Leitsatz (amtlich)
1. Die vom BGH in seinem Beschluss vom 29.04.2016 - BLw 2/12 - aufgestellten Grundsätze rechtfertigen in dem zugrunde liegenden Fall die Versagung der Grundstücksverkehrsgenehmigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG, weil das von den Grundstückserwerbern in einem offenen, transparenten und bedingungsfreien Ausschreibungsverfahren abgegebene Höchstgebot nicht den Marktpreis widergespiegelt hat, sondern spekulativ überhöht gewesen ist.
2. Besteht zwischen dem Höchstgebot und den Geboten der nächstplatzierten Bieter ein Abstand von nicht mehr als 10 bis 15 %, sind die Gebote annähernd gleich hoch und kommt regelmäßig eine Versagung der Genehmigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG nicht in Betracht (Bestätigung des Senatsurteils vom 12.09.2017 - 2 Ww 10/13 -).
3. Für die Heranziehung der Verkäufe von Vergleichsobjekten kommt es auf die weitgehende Homogenität der Auswahlregion in Bezug auf die Marktpreisverhältnisse an, nicht hingegen auf die jeweilige Kauflosgröße, die Landkreis- oder sonstigen Verwaltungsgrenzen oder die Einheit des Naturraums.
4. Besteht das verkaufte Grundstück außer aus der landwirtschaftlichen Fläche noch aus einer untergeordneten, einer anderen Nutzung dienenden Fläche - hier einer Bebauungslücke -, ist diese Fläche gesondert zu bewerten; hierbei ist eine etwaige Bedeutung für die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Fläche besonders zu berücksichtigen.
5. Die konkreten Motive für den Grundstückserwerb, insbesondere ob der Grundstückserwerber tatsächlich in Spekulationsabsicht gehandelt hat, bedürfen im Genehmigungsverfahren nach dem Grundstücksverkehrsgesetz keiner Aufklärung (wie BGH, Beschluss vom 27.04.2018 - BLw 3/17 -).
Verfahrensgang
AG Stendal (Beschluss vom 26.10.2010; Aktenzeichen 4 Lw 4/09) |
Tenor
Die sofortigen Beschwerden der Antragsteller zu 1. bis 3. gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Stendal vom 26.10.2010 werden zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens, mit Ausnahme der durch die Beweisaufnahme vor Einlegung der Rechtsbeschwerde entstandenen Kosten, werden den Antragstellern zu 1. bis 3. auferlegt; von der Erhebung der durch die Beweisaufnahme vor Einlegung der Rechtsbeschwerde entstandenen Kosten wird abgesehen. Die Gerichtskosten des beim BGH geführten Rechtsbeschwerdeverfahrens - Az.: BLw 2/12 BGH - hat die Antragstellerin zu 1. zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden in der zweiten und dritten Instanz nicht erstattet.
Gründe
I. Die Antragsteller, Verkäufer und Käufer eines als Landwirtschaftsfläche ausgewiesenen Flurstücks, wenden sich gegen die Versagung der Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz durch die zuständige Genehmigungsbehörde, den Landkreis J.....
Mit notariell beurkundetem Kauf- und Übereignungsvertrag vom 31.03.2008 (UR-Nr. 432/2008 des Notars M. ... K., G.) verkaufte die Antragstellerin zu 1. (BVVG Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH, im Folgenden: BVVG) an die Antragsteller zu 2. und 3. (Eheleute T. und U. E.) das 2,6371 ha große, in der Gemarkung R. gelegene Flurstück ... der Flur ..., eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Burg von R., Blatt ... . Das Flurstück ist im Grundstückskataster als Ackerland verzeichnet. In § 8 Abs. 1 des notariellen Vertrages haben die Parteien die gemeinsame Annahme festgehalten, dass der Kaufgegenstand binnen eines Zeitraumes von 10 Jahren beginnend mit der Beurkundung des Vertrages zu landwirtschaftlichen / forstwirtschaftlichen Zwecken genutzt wird. Als Kaufpreis für Grund und Boden haben sie 29.000,00 EUR vereinbart. Der Verkauf erfolgte im Rahmen der gewöhnlichen Privatisierungstätigkeit der Antragstellerin zu 1., er ist nicht nach dem Ausgleichsleistungsgesetz und der Flächenerwerbsverordnung privilegiert. Die Antragsteller zu 2. und 3. erhielten den Zuschlag in einem öffentlichen Ausschreibungsverfahren aufgrund des von ihnen abgegebenen Höchstgebotes.
Mit Schreiben vom 08.04.2008, eingegangen beim Landkreis J.... am 09.04.2008, stellte der beurkundende Notar unter Überreichung einer Ablichtung des Kaufvertrages den Antrag nach § 2 des Grundstücksverkehrsgesetzes (GrdstVG) und bat um Genehmigung bzw. Übersendung des Negativattestes. Der Landkreis verlängerte durch Zwischenbescheid vom 14.04.2008 gegenüber dem Notar die Bearbeitungsfrist auf zwei Monate.
Mit Bescheid vom 05.06.2008, der Antragstellerin zu 1. am 06.06.2008 und den Antragstellern zu 2. und 3. am 07.06.2008 zugestellt, versagte der Landkreis die Genehmigung des Kaufvertrages vom 31.03.2008 nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG. Der im Vertrag vereinbarte Kaufpreis stehe - so die Genehmigungsbehörde zur Begründung - im groben Missverhältnis zum landwirtschaftlichen Verkehrswert in der Gemarkung R. . Hierdurch würden Landwirte, die einen Bedarf und ein Interesse an dem Grundstück hätten, gehindert, dieses Grundstück zum ortsüblichen Preis zur Aufstockung ihres Betriebes zu erwerben, so dass eine nachteilige Auswirkung auf die Agrarstruktur die Folge sei. Der Landkreis stützte sich dabei auf ...