Normenkette
SGB X § 116; SGB V § 10
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Aktenzeichen 8 O 440/99) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 19.6.2000 verkündete Urteil des LG Halle (Geschäftsnr.: 8 O 440/99) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 23.000 DM abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.
Die Beschwer der Klägerin übersteigt 60.000 DM.
Tatbestand
Die Klägerin ist Trägerin der gesetzlichen Krankenversicherung, bei der K.F. versichert ist. Diese ist die Mutter des am 19.6.1993 geborenen S.F., der an Mucoviszidose erkrankt ist. Hierbei handelt es sich um eine genetisch bedingte, bislang nicht heilbare Stoffwechselkrankheit.
Da bereits der erste Sohn der Frau F., der am 27.8.1992 geborene C.F., an Mucoviszidose erkrankt war, suchte diese die Beklagte auf, als sie im November 1992 ihr zweites Kind erwartete. Sie wollte das ungeborene Kind untersuchen lassen, um festzustellen, ob es ebenfalls an Mucoviszidose erkranken würde. Für diesen Fall wollte sie die Schwangerschaft unterbrechen lassen. Von dem erstgeborenen Kind, C.F., wurde eine Blutprobe entnommen, um die genetischen Merkmale der beiden Kinder zu vergleichen. Aufgrund eines im Verantwortungsbereich der Beklagten liegenden Fehlers – höchstwahrscheinlich wurde die Blutprobe des ersten Sohns C.F. mit derjenigen einer anderen Mucoviszidosepatientin verwechselt – wurde K.F. mitgeteilt, dass ihr ungeborenes Kind zwar Erbanlagenträger der Krankheit sei, aber nicht daran erkranken werde. Frau F. entschied sich daraufhin dafür, das Kind auszutragen. Tatsächlich weisen die beiden Kinder denselben Gendefekt auf, so dass die Erkrankung des Kindes S.F. vorhersehbar war.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Erstattung der bislang für das Kind S.F. erbrachten Kassenleistungen sowie die Feststellung der Ersatzverpflichtung der Beklagten für die Zukunft.
Die Klägerin hat behauptet, sie habe durch die Krankheit bedingte Zahlungen i.H.v. 206.948,67 DM sowie Pflegegeld der Stufe 1 i.H.v. 4.778,33 DM im Zeitraum vom 1.7.1995 bis zum 31.7.1996 geleistet. Sie hat vorgetragen, die Beklagte sei aufgrund des gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 116 SGB X verpflichtet, die angefallenen und noch entstehenden Aufwendungen zu ersetzen. Diese könnten nicht der Versichertengemeinschaft zur Last fallen. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass das Kind selbst keinen Anspruch aufgrund des Fehlers der Beklagten habe. Dass die Mitglieder der … als Sozialgemeinschaft für die Folgen des Fehlers der Beklagten einstehen müssen, führe zu einer unbilligen Entlastung des Schädigers, der entsprechend den Grundsätzen der „Drittschadensliquidation” ausgeglichen werden müsse.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 211.727 DM nebst 4 % Zinsen p.a. aus diesem Betrag zu zahlen,
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, auch den weiteren sich aus der Verwechslung der Blutproben in ihrem Verantwortungsbereich am 9.11.1992 oder später ab dem 25.9.1999 bei der Klägerin ergebenden Schaden zu tragen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen, dass Art. 1 Abs. 1 GG verbiete, das Kind als Schadensquelle anzusehen. Auch etwaige Schadensersatzansprüche der Eltern führten nicht zu einem Anspruch, da diese nicht nach § 116 SGB X übergangsfähig seien. Die Zahlungen seien nicht für die Eltern, sondern für das Kind erbracht worden, welches nach § 10 SGB V eigene Leistungsansprüche gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung habe. Es bestehe daher keine Personenidentität zwischen dem zum Schadensersatz Berechtigten und dem Leistungsempfänger.
Das LG hat sich der Argumentation der Beklagten angeschlossen und mit seinem am 19.6.2000 verkündeten Urteil die Klage abgewiesen. Gegen diese, der Klägerin am 28.6.2000 zugestellte Entscheidung richtet sich deren mit Schriftsatz vom 27.7.2000 am gleichen Tage eingegangene Berufung, die innerhalb der bis zum 11.9.2000 verlängerten Frist begründet wurde.
Die Klägerin hat vorgetragen, das LG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass ihr keine Ansprüche aus übergegangenem Recht zustünden. Das LG habe die entgegenstehende Rechtsprechung des OLG Düsseldorf (OLG Düsseldorf v. 6.1.1997 – 8 O 107/95) nicht berücksichtigt, obgleich der BGH durch die Nichtannahme der Revision in dieser Sache gemäß Beschluss vom 7.10.1997 (BGH, Beschl. v. 7.10.1997 – VI ZR 33/97) zu erkennen gegeben habe, dass er diese Entscheidung für zutreffend erachte. Das LG verkenne überdies, dass seine Auffassung zu einer unbilligen Entlastung des Schädigers zu Lasten der Versicherungsgemeinschaft führe.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 211.727 DM nebst 4 % Zinsen aus 100.382,50 DM seit dem 16....