Leitsatz (amtlich)

Wird die Wohnungszuweisung während des Getrenntlebens beantragt und tritt während des Verfahrens die Rechtskraft des Scheidungsurteils ein, ändert sich zwar die Rechtsgrundlage, jedoch wird das Verfahren nicht unzulässig.

Aufgrund der geänderten Voraussetzungen ist – ggf. nach rechtlichem Hinweis – auf der neuen Rechtsgrundlage das Verfahren weiterzuführen.

 

Verfahrensgang

AG Schönebeck (Aktenzeichen 5 F 18/01)

 

Tenor

Der Beschluss des AG Schönebeck vom 5.6.2002 wird mit dem zugrunde liegenden Verfahren aufgehoben und zur erneuten Entscheidung auch über die Auslagen der Parteien an das AG zurückverwiesen.

Für das Beschwerdeverfahren werden gem. § 8 Abs. 1 GKG keine Gerichtskosten erhoben.

 

Gründe

I. Die Parteien sind geschiedene Eheleute und streiten sich seit dem Trennungszeitpunkt, dem September 2000, um die ehemals gemeinsam bewohnte Wohnung im Obergeschoss, Gebäude in der Pf.-Straße 5 in Sch.. Ursprünglich wurde im Rahmen eines Verfahrens auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung der Ehefrau die Wohnung zugewiesen. Durch einen Beschluss des Senates wurde diese Entscheidung aufgehoben und zur weiteren Verhandlung an das AG zurückverwiesen, welches mit Beschluss vom 17.7.2001 den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt hat. Gleichwohl wurde das Hauptsacheverfahren von den Parteien weiter betrieben und nach rechtskräftiger Scheidung durch den angefochtenen Beschluss entschieden mit der Begründung, dass nach rechtskräftiger Scheidung die sich auf § 1361b BGB berufenden Anträge der Parteien nicht mehr zulässig seien.

II. Die hiergegen gerichtete befristete Beschwerde nach § 621e ZPO ist zulässig und begründet. Zwar ist die Auffassung des AG, dass ein Antrag auf Zuweisung der ehelichen Wohnung nach Rechtskraft der Scheidung der Parteien nicht mehr nach § 1361b BGB entscheiden werden kann, zutreffend, aber gleichwohl stehen zur endgültigen Klärung der Besitzverhältnisse nach der Scheidung an der ehemals ehelichen Wohnung die Bestimmungen der Hausratsverordnung zur Verfügung. Durch den Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsurteils ändern sich deshalb zwar die Rechtsgrundlagen für eine Entscheidung auf Zuweisung der ehemaligen Ehewohnung, hierauf gerichtete Anträge werden deshalb aber nicht automatisch unzulässig. In der Sitzung vom 19.5.2002, d.h. die Sitzung fand zu einem Zeitpunkt nach Rechtskraft der Scheidung statt, hat das AG auf die Änderung der Rechtsgrundlagen nicht hingewiesen, obwohl gem. § 139 ZPO ein entsprechender Hinweis notwendig war. Darüber hinaus hätte das AG dann auch noch darauf hinweisen müssen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der einschlägigen Paragraphen der Hausratsverordnung unterschiedlich zu denen des § 1361b BGB sind. Hier ist von dem Ehemann als Eigentümer des Hauses der Ehefrau an der fraglichen Wohnung ein dingliches Wohnrecht eingeräumt worden. Insoweit besteht eine Konkurrenz zwischen Eigentum des einen Ehegatten und dinglichem Wohnrecht des anderen. Diese Konstellation ist in den Bestimmungen der HausratsVO nicht ausdrücklich geregelt, so dass sich die Zuweisung der Wohnung nach § 2 HausratsVO richtet (OLG Naumburg FamRZ 1998, 1529 m.w.N. zum Sach- und Streitstand zu dieser umstrittenen Frage). Deshalb dürfte die von den Parteien vertieft erörterte Frage einer möglicherweise gegebenen Härte oder schweren Härte, wie sie im Rahmen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1361b BGB beachtet werden muss, bei der nunmehr zu treffenden Entscheidung eher zurücktreten.

Dr. Friederici Bisping Wiedenlübbert

 

Fundstellen

Haufe-Index 1108891

OLGR-NBL 2003, 234

www.judicialis.de 2002

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