Leitsatz (amtlich)
Wird dem Inhaber eines Landwirtschaftsbetriebes durch die vorzeitige Besitzeinweisung im Rahmen eines Enteignungsverfahrens die Möglichkeit genommen, mithilfe der Aktivierung von Zahlungsansprüchen eine Betriebsprämie nach Art. 34 VO (EG) Nr. 73/2009 zu erhalten, so liegt hierin ein nach § 88 Nr. 3 Satz 3 FlurbG i.V.m. § 31 Abs. 4 EnteignG LSA entschädigungsfähiger Nachteil.
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Urteil vom 11.11.2016; Aktenzeichen 3 O 197/15 Baul) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Antragstellers gegen das am 11.11.2016 verkündete Urteil der Kammer für Baulandsachen des Landgerichts Halle wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens, einschließlich der Kosten der Beteiligten zu 1. - 3., trägt der Antragsteller.
III. Das landgerichtliche Urteil und das Urteil des Senats sind jeweils ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Antragsteller wird nachgelassen, die Vollstreckung der übrigen Beteiligten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Beteiligte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision an den Bundesgerichtshof wird zugelassen.
Gründe
A. Der Antragsteller beantragt eine Entschädigung wegen unterbliebener Zahlung von Betriebsprämien i. S. d. Art. 34 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009.
Aufgrund von Anträgen der P. GmbH wurden dem Antragsteller durch vorläufige Anordnungen vom 30.10.2007, 18.06.2008, 30.07.2008, 16.06.2009, 15.09.2010 und 03.11.2010 der Besitz an einer landwirtschaftlichen Nutzfläche in einer Größe von 11,5711 ha zugunsten der Beteiligten zu 2. als Unternehmensträgerin und der Besitz an einer weiteren landwirtschaftlichen Nutzfläche in einer Größe von 3,8956 ha zugunsten der Beteiligten zu 3. als Unternehmensträgerin gemäß § 88 Nr. 3 FlurbG der Bewirtschaftung entzogen (vgl. hinsichtlich der einzelnen Flächen die Auflistung auf Seite 3 und 4 der Antragsschrift). Der Antragsteller ist Eigentümer dieser Flächen.
Im Jahr 2011 verfügte der Antragsteller über 464,51 Zahlungsansprüche, die er vollständig für die von ihm bewirtschafteten Flächen aktivieren konnte. Im Dezember 2011 erhielt er für das Wirtschaftsjahr 2010/2011 einen Betrag von 298,85 EUR je Zahlungsanspruch.
Aufgrund der vorläufigen Anordnungen war eine Aktivierung weiterer Zahlungsansprüche zum 15.05.2011 nicht möglich. Von dem Erwerb weiterer Zahlungsansprüche sah der Antragsteller ab.
Mit Teilentschädigungsbescheid vom 19.03.2015 setzte der Beteiligte zu 1. die Entschädigung für aufgrund des Flächenentzugs nichtaktivierte Zahlungsansprüche für das Jahr 2011 auf 0,00 EUR fest. Zur Begründung führte er aus, dass zwar der Unternehmensträger für durch den Entzug von Flächen entstandene Nachteile gemäß § 88 Nr. 3 FlurbG eine Entschädigung zu leisten habe, ein solcher Entschädigungsanspruch vorliegend jedoch nicht bestehe, weil der Antragsteller sämtliche 464,51 Zahlungsansprüche habe aktivieren können.
Mit dem Beteiligten zu 1. am 22.04.2015 zugegangenen Schriftsatz vom 20.04.2015 hat der Antragsteller einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt.
Der Antragsteller hat vorgetragen, dass eine Entschädigung in Höhe der Zahlungsansprüche i. H. v. insgesamt 3.694,22 EUR (11,5711 ha + 3,8956 ha = 15,4667 ha × 238,85 EUR (298,85 EUR - 60,00 EUR)), die für die entzogenen Flächen hätten aktiviert werden können, zu zahlen sei. Es entspreche dem gewöhnlichen Lauf der Dinge, dass sich Landwirte bei entsprechender Flächenausstattung günstig erwerbbare Zahlungsansprüche beschafften, um Fördermittel zu erlangen. Daher komme es nicht darauf an, dass er die Zahlungsansprüche tatsächlich nicht erworben habe.
Der Antragsteller hat beantragt,
1. den Teilentschädigungsbescheid des Amtes für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten ... Außenstelle H., vom 19.03.2015 für das Antragsjahr 2011 aufzuheben und die von der Beteiligten zu 2. zu zahlende Teilentschädigung auf 2.763,76 EUR und die von der Beteiligten zu 3. zu zahlende Teilentschädigung auf 930,46 EUR, jeweils nebst 2 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2012, festzusetzen;
2. die von der Beteiligten zu 2. an den Antragsteller zu erstattenden vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten auf 297,76 EUR festzusetzen;
3. die von der Beteiligten zu 3. an den Antragsteller zu erstattenden vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten auf 100,24 EUR festzusetzen.
Die Beteiligten zu 1. - 3. haben beantragt,
den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückzuweisen.
Mit am 11.11.2016 verkündeten Urteil hat das Landgericht Halle den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Wegen der Gründe wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen (Bl. 84 - 88).
Hiergegen hat der Antragsteller Berufung eingelegt.
Der Antragsteller beantragt,
1. den Rechtsstreit unter Aufhebung des am 11.11.2016 verkündeten Urteils des Landgerichts Halle zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgeric...