Leitsatz (amtlich)

Hat der Prozessbevollmächtigte einer Partei zunächst mit dem Kostenfestsetzungsantrag den Umsatzsteuerbetrag wegen der - irrtümlich angenommenen - Vorsteuerabzugsberechtigung der Partei nicht geltend gemacht, kann er dies mit einem Nachfestsetzungsantrag korrigieren und diese nachträglich festsetzen lassen, solange der Kostenfestsetzungsbeschluss noch nicht in Rechtskraft erwachsen ist.

 

Verfahrensgang

LG Dessau-Roßlau (Beschluss vom 23.04.2013; Aktenzeichen 4 O 293/11)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Dessau-Roßlau vom 23.4.2013 über die Nachfestsetzung von Kosten zum Kostenfestsetzungsbeschluss I. Instanz vom 2.1.2013 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Beschwerdewert wird auf 614,08 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit rechtskräftigem, die Klage abweisenden Urteil der 4. Zivilkammer des LG Dessau-Roßlau vom 9.11.2012 wurde die Klägerin zur Kostentragung verpflichtet. Am 22.11.2012 haben die Beklagten die Festsetzung der Kosten I. Instanz beantragt. In dem anwaltlichen Schriftsatz vom 20.11.2012 heißt es u.a.: "19 % Umsatzsteuer gem. Nr. 7008 VV: 614,08 EUR... Die von uns vertretene Partei ist vorsteuerabzugsberechtigt, so dass die ausgewiesene Umsatzsteuer nicht festzusetzen ist". Auf den Kostenfestsetzungsantrag wird Bezug genommen.

Die zuständige Rechtspflegerin der 4. Zivilkammer des LG Dessau-Roßlau hat die von der Klägerin an die Beklagten zu erstattenden Kosten mit Beschluss vom 2.1.2013 auf 3.232 EUR festgesetzt und hierzu in den Gründen ausgeführt, von dem Antrag sei die Mehrwertsteuer i.H.v. 614,08 EUR abzusetzen gewesen, da die Beklagten vorsteuerabzugsberechtigt seien. Auf den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 2.1.2013, der dem Klägervertreter ausweislich dessen Empfangsbekenntnisses am 10.1.2013 zugestellt und dem Beklagtenvertreter am 14.1.2013 in vollstreckbarer Ausfertigung formlos übersandt worden ist, wird Bezug genommen. Mit Schriftsatz vom 17.1.2013, eingegangen beim LG am 21.1.2013, hat der Beklagtenvertreter beantragt, den Umsatzsteuerbetrag nachträglich festzusetzen, da für die Beklagten entgegen seiner Annahme keine Vorsteuerabzugsberechtigung bestünde. Die Klägerin hat der Nachfestsetzung widersprochen.

Im Wege der Nachfestsetzung hat die zuständige Rechtspflegerin der 4. Zivilkammer des LG Dessau-Roßlau die von der Klägerin an die Beklagten zu erstattenden Kosten mit Beschluss vom 23.4.2013 auf weitere 614,08 EUR Umsatzsteuer festgesetzt. Gegen diesen ihr am 26.4.2013 zugestellten Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 8.5.2013, eingegangen beim LG Dessau-Roßlau per Telefaxkopie am selben Tag. Sie macht im Wesentlichen geltend, einer Nachfestsetzung stünde die rechtskräftige Aberkennung des Mehrwertsteuerbetrages im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 2.1.2013 entgegen. Auf die sofortige Beschwerde wird Bezug genommen.

Die Rechtspflegerin am LG Dessau-Roßlau hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 22.7.2013 nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die gem. § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, § 11 Abs. 1 RPflG statthafte und form- und fristgerecht nach § 569 ZPO eingelegte sofortige Beschwerde, über die gem. § 568 Satz 1 ZPO der Einzelrichter zu entscheiden hat, ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.

1. Zur Berücksichtigung der Umsatzsteuer im Kostenfestsetzungsverfahren genügt grundsätzlich die Erklärung des Antragstellers, nicht vorsteuerabzugsberechtigt zu sein (Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., § 104 Rz. 21, § 91 Rz. 13, jeweils Stichwort "Umsatzsteuer"). Das behauptete Fehlen der Vorsteuerabzugsberechtigung wird im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich auch nicht überprüft, um das Kostenfestsetzungsverfahren von steuerrechtlichen Fragen zu entlasten (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., § 91 Rz. 13). Eine zweifelsfrei unrichtige Erklärung, die gegebenenfalls eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte, liegt weder für die Beklagte zu 1.) noch für die Beklagte zu 2.) vor (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., ebenda).

Da der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hier zunächst mit Kostenfestsetzungsantrag vom 20.11.2012 ausdrücklich den Mehrwertsteuerbetrag wegen der - irrtümlich angenommenen - Vorsteuerabzugsberechtigung der Beklagten nicht geltend gemacht hat, indem er vorgetragen hat, die ausgewiesene Umsatzsteuer sei nicht festzusetzen, konnte er mit Nachfestsetzungsantrag vom 17.1.2013 für die Beklagten das Vorbringen zur Vorsteuerabzugsberechtigung korrigieren und die ursprünglich nicht begehrte Umsatzsteuer nachträglich festsetzen lassen. Hat ein Prozessbevollmächtigter in seinem ursprünglichen Kostenfestsetzungsantrag irrtümlich nicht alle Kosten geltend gemacht, so ist eine Nachliquidation nach den allgemeinen Grundsätzen des Kostenrechts grundsätzlich zulässig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17.2.1995, Aktenzeichen: 2 BvR 502/92, m.w.N., zitiert nach juris). ...

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