Leitsatz (amtlich)

1. Bei Nachträgen eines Detailpauschalpreisvertrages ist zwischen den vereinbarten und dem neuen Leistungsinhalt zu differenzieren, auch, wenn ein Nachtrag über bereits vom bisherigen Vertrag enthaltene Teilleistungen vereinbart wird. Eine Vergütungspflicht besteht nur, soweit der Auftraggeber tatsächlich eine neue Leistung beauftragt.

2. Soweit damit eine doppelte Beauftragung vorliegt, besteht keine doppelte Vergütungspflicht. Vielmehr ist der Mehrvergütung die über das bisherige Bausoll hinaus erbrachte Leistung zugrunde zu legen.

3. Dem Bauherrn obliegt in der Regel die hinreichende und taugliche Beschreibung der Bodenverhältnisse. Er trägt das Baugrundrisiko.

 

Verfahrensgang

LG Dessau-Roßlau (Urteil vom 12.07.2019; Aktenzeichen 2 O 620/18)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 12. Juli 2019 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Dessau-Roßlau unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen abgeändert:

Das Versäumnisurteil des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 27. Dezember 2018 wird mit der Maßgabe aufrecht erhalten, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 20.053,20 EUR nebst Zinsen i.H.v. 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. November 2017 zu zahlen.

Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin ein Drittel und die Beklagte zwei Drittel mit Ausnahme der Kosten ihrer Säumnis. Die Kosten ihrer Säumnis trägt die Beklagte.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v.H. des aus dem jeweiligen Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt restlichen Werklohn aus einem Nachtrag für die Errichtung einer G. -Filiale der L. AG, der Hauptauftraggeberin, in E..

Das Ingenieurbüro H. legte am 6. April 2016 das Ergebnis einer geologischen Baugrund- und Altlastenuntersuchung für das Bauvorhaben mit dem Ergebnis vor, dass im Tiefenbereich bis ca. 2 m (lokal ca. 3,40 m) unter derzeitiger Geländeoberkante mit den Schichten S0 (Auffüllung) und S1A (Löß-/Hanglehm) ein gering bis nicht tragfähiger Baugrund anstehe (Ziff. 6.2). Darunter folge ein halbfester bis fester Löß-/Hanglehm (Schicht S1B) und ein stark verwitterter Tonstein (Schicht S2) in mindestens halbfester bis fester Konsistenz und damit ein gut tragfähiger Baugrund (Anl. B1, Bl. 121-154, folgend: H. -Baugrundgutachten). Bezüglich der Verkehrswege und der erforderlichen Mindestdicke ist unter Ziff. 7.3 ausgeführt:

"Für die o.g. Belastungsgrenzen ist nach RStO-12, Tab. 6 und Tab 7 eine Gesamtstärke des frostsicheren Aufbaus von 75 cm erforderlich.

Im Bereich des Erdplanums (= Auflageplanum Straßenoberbau) stehen weiche und weiche bis steife bindige Böden an, die bei Auflockerungen infolge Bodenaushubarbeiten nachzuverdichten sind.

Auf der Oberkante des nachverdichteten Auflageplanums der Verkehrswege und Flächen ist ein Verformungsmodul von Ev2= ≫45 MN/m2 nachzuweisen. Sollten die nachgewiesenen Werte des Verformungsmoduls Ev2 ≪ 45 MN/m2 liegen, sind geeignete Maßnahmen zur Stabilisierung des Erdplanums durchzuführen.

Folgende Varianten wären denkbar:

Bodenaustausch bzw. Erhöhung der Frostschutzschichtmächtigkeit...

Einbau eines Geokunststoffes unterhalb des frostsicheren Straßenaufbaus..."

Die Parteien schlossen am 6. April 2017 auf der Grundlage eines Angebotes der Klägerin vom 29. März 2017 (Anl. K9, Bl. 162-175 d.A.) einen Werkvertrag über die schlüsselfertige, die sofortige Nutzung ermöglichende Ausführung von Erd-Rohbauarbeiten und die Herstellung von Außenanlagen zu einem von ihnen so bezeichneten Globalpauschalfestpreis (§ 5 Nr. 2 des Verhandlungsprotokolls) i.H.v. 218.000 EUR netto auf der Grundlage eines Einheitspreisangebotes der Klägerin vom 29. März 2017 über 220.517,95 EUR netto (Anlage 9, Bl. 162 bis 175 d.A.). Als zuständiger Bauleiter der Beklagten war Herr E. benannt. Vertragsgrundlagen waren die Ausführungszeichnungen, das Leistungsverzeichnis der Klägerin nebst Baugrundgutachten, die Baubeschreibung, Planungsunterlagen sowie die VOB B und VOB C. Zum Leistungsumfang haben die Parteien unter § 3 vereinbart:

"1. Die vom AN zu erbringenden Leistungen umfassen die Erstellung des gesamten unter § 1 genannten Teilgewerks nebst aller in Betracht kommenden Nebenleistungen, soweit dies zur Herstellung und Funktionsfähigkeit auf der Grundlage der erwähnten, den Leistungsumfang bestimmenden Bestandteile (§ 2) erforderlich ist. ... Es sind sämtliche sonstigen Leistungen zu erbringen, die im Rahmen des Auftrags erforderlich sind, um das Teilgewerk ordnungsgemäß übergeben zu können.

2. Sämtliche dem AN übergebenen Unterlagen sind von diesem eingehend und umfassend geprüft und für richtig befunden worden."

Gemäß § 8 des Bauvertrages war eine förmliche Abnahme zwischen den Parteien vereinbart. Wegen d...

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