Leitsatz (amtlich)
Dass bei der Implantation einer Endoprothese keine computergestützte optische Navigation (CAS) vorgenommen wurde, begründet keinen Behandlungsfehler, da diese Methode zurzeit keinen Standard darstellt.
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Urteil vom 05.03.2013; Aktenzeichen 6 O 1208/11) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 5.3.2013 verkündete Urteil des LG Halle (6 O 1208/11) wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Streitverkündung.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
und beschlossen:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 19.500,- Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin litt unter Schmerzen und Bewegungseinschränkungen im rechten Kniegelenk. Bei einer am 14.6.2007 durchgeführten Arthroskopie wurde ein Knorpelschaden festgestellt. Am 30.10.2010 wurde auf der Grundlage einer Ganzbeinstandaufnahme eine innenseitig betonte Gonarthrose diagnostiziert. Es wurde die Diagnose zu einer Implantation einer 3-D-Knie-Totalendoprothese nebst Synovialektomie gestellt. Nach Aufklärung (dazu: die Dokumentierte Patientenaufklärung vom 30.10.2007 [Krankenunterlagen Tasche Bd. II, i. F. AB]) erfolgte der Eingriff am 1.11.2007 bei der Beklagten (OP-Bericht AB). Nach Durchführung des Eingriffs wurde am 2.11.2007 eine Röntgenaufnahme des rechten Kniegelenks gemacht, wobei die Klägerin lag (dazu: radiologischer Befundbericht vom 2.11.2007 [AB]). Es schloss sich eine Rehabilitationsmaßnahme im Eisenmoorbad an. Im Abschlussbericht vom 20.12.2007 (AB) heißt es u.a., dass die Klägerin ca. 1 ½ Stunden mit Unterarmgehstützen gehen könne und keine Schmerzen im rechten Kniegelenk spüre. In der Folgezeit klagte die Klägerin über Bewegungsschmerzen und Beugedefizite im rechten Kniegelenk. Nach (erfolgloser) ambulanter orthopädischer Behandlung stellte sich die Klägerin bei der Streithelferin vor, die zu einer Revisionsoperation riet. Am 21.7.2008 wurde bei der Streithelferin eine Röntgenaufnahme gefertigt. Im OP-Bericht vom 4.9.2008 ist als Diagnose vermerkt (Bl. 27 II): Knie-TEP-Malposition mit Instabilität rechts. Die von der Beklagten eingebrachte Prothese wurde ausgetauscht. Auch nach dem Revisionseingriff besserten sich die Beschwerden bei der Klägerin nicht. Es schlossen sich weitere - auch stationäre - Behandlungen an.
Mit Datum vom 23.8.2010 erstellte der Medizinische Dienst der Krankenversicherung Sachsen-Anhalt ein 1. Gutachten (Bl. 9 ff. I), auf dessen Basis die Klägerin nunmehr Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte geltend macht, sie hat weiter der Streithelferin den Streit verkündet. Die Streithelferin ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten (Bl. 199 I).
Die Klägerin trägt vor, dass bei der Operation vom 1.11.2007 die Prothese in einer Fehllage positioniert worden, gleichwohl aber in dieser Lage mittels Zementmörtel mit dem Beinknochen verbunden worden sei. Die Ursache für die Fehllage der Prothese liege darin, dass die Ärzte den Eingriff ohne Verwendung eines Navigationssystems durchgeführt hätten. Als Folge sei es zu einer primären Malposition des Tibeaplateaus gekommen, so dass die Klägerin trotz physiotherapeutischer Übungen nicht in der Lage sei, dass rechte Knie um mehr als 90 zu beugen. Sie leide unter anhaltenden Schmerzen und Bewegungseinschränkungen. Postoperativ sei es zu einer fehlerhaften Befundung der Röntgenaufnahme vom 2.11.2007 gekommen. Es sei dort eine erhebliche Fehlpositionierung des Implantats zu erkennen. Es hätte die Indikation zu einer sofortigen Revisionsoperation bestanden.
Die Beklagte und die Streithelferin sind der Klage entgegengetreten. Die Beklagte hat unter Vorlage eines Privatgutachtens (Dr. P. [Bl. 56 ff. I]) bestritten, dass intraoperativ oder postoperativ Behandlungsfehler begangen worden seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrages der Parteien und der in erster Instanz gestellten Anträge wird Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil.
Das LG hat auf der Basis des Beweisbeschlusses vom 8.12.2011 (Bl. 75 ff. I) Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Hauptgutachten von Dr. M. vom 28.6.2012 (Bl. 132 ff. I), dessen schriftliche Ergänzung vom 15.11.2012 (Bl. 178 ff. I) sowie auf den Inhalt der mündlichen Anhörung des Sachverständigen im Termin vom 19.2.2013 (Bl. 3 ff. II) Bezug genommen. Im Termin vom 19.12.2013 wurde ein Verkündungstermin auf den 5.3.2013 bestimmt. Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 4.3.2013 (beim LG eingegangen am 5.3.2013) hat die Klägerin ein weiteres Gutachten des Medizinischen Dienstes vom 28.1.2013 (Bl. 18 ff. II) zur Gerichtsakte gereicht.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe weder fest, dass das Implantat überhaupt in einer Fehlstellung eingebracht worden sei. Es ergäben sich auch keine Anhaltspunkte für eine Lockerung des Implantats. Vor diesem Hintergrund hab...