Leitsatz (amtlich)
1. Ein zum Rücktritt vom Kaufvertrag über ein gebrauchtes Kraftfahrzeug berechtigender Mangel nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB liegt vor, wenn infolge fehlerhafter Einstellung des Motorsteuerteils die Motorprüfungsanzeigeleuchte regelmäßig grundlos aufleuchtet. Dieses Aufleuchten signalisiert dem Fahrzeugführer ein Motor- oder Getriebeproblem und veranlasst ihn, eine Werkstatt aufzusuchen. Das muss er ebenso wenig hinnehmen, wie den Umstand, dass der von ihm wegen des Leuchtsignals 8-10 mal aufgesuchte Verkäufer stets nur die Leuchte ausstellte, nachdem die Prüfung ergab, dass dem Leuchtsignal kein Funktionsfehler von Motor oder Getriebe zugrunde lag. Hierin weicht die Beschaffenheit des Fahrzeugs von derjenigen ab, die bei Kraftfahrzeugen üblich ist und die ein Fahrzeugkäufer nach deren Eigenart erwarten kann.
2. Für den Rücktritt bedarf es in diesem Fall gem. § 440 BGB keiner Fristsetzung zur Nacherfüllung, weil die Nachbesserung mehrfach fehlgeschlagen ist. Die Nachbesserung bezieht sich auf die Behebung der Ursache der Fehlfunktion der Motorprüfungsanzeigeleuchte und nicht nur auf die Prüfung eines vom Leuchtsignal angezeigten Motor- oder Getriebeproblems.
3. Der Rücktritt ist nicht schon deswegen nach § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB wegen Unerheblichkeit der Pflichtverletzung ausgeschlossen, weil die zur Mangelbeseitigung geeignete Feinabstimmung zwischen Motor- und Gassteuergerät nur einen geringen, 2 % des Kaufpreises unterschreitenden Aufwand erforderte. Im Rahmen der Interessenabwägung fällt zu Lasten des Verkäufers ins Gewicht, dass er den Käufer mit seinem berechtigten Anliegen, das grundlose Leuchtsignal dauerhaft zu beheben, vielfach abgewiesen hat. Dieses Verhalten verstärkt die Pflichtverletzung des Verkäufers so, dass sie deshalb nicht mehr als unerheblich gelten kann.
Verfahrensgang
LG Dessau (Urteil vom 12.07.2006; Aktenzeichen 4 O 1010/05) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 12.7.2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des LG Dessau - 4 O 1010/05 - wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das am 12.7.2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des LG Dessau - 4 O 1010/05 - abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 20.487,50 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.5.2005 Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw M. mit der Fahrgestellnummer ... zu zahlen.
Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger 487,08 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.9.2005 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des genannten Fahrzeuges in Annahmeverzug befindet.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Anschlussberufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die vorläufige Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte nach Rücktritt vom Vertrag auf Rückabwicklung eines Kaufvertrages der Parteien über einen gebrauchten Pkw M. in Anspruch.
Der Kläger erwarb diesen Pkw nach Maßgabe seiner "schriftlichen Bestellung" vom 15.7.2004 zum Preis von 24.000 EUR bei der Beklagten. Das Fahrzeug war damals sechs Monate zugelassen und 11.000 Kilometer gelaufen. Es ist nach Umrüstung mit einer Flüssiggasanlage ausgestattet, die seinen Betrieb zusätzlich zur Kraftstoffart Benzin auch durch Flüssiggaskraftstoff (LPG) gestattet. Der Kläger ist wegen des Aufleuchtens der Motorprüfungsanzeigeleuchte seines Fahrzeugs bereits kurz nach der Übernahme des Wagens und danach insgesamt 8-10 mal bei der Beklagten vorstellig geworden. Dort wurde keine Reparatur für nötig gehalten und jeweils nur die Leuchte ausgestellt. Das Fahrzeug befand sich ferner im September 2004 und Januar 2005 zur Nachjustierung des Motor- und Gassteuergerätes bei der Autohaus H. GmbH S., die die Flüssiggasanlage eingebaut und hierfür Garantie übernommen hatte. Nachdem die Geschäftsführerin der Beklagten in der 17. Kalenderwoche 2005 - am 27.4. - weitere Reparaturarbeiten wegen der Motorleuchte an seinem Fahrzeug abgelehnt hatte, erklärte der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 11.5.2005 wegen des Mangels der grundlos aufleuchtenden Motorprüfungsanzeigeleuchte den Rücktritt vom Kaufvertrag. Die Beklagte lehnte sein Rückabwicklungsbegehren ab.
Der Kläger hat geltend gemacht, dass nach wie vor die Motorprüfungsanzeigeleuchte seines Fahrzeugs leuchte, was ihm gemäß der Bedienungsanleitung ein Problem des Motors oder des Getriebes signalisiere und ihm das schnellstmögliche Aufsuchen einer Werkstatt gebiete. Er könne nicht unterscheiden, ob ein Fehler oder nur eine Fehlfunktion der Leuchte vorliege. Die Beklagte habe den Fehler nicht abstellen können.
E...