Leitsatz (amtlich)
Die Entstehung der Vergleichsgebühr hängt nicht von einem formalen Vergleichsschluss ab.
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Beschluss vom 23.12.2003; Aktenzeichen 4 O 31/03) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin der 4. Zivilkammer des LG Halle vom 23.12.2003 wird dieser dahingehend abgeändert, dass die auf Grund des Anerkenntnisurteils vom 15.4.2003 und des Vergleiches vom gleichen Tage von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf 1.053,53 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 24.9.2003 festgesetzt werden; im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Klägerin 1/4 und die Beklagte 3/4 zu tragen.
Der Beschwerdewert wird auf 323,55 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien des Beschwerdeverfahrens sind durch einen erstinstanzlichen Rechtsstreit vor dem LG Halle miteinander verbunden.
Die Klägerin nahmen die Beklagte auf Zahlung von Werklohn in Anspruch.
Die Beklagte hat sich gegen die Nichtberücksichtigung des Gewährleistungseinbehaltes und die Höhe des Zinssatzes und den Zinsbeginn gewandt.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 15.4.2003 finden sich im Protokoll folgende Feststellungen:
"Nach Einführung in den Sach- und Streitstand wurde die Sache erörtert. Die Sitzung wurde unterbrochen. Nach der Pause erschienen dieselben Beteiligten.
Rechtsanwalt P. erklärt, nach Rücksprache mit der Klägerin sei diese bereit, im Fall des Anerkenntnisses der Klageforderung gem. seinem Schriftsatz vom 19.3.2003 auf eine Vollstreckung aus einem Anerkenntnisurteil zu verzichten, wenn die Beklagte - wie von ihrem Geschäftsführer vor der Sitzungspause in Aussicht gestellt - auf die titulierte Forderung monatlich 1.000 Euro zahle, und zwar jeweils bis zum 15. eines jeden Monats erstmals im Mai 2003, wobei die Zahlung auf die Hauptforderung und die letzte Rate von 960 Euro nebst aufgelaufener Zinsen zu zahlen sei. Die Klägerin behalte sich allerdings vor, im Falle der Nichteinhaltung einer der gestatteten Ratenzahlung die gesamte danach noch offene Restforderung aus dem Anerkenntnisurteil zu vollstrecken."
Danach erging entsprechend dem Antrag des Klägervertreters auf Anerkenntnis der Beklagten ein Anerkenntnisurteil.
Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 17.9.2003 (Bl. 77, 78 d.A.), auf welchen Bezug genommen wird, beantragte der Klägervertreter die Festsetzung der im Verfahren entstandenen Gebühren.
Im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens haben die Parteien nur darüber gestritten, inwieweit eine Vergleichsgebühr in Ansatz zu bringen sei.
Der Vorsitzende der 4. Zivilkammer hat in einer Stellungnahme zum Ablauf des Verhandlungstermins ausgeführt, dass eine Vergleichsgebühr durch die danach protokollierte Verfahrensweise habe vermieden werden sollen.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 23.12.2003 hat die Rechtspflegerin der 4. Zivilkammer des LG Halle die zu erstattenden Kosten festgesetzt, wobei die Vergleichsgebühr abgesetzt wurde.
Der Beschluss wurde dem Klägervertreter am 2.2.2004 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom gleichen Tage, eingegangen beim LG Halle, hat der Kläger gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss sofortige Beschwerde eingelegt.
Die Rechtspflegerin hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 15.3.2004 nicht abgeholfen und ausgeführt, dass insoweit auf einen telefonischen Hinweis des Vorsitzenden Richters an die Klägervertretung vom 21.10.2003 Bezug genommen werde und auf das Schreiben des Beklagtenvertreters vom 6.11.2003, wonach eine Vergleichsgebühr habe vermieden werden sollen.
II. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Halle über die gem. § 568 S. 1 ZPO der Einzelrichter zu befinden hat, weil die angefochtene Entscheidung von einer Rechtspflegerin erlassen worden ist, ist zulässig (§§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 2, 569 Abs. 1 und 2 ZPO) und begründet.
Mit Recht wendet sich die Klägerin gegen die Absetzung der von ihrem Prozessbevollmächtigten berechneten Vergleichsgebühr. Gemäß § 23 BRAGO erhält der Rechtsanwalt die Vergleichsgebühr für die Mitwirkung am Zustandekommen eines Vergleiches i.S.v. § 779 BGB, d.h. eines Vertrages, durch welchen die Parteien den Streit bzw. die Ungewissheit über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses im Wege gegenseitigen Nachgebens bereinigt haben. Eine derartige Vereinbarung, die formlos geschlossen werden kann und insb. nicht der Form des Prozessvergleiches bedarf, ist hier zwischen den Parteien zu Stande gekommen.
Zwischen beiden Parteien herrschte Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis, die durch die Anerkennung der Klageforderung unter Einräumung einer Ratenzahlung im Wege des gegenseitigen Nachgebens beendet wurde.
Am Zustandekommen des Vergleichs hat der Klägervertreter auch mitgewirkt, nachdem laut Sitzungsprotokoll die Sach- und Rechtslage erörtert wurde, beide Parteivertreter den Sitzungssaal verließen und es dann zu der dargestellten Einigun...