Leitsatz (amtlich)
Verbundene Verfahren
1. Werden die Nachprüfungsanträge zweier Bieter eines Vergabeverfahrens nach deren Eingang durch die Vergabekammer zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung förmlich verbunden und bis zum Abschluss des Verfahrens nicht wieder getrennt, ist eine getrennte Kostenentscheidung und eine doppelte Gebührenerhebung grundsätzlich unzulässig.
2. Werden die Anträge mehrerer Bieter abgewiesen, tragen sie die Verfahrenskosten insoweit als Gesamtschuldner (§ 128 Abs. 3 S. 2 GWB). Der Senat folgt der gegenteiligen Auffassung des OLG Jena (OLG Jena, Beschl. v. 30.1.2003 - 6 Verg 9/01) nicht, das eine quotenmäßig gleiche Belastung aller drei unterliegenden Beteiligten zu je 1/3 ohne nähere Erläuterung für sachgerecht hält.
Verfahrensgang
Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 24.03.2004; Aktenzeichen 1 VK LVwA 1/04) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss der 1. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt vom 24.3.2004 i.d.F. des Ergänzungsbeschlusses vom 29.3.2004 teilweise abgeändert und hinsichtlich der Ziffern 4 bis 6 wie folgt neu gefasst:
(...)
4. Von den Kosten des Verfahrens (1 VK LVwA 1/04 und 1 VK LvwA 8/04) tragen die Antragstellerinnen als Gesamtschuldner ½ und die Antragsgegnerin ½.
5. Die Kosten des Nachprüfungsverfahrens (1 VK LVwA 1/04 und 1 VK LvwA 8/04) betragen insgesamt 3.304,66 Euro.
II. Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin 1/3. Die weiteren Kosten werden niedergeschlagen. Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
IV. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis zu 3.500 Euro.
Gründe
I. Im Oktober 2003 schrieb die Antragsgegnerin den oben genannten Bauauftrag EU-weit im Offenen Verfahren auf der Grundlage der VOB zur Vergabe aus.
Nachdem ihnen mitgeteilt worden war, dass ein anderer Bieter den Zuschlag erhalten sollte, haben die Antragstellerin zu 1) am 16.1.2004 und die Antragstellerin zu 2) am 23.1.2004 die Überprüfung des Vergabeverfahrens beantragt. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zu 1) wurde bei der Vergabekammer zunächst unter dem Aktenzeichen 1 VK LVwA 1/04 LVwA eingetragen, der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zu 2) erhielt das Geschäftszeichen 1 VK LVwA 8/04.
Mit Beschluss vom 1.3.2004 hat die Vergabekammer beide Nachprüfungsverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem führenden Aktenzeichen 1 VK LVwA 1/04 verbunden.
Nach einem Beweisbeschluss vom 9.3.2004 kam es am 16.3.2004 zu einer einheitlichen mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme in dem verbundenen Nachprüfungsverfahren. Auch die Sachentscheidung der Vergabekammer vom 24.3.2004 wurde für beide Antragstellerin gemeinsam in einem Beschluss unter dem führenden Aktenzeichen 1 VK LVwA 1/04 getroffen und am 29.3.2004 in der Hauptsache ergänzt.
Trotz der Verbindung der Nachprüfungsverfahren hat die Vergabekammer in dem Beschluss vom 24.3.2004 die Kosten für zwei vollständige Nachprüfungsverfahren berechnet und auf 3.145,26 Euro für das Verfahren 1 VK LVwA 1/04 bzw. auf 3.133,36 Euro für das Verfahren 1 VK LVwA 8/04 festgesetzt. Sie hat der Antragstellerin ½ der Kosten des Verfahrens 1 VK LVwA 1/04 auferlegt und der Antragstellerin zu 2) ½ der Kosten des Verfahrens 1 VK LVwA 8/04. Die Antragsgegnerin sollte jeweils die andere Hälfte der Kosten beider Verfahren tragen.
Gegen die doppelte Kostenerhebung hat die Antragsgegnerin am 8.4.2004 eine isolierte sofortige Beschwerde erhoben. Zur Begründung beruft sie sich auf die Verbindung der Verfahren durch die Vergabekammer.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Kosten des Verfahrens 1 VK LVwA 1/04 (einschließlich 1 VK LVwA 8/04) auf insgesamt 3.145, 27 Euro festzusetzen und den beiden Antragstellerinnen sowie der Antragsgegnerin zu je 1/3 aufzuerlegen.
Die Antragstellerinnen sind dem nicht entgegen getreten.
Mit Zustimmung aller Beteiligten hat der Senat durch Beschluss vom 9.6.2004 das schriftliche Verfahren angeordnet und als Schlusstermin den 18.6.2004 bestimmt.
II. Das Rechtsmittel der Antragsgegnerin ist statthaft und zulässig.
Eine Entscheidung der Vergabekammer kann auch lediglich im Kostenpunkt gem. § 116 Abs. 1 S. 1 GWB angegriffen werden (vgl. Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB/A und B, 10. Aufl., § 116 Rz. 5; OLG Düsseldorf BauR 2000, 1626; NZBau 2001, 165 [166]; OLG Naumburg, Beschl. v. 22.9.2003 - 1 Verg 10/03, OLGReport Naumburg 2004, 243; v. 28.9.2001 - 1 Verg 9/01, OLGReport Naumburg 2002, 217 = VergabeR 2002, 200 [201]; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 26.3.2004 - 1 Verg 3/04). Der Senat entscheidet hierüber mit dem ausdrücklichen oder stillschweigenden Einverständnis der Verfahrensbeteiligten im schriftlichen Verfahren (§§ 120 Abs. 2, 69 Abs. 1 GWB).
Die Beschwerde wurde form- und fristgerecht erhoben.
III. In der Sache hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg.
1. Die Entscheidung der Vergabekammer, die Kosten des einheitlichen Nachprüfungsverfahrens doppel...