Leitsatz (amtlich)
Ist seit der Entscheidung in der Hauptsache ein Zeitraum von mehr als vier Jahren vergangen, ist eine Abänderung nicht mehr zulässig.
Dies gilt auch dann, wenn das Abänderungsverfahren zwar vor Fristablauf eingeleitet wurde, jedoch ohne Mitwirken der Partei schleppend und nachlässig geführt wurde und die abändernde Entscheidung erst nach Ablauf der Frist ergeht, obwohl sie wesentlich früher hätte ergehen können (Bestätigung von OLG Naumburg v. 9.4.1996 – 8 WF 29/96, OLGReport Naumburg 1996, 238 = FamRZ 1996, 1425).
Verfahrensgang
AG Haldensleben (Aktenzeichen 8 F 29/96) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG – FamG – Haldensleben vom 31.5.2002 in Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 30.7.2002 und des Berichtigungsbeschlusses vom 16.8.2002 aufgehoben.
Gründe
I. Mit Beschluss des FamG vom 11.3.1996 wurde der Antragstellerin ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt (Bl. 12 PKH-Heft). Am 13.11.1997 wurde die Entscheidung in der Hauptsache verkündet (rechtskräftiges Scheidungsurteil).
Mit Verfügung vom 26.9.2001 forderte das FamG die Antragstellerin – unter Fristsetzung von einem Monat – zur Abgabe einer Erklärung nach § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO auf (an die Antragstellerin herausgegangen am 8.10.2001; Bl. 25 PKH-Heft). Am 25.10.2001 leistete die Antragstellerin der Verfügung Folge (Bl. 26 ff. PKH-Heft). Daraufhin folgten weitere Verfügungen des FamG vom 18.12.2001 (an die Antragstellerin herausgegangen am 31.1.2002; Bl. 38 PKH-Heft), vom 19.2. (Bl. 46 PKH-Heft; gefertigt am 11. 3. 02, Bl. 44 PKH-Heft) und vom 13.3.2002 (an die Antragstellerin herausgegangen am 28.3.2002; Bl. 63 PKH-Heft). Schließlich änderte das FamG die Bewilligung ratenfreier Prozesskostenhilfe durch Beschluss vom 31.5.2002 dahingehend, dass der Antragstellerin für die Zeit ab Juli 2002 Raten von 75 Euro monatlich auferlegt wurden (Bl. 66 PKH-Heft). Gegen diesen – ihr am 11.7.2002 zugestellten (Bl. 69 PkH-Heft) – Beschluss legte die Antragstellerin am 24.7.2002 „Beschwerde” ein (Bl. 75 PKH-Heft), worauf das FamG am 30.7.2002 einen Nichtabhilfebeschluss erließ (Bl. 85 PKH-Heft), den es durch Beschluss vom 16.8.2002 dahingehend berichtigte, dass es Arzneimittelkosten von 2,26 DM anrechnete und einen zu zahlenden „Endbetrag” von (694,85 DM =) 355,27 Euro festsetzte (Bl. 95 PKH-Heft).
II. 1. Die Entscheidung über die „Beschwerde” der Antragstellerin richtet sich nach dem am 1.1.2002 in Kraft getretenen neuen Zivilprozessrecht, da die angefochtene Entscheidung – Zahlungsanordnung in Abänderung ratenfreier Bewilligung von Prozesskostenhilfe (§ 120 Abs. 4 S. 1 ZPO) – weder vor dem 1.1.2002 verkündet noch vor diesem Zeitpunkt der Geschäftsstelle übergeben worden ist (§ 26 Nr. 10 EGZPO). Nach neuem Zivilprozessrecht ist gegen die besagte Entscheidung die – sofortige – Beschwerde statthaft (§ 127 Abs. 2 S. 2 ZPO n.F.), über die der originäre Einzelrichter des Senats zu befinden hat (§ 568 ZPO n.F.).
2. Der – als sofortige Beschwerde zu behandelnde – Rechtsbehelf ist begründet, da seit der – rechtskräftigen – Entscheidung in der Hauptsache (Scheidungsurteil vom 13.11.1997) mehr als vier Jahre vergangen waren, bis der angefochtene Beschluss vom 31.5.2002 erlassen wurde (§ 120 Abs. 4 S. 3 ZPO).
Zwar wurde das Änderungsverfahren bereits vor Ablauf der Vier-Jahres-Frist – nämlich mit Verfügung vom 26.9.2001 – eingeleitet; ist ein Änderungsverfahren so rechtzeitig eingeleitet, dass es bei einer unverzüglichen Antwort der Partei innerhalb der Vier-Jahres-Frist hätte abgeschlossen werden können, darf auch nach Fristablauf eine Änderung zum Nachteil der Partei erfolgen, falls sie das Änderungsverfahren verzögert (OLG Naumburg v. 9.4.1996 – 8 WF 29/96, OLGReport Naumburg 1996, 238 = FamRZ 1996, 1425).
Eine Verzögerung des Änderungsverfahrens durch die Antragstellerin lässt sich aber nicht feststellen, da sie der – am 8.10.2001 an sie herausgegangenen – Verfügung, mit der sie zur Abgabe einer Erklärung nach § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO aufgefordert wurde, innerhalb der gesetzten Monatsfrist Folge leistete. Auch die weiteren Verfügungen vom 18.12.2001 und vom 19.2. sowie vom 13.3.2002 beantwortete die Antragstellerin innerhalb der jeweils gesetzten Frist (Bl. 40, 48, 64 ff. PKH-Heft).
Infolgedessen war eine Abänderung der ratenfreien Bewilligung von Prozesskostenhilfe zum Nachteil der Antragstellerin nach Ablauf der Vier-Jahres-Frist ausgeschlossen.
Bisping, RiOLG als originärer Einzelrichter
Fundstellen
Haufe-Index 1108903 |
www.judicialis.de 2002 |