtigungsverfahren nicht mit der vom Gläubiger zu erbringenden Leistung gegen die Kosten der Ersatzvornahme aufrechnen, so dass die Vorauszahlung ohne Rücksicht auf die Gegenleistung zu bemessen ist.
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Aktenzeichen 14 O 445/97) |
Nachgehend
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss der 14. Zivilkammer des LG Halle vom 12.11.2001 – 14 O 445/97 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für die sofortige Beschwerde beträgt 47.109,50 DM.
Gründe
Die Gläubigerin betreibt gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung aus dem mit der Vollstreckungsklausel versehenen Urteil des 13. Zivilsenats des OLG Naumburg vom 16.5.2000, wonach (Ziff. 3.) die Schuldnerin u.a. Zug um Zug gegen Zahlung von 21.579 DM eine Ringdrainage auf dem Grundstück der Gläubigerin einzubauen hat. Mit ihrem Antrag begehrt die Gläubigerin die Ermächtigung zur Ersatzvornahme sowie die Verurteilung der Schuldnerin zur Zahlung eines Vorschusses von 58.084,13 DM.
Aufgrund des Streits der Parteien über die Höhe der Kosten für die vorzunehmende Handlung hat das LG durch Einholen eines Sachverständigengutachtens Beweis erhoben und schließlich die begehrte Ermächtigung unter Vorschußleistungspflicht der Schuldnerin i.H.v. 47.109,50 DM ausgesprochen.
Gegen diese, ihrem Bevollmächtigten am 23.11.2001 zugestellte Entscheidung wendet sich die am 5.12.2001 beim LG eingegangene sofortige Beschwerde der Schuldnerin.
Das LG hat ausgeführt:
Die Gläubigerin sei nach § 887 Abs. 1 ZPO zur Ersatzvornahme zu ermächtigen, da die Schuldnerin die Nachbesserung trotz Aufforderung hierzu nicht durchgeführt habe. Darüber hinaus sei die Schuldnerin verpflichtet, die voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten nach § 887 Abs. 2 ZPO vorzuschießen. Wegen der Höhe der Kosten folge die Kammer nach freiem Ermessen den Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. St. Danach sei der Vorschuss auf 47.109,50 DM zu schätzen. Auf ein weiteres Gutachten komme es nicht an, da eine ausreichende Schätzgrundlage vorhanden sei. Das Risiko von Mehr- oder Minderkosten verteile sich gleichmäßig auf die Parteien. Soweit die Schuldnerin möglicherweise einen Rückzahlungsprozess führen müsse, sei dies die hinzunehmende Konsequenz aus der Nichtbeachtung des im Urteil enthaltenen Leistungsbefehls. Die von der Schuldnerin zu beanspruchende Gegenleistung von 21.579 DM sei von den Ersatzvornahmekosten nicht abzusetzen. Die Zwangsvollstreckung werde durch den Annahmeverzug der Schuldnerin eröffnet. Es bedürfe nunmehr keines Angebots der Gegenleistung mehr. Dem zuwider liefe die Berücksichtigung der Gegenforderung bei der Bemessung des zu verlangenden Vorschusses.
Danach hat die zulässige sofortige Beschwerde in der Sache keinen Erfolg.
Das LG hat sowohl die Voraussetzungen für die Ersatzvornahme als auch die Vorschusszahlungspflicht der Schuldnerin im Umfang von 47.109,50 DM zutreffend bejaht (§ 887 Abs. 1, 2 ZPO). Der Senat schließt sich den im wesentlichen zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung an.
Die Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen liegen vor, insbesondere ist § 765 ZPO Genüge getan. Allerdings hat das LG nicht weiter problematisiert, dass dem Antrag der Gläubigerin Nachweise der Erfüllung bzw. des Annahmeverzugs nicht beigefügt sind (vgl. hierzu Zöller/Stöber, ZPO, 22. Aufl., § 887 Rz. 5). Der von der Kammer bejahte Annahmeverzug muss sich grundsätzlich aus zugestellten Urkunden ergeben (§ 765 Nr. 1 HS 1 ZPO). Dass solche Urkunden hier überhaupt existieren, ist nicht ersichtlich. Dennoch kann die Gläubigerin gegen die Schuldnerin vollstrecken. Eines Beweises nach § 765 Nr. 1 ZPO bedarf der Annahmeverzug dann nicht, wenn er sich für das nach § 887 ZPO zuständige Prozessgericht ohne weiteres aus dem Akteninhalt ergibt (so auch Heßler in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 756 Rz. 52; Zöller/Stöber, § 756 Rz. 9). Die Schuldnerin hat bereits mit ihrer Erwiderung auf den Antrag der Gläubigerin zum Ausdruck gebracht, die geschuldeten Nachbesserungsarbeiten nicht erbringen zu wollen, indem sie ihre Gewährleistungspflicht abstritt und versuchte, ihre Gegenforderung durch Aufrechnung gegen den Vorschussanspruch zu realisieren. War die Schuldnerin danach zwar bereit, die Leistung der Gläubigerin anzunehmen, bot sie aber nicht gleichzeitig die Nachbesserung an, geriet sie in Annahmeverzug (§ 29...