Leitsatz (amtlich)

1. Auf eine Mindestbeschwer kommt es für die befristete Beschwerde nach den §§ 629a Abs. 2 S. 1, 621e Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO nicht an, wie schon aus der fehlenden Bezugnahme auf § 511a ZPO in § 621e Abs. 3 S. 2 ZPO erhellt.

2. Der Versorgungsausgleich ist auch dann nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 VAÜG wegen der leistungsrelevanten Auswirkung eines zu berücksichtigenden Anrechts nach § 100 Abs. 1 SGB VI in Verbindung mit den §§ 76, 264a SGB VI durchzuführen, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bezieht.

3. Das so genannte Rentnerprivileg des § 101 Abs. 3 S. 1 SGB VI steht der Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht entgegen, wenn lediglich der Ausgleichsberechtigte bereits eine Rente bezieht und nicht, wie für die Anwendung jener Vorschrift vonnöten, der zum Versorgungsausgleich Verpflichtete.

4. Der Anpassungsfaktor nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 lit. a VAÜG bestimmt sich, ausgehend von dem gemäß § 1587 Abs. 2 BGB bestimmten Ehezeitende, nach Maßgabe des jeweiligen Entscheidungsdatums gemäß § 5 der auf der Grundlage des § 281b Abs. 1 Nr. 2 SGB VI jährlich neu erlassenen Rentenanpassungsverordnung.

5. Für familiengerichtliche Entscheidungen in der Zeit vom 1.7.2000 bis zum 30.6.2001 galt die Rentenanpassungsverordnung 2000 vom 31.5.2000 (BGBl. I 2000, 788 [789], für Entscheidungen ab dem 1.7.2001 gilt die Rentenanpassungsverordnung 2001 vom 14.6.2001 (BGBl. I 2001, 1040 [1041]).

 

Verfahrensgang

AG Magdeburg (Aktenzeichen 22 F 2126/99)

 

Tenor

I. Auf die befristete Beschwerde der Landesversicherungsanstalt Sachsen-Anhalt wird das Urteil des AG – FamG – Magdeburg vom 19.6.2001, Az.: 22 F 2126/99, hinsichtlich Ziffer 3 der Entscheidungsformel abgeändert und der Versorgungsausgleich insgesamt wie folgt neu geregelt:

1. Von dem Versicherungskonto der Ehefrau bei der Landesversicherungsanstalt Sachsen-Anhalt, Vers.-Nr.: …, werden, bezogen auf den 30.11.1999 als Ende der Ehezeit, angleichungsdynamische Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 18,95 DM auf das ebenfalls bei der Landesversicherungsanstalt Sachsen-Anhalt unterhaltene Versicherungskonto des Ehemannes, Vers.-Nr.: …, übertragen.

2. Der Monatsbetrag der übertragenen Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen.

Der aktuelle Rentenwert (Ost) zum Ende der Ehezeit ist für die Ermittlung der Entgeltpunkte (Ost) mit dem Angleichungsfaktor von 1,0018262 zu vervielfältigen, welcher der Berechnung des Monatsbetrags der übertragenen Rentenanwartschaften zu Grunde liegt.

II. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Durch Urteil vom 19.6.2001 (Bl. 63–67 d.A.) hat das AG Magdeburg die Ehe der Parteien geschieden und zugleich, unter Ziffer 3 der Entscheidungsformel, den Versorgungsausgleich gem. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VAÜG durchgeführt.

Im Wege des Rentensplittings gem. § 1587b Abs. 1 BGB (i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 1 VAÜG) wurden dabei, bezogen auf die sich aus § 1587 Abs. 2 BGB ergebende Ehezeit vom 1.3.1979 bis zum 30.11.1999 und ausgehend von einem Angleichungsfaktor von 0,9999459 für die Wertermittlung nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 lit. a VAÜG, angleichungsdynamische Rentenanwartschaften der Ehefrau (Antragsgegnerin) i.H.v. 18,91 DM monatlich von deren Versicherungskonto bei der Landesversicherungsanstalt Sachsen-Anhalt (LVA) auf das ebenfalls dort unterhaltene Versicherungskonto des Ehemannes übertragen.

Gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich richtet sich, in formeller Hinsicht bedenkenfrei, die Beschwerde der Landesversicherungsanstalt Sachsen-Anhalt vom 25.7.2001 (Bl. 57–59 UA-VA), die beanstandet, das AG habe der Ermittlung des Wertes der angleichungsdynamischen Rentenanwartschaften der Parteien gem. § 3 Abs. 2 Nr. 1 VAÜG einen unzutreffenden Angleichungsfaktor – der tatsächlich 1,0000000 betrage – zu Grunde gelegt.

II. Die gem. § 629a Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 621e Abs. 1 und § 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO statthafte befristete Beschwerde der Landesversicherungsanstalt Sachsen-Anhalt ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Sie ist auch i.Ü. generell nach Maßgabe des § 621e Abs. 3 ZPO und des § 20 FGG i.V.m. § 621a Abs. 1 S. 1 ZPO zulässig.

Auf eine – hier nicht erreichte – Mindestbeschwer kommt es, im Gegensatz zur Berufung, nicht an, wie schon aus der fehlenden Bezugnahme auf § 511a ZPO in § 621e Abs. 3 S. 2 ZPO erhellt (vgl.: OLG Bamberg v. 15.10.1996 – 7 UF 108/96, FamRZ 1998, 305; Philippi in Zöller, ZPO, 22. Aufl. 2001, § 621e Rz. 16; a.A. in Bezug auf das Rechtsschutzbedürfnis minimaler Korrekturen erstrebender Beschwerden: OLG München v. 17.9.1981 – 4 UF 175/81, FamRZ 1982, 187; OLG Dresden v. 19.1.1996 – 11 UF 402/95, FamRZ 1996, 742). Die Beschwerdebefugnis ist auch unabhängig von einer finanziellen Mehrbelastung der Beschwerde führenden Versicherungsanstalt (BGH v. 12.11.1980 – IVb ZB 712/80, NJW 1981, 1274).

Die LVA ist vielmehr allein auf Grund des nach ihrem Vortrag gesetzeswidrig durchgeführten V...

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