Leitsatz (amtlich)
Der Unterhalt für den Monat, in dem Insolvenz eröffnet wird, zählt dann nicht zum Rückstand – und wird folgerichtig nicht von der Unterbrechung nach § 240 ZPO erfasst –, wenn der Unterhalt für diesen Monat erst für den 3. Werktag des Monats begehrt wird, dieser Tag aber erst nach der Eröffnung der Insolvenz liegt. Insoweit liegt eine zulässige Modifizierung der gesetzlichen Fälligkeitsregelung vor.
Verfahrensgang
AG Köthen (Urteil vom 02.07.2003; Aktenzeichen 11 F 288/02) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das – damit zutreffenderweise als Teil-Urteil zu bewertende – Urteil des AG Köthen vom 2.7.2003, Az.: 11 F 288/02, teilweise abgeändert. Der Aussprüche zu Ziff. 2 und 3 im Tenor des vorbezeichneten Urteils werden ersatzlos aufgehoben.
Zur Klarstellung wird – deklaratorisch – festgestellt, dass das Verfahren betreffend die streitgegenständlichen Unterhaltsansprüche für die gemeinsamen Kinder T. und I. bis zum 28.2.2003 kraft Gesetzes gem. § 240 S. 1 ZPO unterbrochen ist.
2. Die weiter gehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 37 % und der Beklagte zu 63 %.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Von der Darstellung des Tatbestands wird gem. den §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen, da ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Senats unzweifelhaft nicht zulässig ist (vgl. § 26 Nr. 9 EGZPO).
II. Die Berufung des Beklagten ist insgesamt zulässig (vgl. §§ 511 Abs. 1 und 2 Nr. 1, 513 Abs. 1, 517, 519, 520 ZPO).
Das gilt auch insb. für das Rechtsmittel gegen den Erledigungs-Ausspruch gem. Ziff. 2 im Tenor des angefochtenen Urteils, obwohl die dort getroffene Feststellung, dass das Verfahren im Übrigen erledigt sei, diejenigen Ansprüche der Klägerin betroffen hat, die zu dem durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 3.3.2003 (AG Dessau, Beschl. v. 3.3.2003 – 2 IN 1083/02, Bl. 94, 95 d.A.) erfassten Vermögen des Beklagten (Insolvenzmasse, vgl. §§ 33, 40 S. 1 InsO) gehören. Gemäß § 240 ZPO wird nämlich das Verfahren, soweit es die Insolvenzmasse betrifft, mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens – kraft Gesetzes – mit den Wirkungen des § 249 Abs. 1 und 2 ZPO unterbrochen.
Gleichwohl ist das Rechtsmittel hier zulässig. Denn die während der Unterbrechung ergangenen Gerichtsentscheidungen, die die Insolvenzmasse betreffen, wie hier Ziff. 2 des angefochtenen Urteils, sind den Parteien ggü. wirkungslos, können aber wegen Verstoßes gegen § 249 Abs. 2 ZPO mit den üblichen Rechtsbehelfen angefochten werden (vgl. statt vieler Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., 2002, § 249 Rz. 8, 10). Die hierauf gestützte Anfechtung kann, ebenso wie die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts hierüber, während der Unterbrechung erfolgen.
III. Die zulässige Berufung des Beklagten ist allerdings nur teilweise begründet.
1. Soweit sich das Rechtsmittel des Beklagten gegen den unzulässigerweise ergangenen Feststellungsausspruch im angefochtenen Urteil des AG Köthen vom 2.7.2003 richtet, ist es begründet.
Denn das AG hätte – unabhängig von dem Umstand, dass überhaupt kein Fall der Erledigung des Rechtsstreits vorgelegen hat, da das Verfahren nicht prozessual als erledigt anzusehen ist (vgl. hierzu Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., 2002, § 91a Rz. 3), sondern ausschließlich gem. § 240 S. 1 ZPO unterbrochen worden ist, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird – über den Feststellungsantrag gar nicht mehr entscheiden dürfen.
Das Verfahren ist nämlich von Gesetzes wegen, soweit es nach Maßgabe der §§ 38, 40 InsO die Insolvenzmasse betrifft, mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beklagten am 3.3.2003 unterbrochen worden, und zwar unabhängig davon, ob und wann die Beteiligten oder das AG Kenntnis von der Eröffnung erlangt haben (§ 240 ZPO). Von der Insolvenzmasse betroffen sind gem. § 38 InsO nur die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten, d.h. fällig gewordenen Unterhaltsansprüche, die mithin allein gem. § 240 S. 1 ZPO an der zivilprozessualen Unterbrechung des Verfahrens teilhaben.
Soweit die Klägerin jedoch für die Zeit nach dem 3.3.2003 Unterhaltsansprüche gegen den Beklagten geltend macht, fallen diese fortlaufend monatlich neu entstehenden Ansprüche, wie sich unschwer den §§ 38, 40 InsO entnehmen lässt, nicht in das sich auf die Insolvenzmasse beziehende Insolvenzverfahren, sodass der Rechtsstreit insoweit auch nicht gem. § 240 S. 1 ZPO unterbrochen worden sein kann. Der Senat schließt sich in diesem Zusammenhang der vom AG vertretenen Auffassung an, dass der Unterhalt für den Monat März 2003 noch kein rückständiger Unterhalt i.S.v. § 38 InsO sein kann, weil die Klägerin, insoweit die gesetzliche Fälligkeitsregelung des § 1612 Abs. 3 BGB modifizierend, Unterhalt erst zum 3. Werktag eines jeden Monats begehrt hat, d.h. zum 5.3.2003 (= 3. Werktag des Monats März 2003) und damit erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
Nach ...