Leitsatz (amtlich)

Hat das FamG das Verfahren nach § 2 VAÜG ausgesetzt und wird hiergegen Beschwerde eingelegt, ist der Senat zur Sachentscheidung berufen.

 

Verfahrensgang

AG Haldensleben (Urteil vom 28.10.2003; Aktenzeichen 8 F 366/02)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte wird die den Versorgungsausgleich aussetzende Regelung in Ziff. 2 der Entscheidungsformel des Urteils des AG - FamG - Haldensleben vom 28.10.2003, Az.: 8 F 366/02, aufgehoben.

II. Der Versorgungsausgleich wird wie folgt geregelt:

1. Von dem Versicherungskonto des Ehemannes bei der Landesversicherungsanstalt Sachsen-Anhalt, Vers.-Nr.:..., werden, bezogen auf den 30.11.2002 als Ende der Ehezeit, Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 19,27 Euro

auf das bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte unterhaltene Versicherungskonto der Ehefrau, Vers.-Nr.:..., übertragen.

2. Der Monatsbetrag der übertragenen Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

III. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei.

IV. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

V. Die Kosten für die Durchführung des Versorgungsausgleichs nach einem Wert von 500 Euro fallen den Parteien zur Last.

 

Gründe

I. Durch Urteil des AG Haldensleben vom 28.10.2003 (Bl. 33-36 d.A.) ist die Ehe der Parteien geschieden und zugleich der Versorgungsausgleich gem. § 2 Abs. 1 S. 2 VAÜG ausgesetzt worden, da die Voraussetzungen für eine vorzeitige Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht gegeben seien.

Gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich richtet sich, in formeller Hinsicht bedenkenfrei, die Beschwerde der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) vom 18.12.2003 (Bl. 46 UA-VA), die meint, der Versorgungsausgleich sei durchzuführen, weil die Antragstellerin eine Rente beziehe und damit Leistungsempfängerin i.S.d. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VAÜG sei.

II. Die gem. § 20 Abs. 1 FGG in Verb. mit § 621a Abs. 1 S. 1 und § 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zulässige Beschwerde der BfA hat in der Sache Erfolg.

Der Versorgungsausgleich ist aufgrund des zwischenzeitlichen Bezugs einer Erwerbsunfähigkeitsrente auf Seiten der Ehefrau (Antragstellerin) gem. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VAÜG durchzuführen (1).

Ausgleichspflichtig gem. § 1587a Abs. 1 S. 1 BGB ist der Ehemann (Antragsgegner) mit den insgesamt werthöheren Versorgungsanrechten der Parteien, und zwar gem. § 1587a Abs. 1 S. 2 BGB in Höhe der Hälfte des nach § 1587a Abs. 2 Nr. 2 BGB, zum Teil in Verb. mit den §§ 3 Abs. 2 Nr. 1 lit. a, 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 1 Abs. 2 Nr. 1 VAÜG, ermittelten Wertunterschiedes der beiderseitigen Anrechte (2).

Der Ausgleichsanspruch der Ehefrau (Antragstellerin) in Höhe der Hälfte des Wertunterschiedes wird erfüllt durch die Übertragung entsprechender Rentenanwartschaften des Ehemanns gem. § 1587b Abs. 1 BGB (3).

1. Die Möglichkeit und Notwendigkeit, den Versorgungsausgleich durchzuführen, folgt aus § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VAÜG.

Die Durchführung des Versorgungsausgleichs unterliegt gem. § 1 Abs. 1 VAÜG den besonderen Vorschriften des Versorgungsausgleichs-Überleitungsgesetzes (VAÜG), da die Ehezeit gem. § 1587 Abs. 2 BGB am 30.11.2002 (Bl. 13 d.A.) vor der noch ausstehenden Einkommensangleichung i.S.d. § 1 Abs. 4 VAÜG geendet hat und beide Ehegatten während der Ehezeit angleichungsdynamische Anrechte gem. § 1 Abs. 2 Nr. 1 VAÜG erworben haben. Vor der Einkommensangleichung konnte daher nur unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 VAÜG der Versorgungsausgleich durchgeführt werden.

a) Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. a VAÜG für die Durchführung des Versorgungsausgleichs liegen nicht vor, weil nicht nur angleichungsdynamische, sondern auch nichtangleichungsdynamische Rentenanwartschaften im vorliegenden Falle auszugleichen sind. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. b VAÜG sind nicht erfüllt, weil die werthöheren angleichungsdynamischen Anrechte und die werthöheren nichtangleichungsdynamischen Rentenanwartschaften jeweils einem anderen Ehegatten zustehen.

b) Der Versorgungsausgleich ist allerdings gem. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VAÜG vor der Einkommensangleichung durchzuführen, da aus einem im Versorgungsausgleich zu berücksichtigenden Anrecht auf Grund des Versorgungsausgleichs bereits Leistungen zu erbringen sind. Das ist mit dem Rentenbezug der Ehefrau nunmehr der Fall.

Nach der Beschwerdebegründung ist davon auszugehen, dass die Ehefrau von der BfA aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf unbestimmte Zeit eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erhält, die nach Maßgabe der §§ 76, 100 Abs. 1 SGB VI aufgrund des Versorgungsausgleichs, sobald dieser rechtskräftig und wirksam ist, um einen Zuschlag an entsprechenden Entgeltpunkten zu erhöhen ist. Dem steht nicht entgegen, dass bei der Ermittlung des Wertes der der Ehefrau zustehenden Versorgungsanrechte im Rahmen des § 1587a Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht auf die gezahlte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, sondern mangels endgültigen Bestandes jener Rente nach wie vor auf die fiktiv ermittelte Regelaltersrente abzu...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge