Leitsatz (amtlich)
1. Es stellt einen erheblichen Grund für eine Terminsverlegung dar, wenn der Prozessbevollmächtigte durch Urlaub an der Wahrnehmung des anberaumten Termins gehindert ist, jedenfalls dann, wenn der Urlaub vor der Terminierung geplant und gebucht war. Insbesondere bei einem Termin zur Erörterung eines umfangreichen Gutachtens ist es unzumutbar, zu verlangen, dass einer der Sozii des verhinderten Prozessbevollmächtigten den Termin wahrnehmen solle.
2. Ein Richter, der unmittelbar davor einem mit gleicher Begründung gestellten Terminsverlegungsantrag der Gegenseite entsprochen hat und den nunmehr gestellten allein deswegen ablehnt, um eine weitere Verzögerung des Verfahrens zu vermeiden, setzt sich der Besorgnis der Befangenheit aus. Dies gilt umso mehr als es bei einem möglicherweise die Entscheidungsreife herbeiführenden Termin zur Erörterung einer komplexen medizinischen Fragestellung in einem bereits seit erheblicher Zeit anhängigen Verfahren, zumutbar und ratsam ist, eine Verzögerung des Verfahrens dadurch zu vermeiden, dass ein allen Beteiligten genehmer Termin abgesprochen wird.
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Beschluss vom 30.01.2013; Aktenzeichen 6 O 499/08) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss der 6. Zivilkammer des LG Halle vom 30.1.2013 abgeändert und das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen die Vorsitzende Richterin am LG. vom 25.1.2013 für begründet erklärt.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 80.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger wendet sich gegen die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs, das er gegen die Vorsitzende Richterin am LG. angebracht hat, nachdem diese einen von ihm gestellten Antrag auf Verlegung eines Termins zur Fortsetzung der Beweisaufnahme und zur mündlichen Verhandlung zurückgewiesen hat.
In dem vor der 6. Zivilkammer des LG Halle unter Vorsitz der Vorsitzenden Richterin am LG. geführten Ausgangsverfahren nimmt der Kläger mit seiner am 31.3.2008 eingereichten Klage die Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch. Diesen Anspruch stützt er darauf, dass er infolge ärztlicher Fehlbehandlung im Verlaufe seiner Geburt eine rechtsseitige Armplexusparese in Form einer Erb'schen Lähmung erlitten habe. Die Beklagten haben u.a. die Fehlerhaftigkeit der medizinischen Begleitung des Geburtsvorgangs bestritten.
Das LG hat zunächst über den Verlauf der Geburt durch die Vernehmung zweier Zeugen Beweis erhoben und sodann durch am 17.2.2010 verkündeten Beschluss (Bl. 82 ff. GA II) die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den die Beachtung der geburtshilflichen Regeln betreffenden streitigen Behauptungen der Parteien angeordnet. Nachdem die Parteien zu dem unter dem 30.12.2011 erstellten Gutachten des beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. med. T. bis zum 26.3.2012 Stellung genommen und die Beklagten zu 1. und 2. die mündliche Anhörung des Sachverständigen beantragt hatten, hat die Vorsitzende durch Verfügung vom 17.10.2012 (Bl. 109 GA III) Termin zur Erläuterung des Gutachtens und zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung auf den 7.2.2013 bestimmt und das Erscheinen des Sachverständigen angeordnet. Durch Schriftsatz vom 22.11.2012 haben die Beklagten zu 1. und 2. die Verlegung des auf den 7.2.2013 anberaumten Termins beantragt, weil ihr Prozessbevollmächtigter am Terminstag einen bereits zuvor festgesetzten Termin vor dem OLG Celle wahrzunehmen hatte. Durch Verfügung vom 21.12.2012 (Bl. 125 GA III) hat die Vorsitzende nach Anhörung der übrigen Parteien, auf die der Bevollmächtigte des Klägers mit ausdrücklichem Einverständnis mit der Terminsverlegung reagiert hat, den Termin vom 7.2.2013 aufgehoben und neuen Termin auf den 21.3.2013 bestimmt.
Unter dem 3.1.2013, eingegangen am 7.1.2013 (Bl. 134 GA III) hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers auf die ihm an diesem Tage zugestellte Terminsladung die Verlegung des auf den 21.3.2013 bestimmten Termins beantragt und die vorherige Abstimmung des neu zu bestimmenden Termins angeregt, weil er sich vom 12. bis zum 25.3.2013 in einem bereits gebuchten Urlaub befinden werde. Durch Beschluss vom 18.1.2013 (Bl. 135 GA III) hat die Vorsitzende Richterin am LG. den Terminsverlegungsantrag des Klägers zurückgewiesen, weil hierfür Gründe nach § 227 Abs. 1 ZPO nicht ersichtlich seien, und zur Begründung sinngemäß weiter ausgeführt, die erneute Verlegung des Termins werde angesichts der Terminslage der Kammer und des anzuhörenden Gutachters zu einer beträchtlichen und bei einem seit 2008 rechtshängigen Verfahren nicht hinnehmbaren Verzögerung führen. Deswegen und vor dem Hintergrund der noch verbleibenden Zeit zur Vorbereitung müsse sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers auf die Möglichkeit, einen Vertreter zum Termin zu entsenden, verweisen lassen.
Diese Ablehnung der beantragten Terminsverlegung hat der Kläger zum Anlass genommen, die Vorsitzende Richterin am LG. wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Die urlaubsbedingte Verhinderung eines Prozessbevollmächtigten stell...