Leitsatz (amtlich)

Wird ein Berater auf Schadensersatz in Anspruch genommen, weil er unnötig zu einem Insolvenzantrag geraten haben soll, so trägt der Kläger die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass eine Schuldenbereinigung außerhalb des Insolvenzverfahrens möglich gewesen wäre. Das bedeutet entweder darzulegen und ggf. zu beweisen, dass und wie es möglich gewesen wäre, alle Gläubiger zu befriedigen oder dass die Gläubiger eine bestimmte Quote akzeptiert hätten unter Verzicht auf die Verwertung bestimmter Vermögenswerte, deren Verlust durch das Insolvenzverfahren der Kläger beklagt.

 

Verfahrensgang

LG Dessau-Roßlau (Urteil vom 20.07.2007; Aktenzeichen 6 O 459/06)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 20.7.2007 verkündete Urteil des LG Dessau-Roßlau (6 O 459/06) unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.247,83 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.12.2005 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits (einschließlich des Revisionsverfahrens IX ZR 238/08) tragen die Klägerin zu 81 % und der Beklagte zu 19 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 9.000,- Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 6.000,- Euro abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

und beschlossen:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 33.460,65 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt vom Beklagten Schadenersatz aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes (künftig: Mandant) wegen fehlerhafter Rechtsberatung im Zusammenhang mit einem Regelinsolvenzverfahren im Dezember 2001.

Der Mandant betrieb seit 1990 ein Autohaus in Form eines Einzelunternehmens. Im Jahre 1996 schloss er einen Vertrag als H. -Vertragshändler und errichtete gemäß vertraglich übernommener Investitionsverpflichtungen ein neues Autohaus, überwiegend finanziert mit Fremdmitteln. Im Jahre 1999 wurde der Vertragshändlervertrag mit ihm zum 31.5.2001 gekündigt. Danach erwirtschaftete er in den Jahren 2000 und 2001 Verluste im Unternehmen. Am 20.12.2001 meldete er sein Gewerbe ab und schloss den Geschäftsbetrieb des Autohauses.

Der Mandant hatte zur Altersvorsorge einen Vertrag zur privaten Rentenversicherung sowie einen Kapitallebensversicherungsvertrag geschlossen. Die Lebensversicherung mit einem Rückkaufswert von damals ca. 25.600,- Euro hatte er mit Pfandvertrag vom 20.12.2000 an die Klägerin verpfändet. Die Pfändung war rechtlich unwirksam, weil sie der Versicherungsgesellschaft zunächst nicht angezeigt worden war; die Anzeige erfolgte erst am 7.2.2002. Das Bezugsrecht für die Rentenversicherungsleistung mit einem Rückkaufswert von ca. 1.500,- Euro hatte der Mandant unter dem 18.12.2001 ebenfalls seiner Ehefrau eingeräumt.

Der Beklagte war seit mehreren Jahren mit der gesamten Buchhaltung sowie mit der Beratung und Vertretung der Eheleute B. in allen privaten und gewerblichen Steuerangelegenheiten betraut. Im Dezember 2001 wurde er weiter mit der Beratung und Vertretung in einer Insolvenzangelegenheit beauftragt. Der Beklagte reichte am 21.12.2001 namens und in Vollmacht des Mandanten einen Antrag auf Eröffnung des Regelinsolvenzverfahrens beim AG Dessau ein; daraufhin wurde das Verfahren 2 IN 656/01 geführt. Der Insolvenzverwalter kündigte beide o.g. Versicherungsverträge und zog die Rückkaufswerte zur Masse ein. Diese Einnahmen wurden vollständig für die Begleichung der Verfahrenskosten und der Vergütung des Insolvenzverwalters verwendet. Die Herausgabe der Versicherungspolicen hatte er gerichtlich gegen den Mandanten durchgesetzt. Der Mandant hatte sich in diesem Rechtsstreit vor allem damit verteidigt, dass eine Rentenversicherung nicht pfändbar sei und dass die rechtzeitige Mitteilung der Verpfändung der Lebensversicherungsleistungen gegenüber einem Versicherungsvertreter ausreichend sei, obwohl die Allgemeinen Versicherungsbedingungen des konkreten Vertrages eine Empfangsvollmacht des Versicherungsvertreters ausdrücklich ausschlossen. Das LG Dessau (6 O 131/04) hat der Klage des Insolvenzverwalters stattgegeben. Für das erstinstanzliche Verfahren hatte der Beklagte keine Prozesskostenhilfe beantragt. Gegen das Urteil des LG wurde Berufung eingelegt. Nachdem das OLG (5 U 77/04) einen Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen und mitgeteilt hatte, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückweisen zu wollen, wurde die Berufung zurückgenommen.

Die Klägerin hat u.a. behauptet, dass der Beklagte den Mandanten zur Beantragung eines Regelinsolvenzverfahrens gedrängt habe. Er habe den Antrag als einzige Handlungsalternative dargestellt und den Mandanten dabei nicht über die Risiken und Kosten eines Re...

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