Leitsatz (amtlich)

1. Für den Erfüllungsort der Nacherfüllung gilt die allgemeine Vorschrift des § 269 Abs. 1 BGB.

2. Danach sind in erster Linie die von den Parteien getroffenen Vereinbarungen entscheidend. Fehlen vertragliche Abreden über den Erfüllungsort, ist auf die jeweiligen Umstände, insbesondere die Natur des Schuldverhältnisses, abzustellen. Lassen sich auch hieraus keine abschließenden Erkenntnisse gewinnen, ist der Erfüllungsort letztlich an dem Ort anzusiedeln, an welchem der Verkäufer zum Zeitpunkt der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz oder seine gewerbliche Niederlassung hatte, wenn nicht erhebliche Unannehmlichkeiten für den Käufer entstehen. Die bloße Verbringung des Kaufgegenstandes an den Sitz des Schuldners zum Zwecke der Nachbesserung stellt keine erhebliche Unannehmlichkeit für den Käufer dar.

 

Verfahrensgang

LG Halle (Saale) (Urteil vom 01.12.2016; Aktenzeichen 4 O 72/16)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 1. Dezember 2016 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Halle - Einzelrichter - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v. H. des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Der Streitwert im Berufungsverfahren wird auf 21.568,63 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Der Kläger begehrt wegen von ihm behaupteter Mängel die Rückabwicklung eines Vertrages über den Kauf eines gebrauchten Pkw ..., den er von dem gewerbsmäßig mit Pkw handelnden Beklagten mit Geschäftssitz in H. erworben hat.

Der Kläger wurde Anfang des Jahres 2015 über die Website www. ... de auf das streitgegenständliche, am 6. März 2009 erstmals zugelassene Fahrzeug ... amerikanischer Bauart aufmerksam. Auf seine Anfrage hin teilte der Beklagte am 22. Januar 2015 mit, der Kaufpreis betrage 22.000,00 EUR, wobei der gebrauchte Pkw des Klägers für 6.000,00 EUR in Zahlung genommen werden könne (Anlage K 2, Bl. 17 d. A.). Am 4. März 2015 ließ der Beklagte die Hauptuntersuchung durchführen; die Prüfplakette wurde erteilt. Am 11. März 2015 kaufte der Kläger vom Beklagten den Pkw zum Preis von 22.000,00 EUR und Inzahlunggabe seines gebrauchten ... . Zum Zeitpunkt des Verkaufs hatte der Pkw einen Kilometerstand von 70.500. Wegen des Inhalts des Kaufvertrages wird auf Anlage K 1, Bl. 13 d. A. Bezug genommen. Gegenstand des Vertrages waren auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten, die dem Kläger anlässlich des Kaufvertragsabschlusses übergeben wurden (Bl. 14 bis 15 d. A.). Hierin heißt es u.a.:

"Wird der Kaufgegenstand wegen eines Sachmangels betriebsunfähig, kann sich der Käufer mit Zustimmung des Verkäufers an den dem Ort des betriebsunfähigen Kaufgegenstandes nächstliegenden dienstbereiten Kfz-Meisterbetrieb wenden, wenn sich der Ort des betriebsunfähigen Kaufgegenstandes mehr als 50 km vom Verkäufer entfernt befindet."

Der Kläger holte das Fahrzeug Mitte des Monats März 2015 am Geschäftssitz des Beklagten ab und überführte es an seinen Wohnort in S. . Die Entfernung zwischen beiden Orten beträgt 291 km.

Mit E-Mail vom 16. April 2015 (Anlage K 4, Bl. 19 d. A.) rügte der Kläger folgende Mängel:

"1. Stoßfänger vorne verbogen

2. diverse Roststellen an der Karosserie

3. Schwitzwasser in den Scheinwerfern

4. elektrisch verstellbare Pedale keine Funktion

5. Reifendrucküberwachung keine Funktion

6. Rückfahrleuchte keine Funktion

7. Soundsystem hinten keine Funktion

8. Sitze 2. Reihe links Entriegelung defekt

9. Sitze 3. Reihe lassen sich nicht versenken, Laderaum nicht benutzbar

10. Anhängerkupplung nicht abgenommen/eingetragen, Betrieb in Deutschland illegal, nicht versichert somit nicht benutzbar, handelsüblicher Fahrradträger passt nicht auf Kupplung, Elektrik funktioniert nicht korrekt (Blinker rechts funktioniert nicht, ist mit Bremslicht verbunden), es wurde kein Elektriksatz verbaut

11. Bremsanlage verschlissen

12. Gasbetrieb nicht fahrbar - Motorruckeln"

Mit weiterer E-Mail vom 20. April 2015 machte er ein "starkes Ruckeln im Gasbetrieb" geltend, bat um Lösungsvorschläge für die bereits gerügten Mängel sowie um Mitteilung, wann der Beklagte das Fahrzeug abhole (Anlage K 5, Bl. 20 d. A.). Der Beklagte seinerseits bat am 20. April 2015 um einen Vorschlag, wann der Kläger das Fahrzeug zur Mängelprüfung und -abstellung vorbeibringen könne (Bl. 42 d. A.) und wies unter Wiederholung seiner Bereitschaft zur Mängelbeseitigung weiter mit E-Mail vom 24. April 2015 darauf hin, zur Abholung des Fahrzeuges beim Kläger nicht verpflichtet zu sein.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 4. Mai 2015 (Anlage K 6, Bl. 21 d. A.) rügte der Kläger erneut die Mängel und setzte eine Frist zur Nachbesserung bis 14. Mai 2015 unter Wiederholung der Aufforderung, das Fahrzeug bei ihm abzuholen. Nachdem der Beklagte hierauf nicht reagierte, tr...

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